BGH gewährt Anspruch auf Löschung des Jameda-Profils einer Ärztin
Ein Beitrag zu Ärztebewertungen von RA David Geßner, LL.M., Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 20.02.2018 zum Thema Ärztebewertungen/Jameda-Bewertungen für Furore unter Ärzten und Juristen gesorgt. Das neueste BGH- Urteil zum Thema negative Bewertungen im Internet, welches mit Spannung erwartet wurde, behandelt die Frage, ob sich Ärzte auf Jameda bewerten lassen müssen.
Müssen Ärzte Bewertungen dulden?
Diese Frage wurde durch den BGH zwar schon im Jahr 2014 (BGH, 23.09.2014, Az. VI ZR 358/13) positiv zu Lasten der Ärzte und zu Lasten des Datenschutzes beantwortet. Der BGH gab dem öffentlichen Informationsinteresse an Leistungen der Ärzte bei der Arztwahl damals den Vorrang vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der bewerteten Ärzte, was seither zu großem Unverständnis unter der Ärzteschaft führte. Ärzte sahen sich der Willkür und dem Frust der Patienten ausgesetzt, welche in der Folge oft undifferenziert und zudem auch unter dem Deckmantel der Anonymität dem Ruf der Ärzte massiven Schaden zufügten.
Aufgrund neuer Umstände im Zusammenhang mit der Struktur und dem Geschäftsmodell von Jameda als Bewertungsplattform, war es nunmehr jedoch an der Zeit, die Frage, ob ein Arzt unfreiwillig ein Profil von sich auf Jameda dulden und sich von Patienten bewerten lassen muss, neu aufzurollen und die Interessenlage neu zu gewichten.
Wie funktioniert das Arztbewertungsportal Jameda?
Jameda betreibt unter der Internetadresse www.jameda.de ein Arztbewertungsportal. Dort kann sich jedermann über Ärzte und deren Leistungsspektrum kostenfrei informieren und im Anschluss eines Arztbesuches bewerten.
Neben einem kostenfreien Basisprofil bietet Jameda Ärzten auch eine kostenpflichtige Premiummitgliedschaft an. Anders als das Basisprofil der nichtzahlenden Ärzte wird das Profil zahlender Ärzte mit einem Foto und zusätzlichen Informationen versehen. Zusätzlich werden für die Nutzer der Webseite wwww.jameda.de bei Aufruf eines kostenfreien Basisprofils als Anzeige die Profilbilder unmittelbarer konkurrierender Ärzte gleicher Fachrichtung im örtlichen Umfeld eingeblendet, soweit diese über eine kostenpflichtige Premiummitgliedschaft verfügen. Umgekehrt werden bei Ärzten mit Premiummitgliedschaft keine Konkurrenten auf deren Profil eingeblendet.
Sachverhalt: Ärztin fordert Löschung ihres Profils auf Jameda
Die Klägerin in dem vom BGH entschiedenen Fall wurde bei Jameda als Nichtzahlerin mit einem Basisprofil geführt. Auf dem Basisprofil der klagenden Ärztin wurden ihr akademischer Grad, Name, Fachrichtung, Praxisanschrift, weitere Kontaktdaten sowie Sprechzeiten und ähnliche praxisbezogene Informationen veröffentlicht. Bei Abruf ihres Profils auf www.jameda.de erschienen somit in der Umgebung liegende konkurrierende Ärzte mit demselben Fachbereich, soweit sie Premiummitglieder waren. Dies wollte die klagende Ärztin nicht hinnehmen und verlangte die vollständige Löschung ihres Basisprofils auf www.jameda.de. Die Klägerin wehrte sich dagegen, dass ohne ihren Willen ein Profil von ihr und somit ihre Daten für Werbezwecke genutzt werden.
BGH- Entscheidung: Jameda muss Arztprofil löschen
Der BGH hat daraufhin für einige überraschend entschieden, dass die Speicherung der Daten der klagenden Ärztin zu löschen seien, da die Speicherung unzulässig sei. Jameda verlasse mit ihrer Unterscheidung zwischen zahlenden Premiummitgliedern und nichtzahlenden Basismitgliedern ihre Stellung als neutraler Informationsvermittler. Es überwiege das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Ärztin aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gegenüber der auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 10 EMRK) gestützten Rechtsposition von Jameda, so der BGH.
Der BGH setzte der Meinungsfreiheit diesmal zu Gunsten des ebenfalls schützenswertes Persönlichkeitsrechts der Ärzte klare Grenzen und machte deutlich, dass der Datenschutz die Nutzung von Daten zu kommerziellen Zwecken in dieser Konstellation verbietet. Jameda hat sich mit den Jahren verändert und ist gerade kein neutrales Bewertungsportal mehr, so dass die Frage, ob ein Arztprofil zu löschen ist, neu beantwortet werden musste.
Welche Folgen hat das Jameda-Urteil für Bewertungsportale?
Ganz konkret: Jameda hat das Basisprofil der klagenden Ärztin zu löschen. Soweit Jameda das beanstandete Verhalten, nämlich die Einblendung von Werbung zahlender Premiummitglieder bei Aufruf eines nichtzahlenden Basisprofils eines konkurrierenden Arztes in der Umgebung, abstellt, dürfte von Jameda die Löschung anderer Basisprofile von Ärzten nicht durchzusetzen sein.
Die Entscheidung im Fall Jameda ist jedoch ein Schritt in die richtige Richtung, was den Schutz des Persönlichkeitsrechts von bewerteten Ärzten, aber auch von Unternehmern anderer Branchen angeht. In den letzten Jahren hatte man auch als Rechtsanwalt das Gefühl, dass Unternehmen sich nahezu alles gefallen lassen müssen und bei der Beschädigung des eigenen Rufes durch anonyme Bewertungen nur ohnmächtig zuschauen konnten. Das Jameda-Urteil wird daher dazu beitragen, dass ein Umdenken sowohl bei Bewertungsplattformen als auch bei Gerichten stattfindet. Die Meinungsfreiheit auf der einen Seite und das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Ärzte auf der anderen Seite müssen künftig ausgewogener berücksichtigt werden.
Rechtsanwalt Geßner – Ihr Anwalt bei negativen Bewertungen
Als Rechtsanwalt für Medienrecht in Berlin verfüge ich über jahrelange Erfahrung und Expertise beim außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehen gegen rechtswidrige, negative Bewertungen. Ich vertrete bundesweit zahlreiche Ärzte und Unternehmen im Bereich des Reputationsschutzes, insbesondere auch gegenüber Jameda. Nehmen Sie gern Kontakt zu mir auf, wenn Sie Opfer von rufschädigenden Bewertungen geworden sind. Ich vertrete Sie kompetent und effizient.