BGH zu Tippfehlerdomains (Domainrecht)
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in einer jüngeren Entscheidung mit der Frage der Zulässigkeit von Tippfehlerdomains auseinanderzusetzen. Als Tippfehlerdomains bezeichnet man solche Internetadressen, welche beim falschen Eingeben einer Internetadresse aufgerufen werden, etwa, weil ein Buchstabe bei der Eingabe vergessen oder durch einen anderen Buchstaben ersetzt wurde. Dies kann beim schnellen Eintippen einer Adresse sehr häufig passieren. So wird aus google.de beispielsweise googl.de. Darin erblicken nicht wenige Webseitenbetreiber (sogenannte Domaingrabber) eine Geschäftschance und registrieren Domains, welche lediglich latente Abweichungen gegenüber prominenten Webseiten aufweisen, um sie später an die eigentlich berechtigten Markeninhaber und Webseitenbetreiber für teures Geld zu verkaufen. Eine besonders verbreitete Form des Domaingrabbings ist das Typosquatting. Derjenige, der eine Internetadresse falsch eintippt wird auf eine alternative Seite geführt, die dem Typosquatter gehört. Nicht selten enthalten diese Seiten dann Konkurrenzangebote gegenüber der eigentlich angesteuerten Webseite oder aber sonstige unerwünschte Inhalte (z.B. Pornographie).
Sachverhalt
Der BGH hatte sich in seiner Entscheidung (Urt. v. 22.01.2014, Az. I ZR 164/12) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Inhalte, welche unter der Tippfehlerdomain abrufbar waren, eine Markenrechtsverletzung darstellen.
Genauer ging es um die registrierte Tippfehlerdomain „wetteronlin.de“. Die Betreibergesellschaft der allseits bekannten Domain „wetteronline.de“ sah sich durch die Registrierung der nahezu identischen Domain in ihren Kennzeichenrechten verletzt. Sie hatte ihre Domain im Jahr 1996 registrieren lassen und zudem im Jahr 2001 die Wort-/Bildmarke „WetterOnline“ für sich eintragen lassen. Das Angebot des Internetauftritts von wetteronlin.de beinhaltete zwar keine Wettervorhersage, sondern bewarb private Krankenversicherungen. Gleichwohl wurde der Inhaber der Tippfehlerdomain in den Vorinstanzen zur Freigabe des Domainnamens verurteilt.
So befasste sich das Landgericht (LG) Köln in seiner erstinstanzlichen Entscheidung (Urt. v. 09.08.2011, Az. 81 O 42/11) mit der Frage, ob eine Markenrechtsverletzung in den Inhalten der Tippfehlerdomain zu sehen ist. Dies wurde im Ergebnis verneint. Eine Verwechslungsgefahr wurde aufgrund der offensichtlichen Abweichungen der Angebote jedoch abgelehnt.
Hingegen haben das Landgericht sowie das Oberlandesgericht (OLG) – Köln das Vorliegen einer Wettbewerbsrechtsverletzung bejaht. Trotz der grundsätzlich für einen Wettbewerbsverstoß erforderlichen, vorliegend jedoch nicht gegebenen Branchennähe zwischen Mitbewerbern, befand es das LG als ausreichend, dass beide Domains um die gleichen Besucher konkurrieren, da die Tippfehlerdomain geradezu darauf ausgelegt ist, die Kunden als Besucher ihrer Webseite zu gewinnen, die ursprünglich auf die ähnlich lautende bekannte Domain zugreifen wollten.
Darüber hinaus erblickten die Vorinstanzen in der Registrierung der Tippfehlerdomain die Verletzung von Namensrechten. Zwar sei der Begriff „wetteronline“ beschreibender Natur, gleichwohl sei er als Firmenschlagwort der Betreibergesellschaft geschützt. Beide Vorinstanzen verurteilten den beklagten Inhaber der Tippfehlerdomain zur Löschung seiner Domain. So urteilte auch das OLG Köln (Urt. v. 10.02.2012, Az. 6 U 187/11), dass die Registrierung der Domain bereits eine abstrakte Namensrechtsverletzung darstelle.
Nachdem es bereits eine Vielzahl an Entscheidungen der Instanzgerichte zum Thema Tippfehlerdomains gab, hat der BGH sich nun erstmals mit diesem Thema auseinandergesetzt (Urt. v. 22.01.2014, Az. I ZR 164/12), nachdem der Domaininhaber von „wetteronlin.de“ Revision eingelegt hat. Die Entscheidung des BGH wich hinsichtlich des Aspekts der Namensrechtsverletzung von den Vorinstanzen ab. So war der BGH nicht der Ansicht, dass die Tippfehlerdomain Namensrechte verletzen würde und begründete dies damit, dass der Begriff „wetteronline“ rein beschreibend sei. Es werde lediglich das Angebot des Wetterdienstes beschrieben. Insoweit hob der BGH daher die Entscheidung des OLG auf und wies die Klage wegen des Vorwurfs der Verletzung von Namensrechten ab.
Jedoch stand die Entscheidung des BGH im Hinblick auf die Bejahung einer Wettbewerbsverletzung mit den Vorinstanzen im Einklang. So sei der Tatbestand der unlauteren Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) wegen des Abfangens von Kunden erfüllt, da der Nutzer auf der Internetseite des Domaininhabers nicht unmittelbar darauf aufmerksam gemacht wird, dass er sich auf einer anderen als der angesteuerten Internetseite „wetteronline.de“ befindet.
Der BGH verurteilte den Domaininhaber dennoch nicht zur Löschung der Domain, weil diese für sich auch in zulässiger Weise genutzt werden könne, insbesondere keine Namensrechte verletze. Eine Nutzung ohne wettbewerbsrechtsverletzende Inhalte sei vorstellbar. Daher sei er nur zur Unterlassung des wettbewerbswidrigen Verhaltens zu verurteilen.
Fazit
Die erstmalige Entscheidung des BGH zu Tippfehlerdomains zeigt, dass im Einzelfall in der Registrierung einer Tippfehlerdomain eine Namensrechtsverletzung liegen kann. Erforderlich ist jedoch, dass der Name ausreichende Unterscheidungskraft besitzt und nicht rein beschreibend ist. Der BGH hat zudem deutlich gemacht, dass es bei einem Löschungsanspruch wegen eines Wettbewerbsverstoßes, anders als bei absoluten Rechten wie dem Namen, stets auf die konkrete Verletzungsform ankommt. Aus einer wettbewerbswidrigen Nutzung allein lässt sich daher noch kein Anspruch auf Löschung der Domain herleiten. Vielmehr resultiert daraus lediglich ein Anspruch auf Unterlassung der rechtsverletzenden Nutzung.
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