Irreführende und unzulässige Werbung im Wettbewerbsrecht
Werbung im Wettbewerbsrecht
Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb (§1 UWG).
Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen (§ 3 Abs. 2 UWG); mithin die Entscheidungsfindung von Verbrauchern spürbar beeinträchtigen und ihn zu einer Entscheidung veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.
Im Rahmen dieser Entscheidungsfindung sind regelmäßig neben Preis und Qualität der angebotenen Ware oder Dienstleistung weitere Faktoren maßgebend.
FAQ-Ratgeber
Was ist Werbung?
Nach Art. 2 lit. a der Richtlinie 2006/114/EG fällt unter den Begriff der Werbung „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern“. Angesichts dieser besonders weiten Definition kann es sehr unterschiedliche Formen von Werbung geben.
Die „Äußerung“ kann in beliebiger Form erfolgen (verbal oder nonverbal, öffentlich oder individuell). Es muss zudem ein funktioneller Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit bestehen. Eine unternehmerische Tätigkeit setzt eine selbständige wirtschaftliche, dh planmäßige und auf Erzielung eines Entgelts gerichtete Tätigkeit voraus. Nicht ausreichend ist daher eine bloß einmalige entgeltliche oder eine unentgeltliche Tätigkeit.
Wann ist Werbung nach dem Wettbewerbsrecht (UWG) erlaubt?
Ein Beitrag zum Thema unlautere Werbung von Rechtsanwalt David Geßner, LL.M. (IP), Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Werbung ist insbesondere in Zeiten der Globalisierung und des immer größer werdenden Konkurrenzkampfes von Unternehmen ein entscheidendes Mittel, um Kunden zu gewinnen und möglichst langfristig an sich zu binden. Hierbei wird mit allen lauteren, aber auch unlauteren Mitteln versucht, eigene oder fremde Waren und Dienstleistungen bestmöglich anzupreisen und zu verkaufen. Nicht selten werden insbesondere auch Verbraucher durch unzutreffende, irreführende Werbeaussagen getäuscht und auf diese Weise zum Kauf bewegt. Hier greift das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein und regelt detailliert, wann Werbung nach dem deutschen Wettbewerbsrecht zulässig oder unzulässig ist. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über die verschiedenen Formen von Werbung und deren Zulässigkeit nach dem Wettbewerbsrecht vermitteln.
Gefühlsbetonte Werbung
Es gehört zum Bild der modernen Werbung, bei den Umworbenen auf die unterschiedlichste Weise auch auf deren Gefühle einzuwirken, um sie zu einem Erwerb der angebotenen Ware zu veranlassen (zB Umweltschutz, Tierschutz, Sicherheit, Gesundheit, Sexualität, Aggression, Mitleid, Solidarität, patriotische, ethnische und religiöse Gefühle).
Dafür wurde der Begriff der gefühlsbetonten Werbung entwickelt.
Unzulässig ist emotionale Werbung, wenn besondere Umstände hinzukommen und dadurch die Einwirkung auf den Verbraucher ein Ausmaß annimmt, das aus der Sicht der Rechtsordnung nicht mehr hinnehmbar ist. Bei der Erweckung des Kaufinteresses aus sozialem Verantwortungsgefühl, Hilfsbereitschaft oder Mitleid ist die Wettbewerbswidrigkeit beispielsweise dann zu bejahen, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem in der Werbung angesprochenen sozialen Engagement und der beworbenen Ware nicht besteht, wenn vielmehr zielbewusst und planmäßig an die soziale Hilfsbereitschaft appelliert wird, um diese im eigenen wirtschaftlichen Interesse als entscheidende Kaufmotivation auszunutzen (st. Rspr.; vgl. BGH, NJW 1995, 1964 = LM H. 8/1995 § 1 UWG Nr. 685 = GRUR 1995, 742 [743] = WRP 1995, 487 – Arbeitsplätze bei uns m.w. Nachw.).
Beispiele für unzulässige Werbung
Gefährdung des Arbeitsplatzes oder Lebensunterhalts (§ 3 Abs. 3 UWG iVm Anhang Nr. 30)
Die ausdrückliche Angabe, dass der Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Unternehmers gefährdet sei, wenn der Verbraucher die Ware oder Dienstleistung nicht abnehme, ist per se verboten (§ 3 Abs. 3 UWG iVm Anhang Nr. 30).
Aggressive Beeinflussung (§ 4a UWG)
Eine geschäftliche Handlung ist aggressiv, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers erheblich zu beeinträchtigen durch Belästigung, Nötigung einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt oder unzulässige Beeinflussung (§ 4a Abs. 1 UWG). Bei emotionaler Werbung werden diese Voraussetzungen idR nicht erfüllt sein.
Irreführung (§ 5 Abs.1 UWG)
Unlauter handelt ferner, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält (§ 5 Abs. 1 UWG).
