Wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Angaben „Präbiotik und Probiotik“ auf Babynahrung (BGH, Urt. v. 26.02.2014, Az. I ZR 178/12)
Sachverhalt
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 26.02.2014 entschieden, dass die Worte „Präbiotik“ bzw. „Probiotik“ auf Verpackungen von Babynahrung des Unternehmens Hipp gesundheitsbezogene Angaben darstellen und somit wettbewerbsrechtlich anhand der Health-Claim-Verordnung der EU zu beurteilen sind.
Hipp als beklagtes Unternehmen wurde vom Mitbewerber Milupa, welches ebenfalls Babynahrung vertreibt, wegen des Vorwurfs wettbewerbswidrigen Verhaltens klageweise in Anspruch genommen. Milupa monierte, dass Hipp die vertriebene Babymilch einerseits mit „Praebiotik® + Probiotik®“, andererseits mit „Praebiotik® + Probiotik® Mit natürlichen Milchsäurekulturen – Praebiotik® zur Unterstützung einer gesunden Darmflora“ bezeichnet. Die Klägerin hat darin eine mit der Verordnung 1924/2006/EG über nährwert- und gesundheits-bezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claim-Verordnung) nicht zu vereinbarende gesundheitsbezogene Angabe erblickt und die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft sowie Feststellung der grundsätzlichen Schadensersatzpflicht verklagt.
In der Folge wurde die Beklagte durch das Landgericht Frankfurt am Main erstinstanzlich durch Urteil vom 23. März 2011 – 2/06 O 568/10 – teilweise zur Unterlassung sowie den Folgeansprüchen verurteilt. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Nach Einreichen der Berufung hat das OLG Frankfurt am Main mit Urteil vom 9. August 2012 – 6 U 67/11 – die Klage vollumfänglich abgewiesen. Die angegriffene Bezeichnung „Praebiotik® + Probiotik®“ sei mit der Health-Claim-Verordnung vereinbar. Eine gesundheitliche Wirkung sei durch die Formulierung nicht behauptet worden. Vielmehr seien in den verwendeten Begriffen einfache Beschaffenheits- bzw. Inhaltsstoffangaben zu erblicken, welche keine gesundheitsbezogenen Angabe im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5 der Verordnung darstellen würden. Anders verhalte es sich zwar bezüglich der Angabe „Praebiotik® zur Unterstützung der Darmflora“, welche eine gesundheitsbezogene Angabe darstelle. Jedoch dürfe die Beklagte die Angaben aufgrund der Übergangsregelungen der Verordnung zulässigerweise verwenden.
Das OLG Frankurt am Main als Berufungsgericht ließ die Revision zu, mittels welcher die Klägerin ihre Klageanträge weiterverfolgt. Der BGH ist nunmehr der Auffassung, Hipp dürfe die Formulierung „Praebiotik® + Probiotik® Mit natürlichen Milchsäurekulturen – Praebiotik® zur Unterstützung einer gesunden Darmflora“ nicht mehr verwenden, da sie unzweifelhaft gesundheitsbezogen und im Lichte der Health-Claim-Verordnung als unzulässig einzustufen sei. Daran könne auch nicht Art. 28 Abs. 6 b der Health-Claims-Verordnung etwas ändern. Nach dieser Vorschrift dürfen gesundheitsbezogene Angaben in Einzelfällen gebraucht werden, wenn diesbezüglich bis zum 19. Januar 2008 ein Antrag gestellt wurde. Ein solcher habe bezüglich der konkret beanstandeten Formulierung jedoch nicht vorgelegen.
Darüber hinaus monierte der BGH auch die Formulierung „Praebiotik® + Probiotik®“. Nach Ansicht des BGH stelle diese gleichermaßen eine gesundheitsbezogene Angabe dar. So würden die Begriffe Präbiotik und Probiotik von einem durchschnittlichen Verbraucher dahingehend aufgefasst werden, dass das Babyprodukt die natürliche Darmfunktion und die Abwehrkräfte stimuliert. Der BGH führt jedoch aus, dass die Formulierung gleichwohl zulässig sein könnte, wenn die Ausnahme nach Art. 28 Abs. 2 der Health-Claims-Verordnung vorliegen würde. Diese Vorschrift sieht vor, dass Produkte mit bereits vor dem Jahr 2005 bestehenden Handelsmarken oder Markennamen, die nicht im Einklang mit der Verordnung stehen, bis zum 19. Januar 2022 in Verkehr gebracht werden dürfen. Der BGH hat diese Frage nun zur Prüfung an das OLG Frankfurt am Main übergeben.
Fazit
Die Entscheidung des BGH zeigt, dass Unternehmen Lebensmittelangaben nicht unbedacht tätigen und stets die verbraucherfreundliche Betrachtung, welche im Zweifel zu Lasten des Werbenden geht, im Auge behalten sollten. Gleichwohl ist die Entscheidung des BGH hinsichtlich der Formulierung „Praebiotik® + Probiotik®“. nicht unkritisch zu bewerten, da meines Erachtens dem Verbraucher durch diese Angabe keine gesundheitliche Wirkung suggeriert wird, sondern lediglich Lebensmittelzusätze angegeben werden. Da die Grenzen zwischen zulässiger und unzulässiger Werbung fließend sind, sollten Unternehmen, die ihre Produkte rechtsicher vertreiben möchten, vor der Gestaltung und Beschreibung derselben, einen auf das Wettbewerbsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu Rate ziehen, da dieser die zahlreichen Richtlinien innerhalb des Wettbewerbsrecht und die Rechtsprechung kennt und Sie zuverlässig bei der Bewerbung von Produkten unterstützt. Gern können sich mich dazu kontaktieren. Als Rechtsanwalt für Wettbewerbsrecht stehe ich Ihnen bundesweit beratend zur Seite.