BGH zu „illegalen Downloads“ (Filesharing): Anschlussinhaber haften grundsätzlich nicht für Urheberrechtsverletzungen volljähriger Gäste
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein von den Anschlussinhabern langersehntes Urteil gesprochen. Mit seiner Entscheidung vom 12.05.2016 – genau zum sechsjährigen Jubiläum einer ebenfalls bahnbrechenden Entscheidung des BGH in Sachen Störerhaftung vom 12.05.2010 („Sommer unseres Lebens“) – schränkt der BGH die Haftung von Anschlussinhabern für Urheberrechtsverletzungen (illegale Downloads/Filesharing) massiv ein.
Bislang war die Frage, ob und inwieweit Anschlussinhaber für Urheberrechtsverletzungen von WG- Mitbewohnern und Gästen als sogenannte Störer haften, höchstrichterlich nicht geklärt, so dass sowohl unter Juristen, welche Abgemahnte vertreten als auch unter Anschlussinhabern selbst eine erhebliche Rechtsunsicherheit herrschte, welche nunmehr durch die aktuelle Entscheidung des BGH beseitigt worden sein dürfte.
Wie war die bisherige Rechtslage?
Bislang war es so, dass Anschlussinhaber für Rechtsverletzungen volljähriger Familienangehöriger, welche den Internetanschluss nutzten, grundsätzlich nicht hafteten. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte vor einiger Zeit bereits klar, dass gegenüber volljährigen Familienangehörigen keine anlasslosen Belehrungs- und Überwachungspflichten bestehen und nur in Fällen, in denen ein Anlass zur Befürchtung bestand, der Nutzer könnte eine Urheberrechtsverletzung über den eigenen Internetanschluss verüben, gesteigerte Überwachungspflichten in Bezug auf das Nutzungsverhalten des Familienangehörigen bestehen.
Ungeklärt war jedoch, wie es sich mit der Haftung für Urheberrechtsverletzungen („illegale Downloads“/Filesharing) von WG-Mitbewohnern oder volljährigen Gästen verhält. Zwar gab es immer wieder Entscheidungen von Amts- und Landgerichten, welche die BGH-Rechtsprechung auch auf Konstellationen, in denen Mitbewohner oder volljährige Gäste den Rechtsverstoß verübt haben, anwendeten. Die Auffassungen der Gerichte gingen jedoch stark auseinander, was zu erheblicher Rechtsunsicherheit bei den Anschlussinhabern und den Abgemahnten führte.
Was ist die Kernaussage der aktuellen BGH-Entscheidung zur Störerhaftung?
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es um eine Anschlussinhaberin, deren Internetanschluss von ihrer in Australien lebenden Nichte und deren Lebensgefährten, welche einige Zeit bei ihr zu Besuch waren, genutzt wurde. Die abgemahnte Anschlussinhaberin weigerte sich, die von ihr geforderten Abmahngebühren zu erstatten, sodass es zur Klage kam.
Der BGH vertritt in seiner Entscheidung vom 12.05.2016 die Auffassung, die Anschlussinhaberin habe ihre Gäste nicht belehren müssen, keine Urheberrechtsverletzungen über ihren Anschluss zu begehen. Der BGH meint, es sei „nicht zumutbar und nicht sozialadäquat“ volljährige Mitbewohner und Gäste ohne jeden Anlass zu belehren und zu überwachen.
Was bedeutet die Entscheidung für die Zukunft?
Für die Zukunft bedeutet diese grundlegende Entscheidung des BGH zunächst eine Erschwerung der Durchsetzung von Ansprüchen für die Rechteinhaber.
Abgemahnte, welche Dritten ihren Internetanschluss zur Verfügung stellen, haften nicht für Urheberrechtsverletzungen, wenn es keine Anhaltspunkte gab, welche eine Rechtsverletzung durch Mitbewohner, Gäste und Freunde befürchten ließ.
Fazit:
Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung ganz klar seine Linie in Sachen Störerhaftung weiterverfolgt und deutlich gemacht, dass die Belehrungs- und Überwachungspflichten von Anschlussinhabern nicht überdehnt werden dürfen. Es entspricht gerade nicht sozialadäquatem Verhalten, wenn man seine Mitbewohner oder Besucher belehren und überwachen muss, ohne dass diese Anlass zu der Befürchtung gegeben hätten, Urheberrechtsverletzungen über den Internetanschluss zu begehen. Insbesondere in Wohngemeinschaften, in welchen jeder sein eigenes Zimmer hat und seinen eigenen Rechner nutzt, ist die Privatsphäre zu achten, so dass Überwachungspflichten fehl am Platz sind.
Anschlussinhaber, welche jetzt eine Abmahnung wegen Filesharings erhalten haben, sollten keinesfalls ungeprüft eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, da mit der aktuellen BGH-Entscheidung die Wahrscheinlichkeit, dass sie für Rechtsverletzungen Dritter haften, im Einzelfall erheblich reduziert wurde.
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