Werbung ist irreführend und damit wettbewerbswidrig, wenn das, was die Ware tatsächlich leistet, hinter dem zurückbleibt, was sie in Werbeanzeigen verspricht und dadurch die berechtigten Erwartungen der Verbraucher in relevanter Weise enttäuscht werden. In diesem Fall liegt ein Verstoß gegen § 5 UWG vor (vgl. BGH, GRUR 2007, 247 – Regenwaldprojekt I) Maßstab für die Bewertung einer Angabe als irreführend ist die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise (vgl. BGHZ 156, 250 [252] = GRUR 2004, 244 = NJW 2004, 1163 – Marktführerschaft).
Irreführung durch Unterlassen (§ 5a Abs. 2 UWG)
Nach § 5a Abs. 2 S. 1 UWG handelt unlauter, wer dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die er je nach den Umständen für eine informierte Entscheidung benötigt. Dem steht nach § 5a Abs. 2 S. 2 UWG der Fall gleich, dass „eine wesentliche Information verheimlicht oder in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise oder nicht rechtzeitig“ bereitgestellt wird.
Vergleichende Werbung (§ 6 Abs. 2 UWG)
Vergleichende Werbung i.S. der Richtlinie 84/450/ EWG liegt nach deren Art. 2 Nr. 2a dann vor, wenn ein Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von einem Mitbewerber angeboten werden, unmittelbar oder mittelbar erkennbar gemacht werden. Um eine vergleichende Werbung i.S. des Art. 2 Nr. 2a Richtlinie 84/450/EWG handelt es sich also schon dann, wenn eine Äußerung in einer beliebigen Form vorliegt, die – auch nur mittelbar – auf einen Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die dieser anbietet, Bezug nimmt. Hierbei ist es ohne Belang, ob ein Vergleich zwischen den vom Werbenden angebotenen Erzeugnissen und Dienstleistungen und denjenigen des Mitbewerbers vorliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 25. 10. 2001 – Rs. C-112/99 Toshiba Europe GmbH/Katun Germany GmbH – Toshiba/Katun).
Zulässig ist vergleichende Werbung, wenn eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen, zu denen auch der Preis gehören kann, objektiv verglichen werden.
Unzulässig ist vergleichende Werbung hingegen, wenn sie sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht und nicht objektiv auf wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 UWG).
Unzumutbare Belästigung (§ 7 Abs. 1 UWG)
Die Belästigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG ist allgemein formuliert und nicht auf Werbung beschränkt. Nachdem jede Werbeansprache immer ein gewisses Belästigungspotential enthält, wird zugunsten des werbenden Unternehmers nicht jede Belästigung, sondern nur eine unzumutbare als unlauter angesehen. Nach der Gesetzesbegründung gilt eine geschäftliche Handlung dann als unzumutbar, wenn sich die Belästigung zu einer solchen Intensität verdichtet hat, die von einem großen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als unerträglich empfunden wird.
Werbung bei der „stets eine unzumutbare Belästigung vorliegt:
- Briefwerbung und Briefkastenwerbung gegenüber Verbrauchern (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG)
- Telefonwerbung (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG)
- Faxwerbung, Anrufmaschinen, SMS-Werbung, E-Mail-Werbung (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG)
- Unterdrückte Identität des Absenders einer kommerziellen Nachricht (§ 7 Abs. 2 Nr. 4
Werbung bei der „insbesondere“ eine unzumutbare Belästigung vorliegt:
- Briefwerbung/Briefkastenwerbung gegenüber Unternehmern
- Bei Ansprechen auf der Straße,
- Vertreter- und Hausbesuche
- Zusendung unbestellter Ware
Generalklausel als Auffangtatbestand (§ 3 Abs. 1 UWG)
Soweit emotionale Werbung gegen die Menschenwürde oder andere Grundrechte verstößt, kann sie gegen § 3 Abs. 1 UWG in seiner Funktion als Auffangtatbestand verstoßen. Diese Grenze ist aber noch nicht überschritten, wenn die Bevölkerung mit Werbeplakaten schockierenden Inhalts konfrontiert wird (BVerfG GRUR 2001, 170 (174) – Schockwerbung; BVerfG GRUR 2003, 442 (444) – Benetton-Werbung II).
Alleinstellungs- und Spitzengruppenwerbung
Werbung mit Allein- oder Spitzengruppenwerbung stellt keine Herabsetzung der Konkurrenten dar. Alleinstellungs- und Spitzengruppenwerbung unterliegt den Schranken der §§ 5, 5a UWG, d.h. sie sind zulässig, wenn sie wahr sind.
Alleinstellungswerbung ist beispielsweise ein Werben mit
- „Der Größte“
- „Die Nr. 1“
- „Der billigste“
Alleinstellungswerbung ist zulässig, wenn der Werbende seinen – nach Zuschnitt des Geschäfts vergleichbaren – Konkurrenten in allen in Betracht kommenden Beziehungen mit offenbarem Abstand überragt und wenn eine behauptete Spitzenstellung von einer gewissen Stetigkeit ist.
Spitzengruppenwerbung ist beispielsweise das Werben mit
- „Einer der Größten“
- „Unter den billigsten“
- „Keiner ist größer“
Spitzengruppenwerbung ist zulässig, wenn eine Spitzengruppe existiert, wenn die Spitzengruppe andere Konkurrenten offenbar überragt und der Abstand der Spitzengruppe von gewisser Stetigkeit ist.
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