Urheberrecht am Text – Welche Ansprüche können bei Urheberrechtsverletzungen bestehen?
Das Urheberrecht am Text ist ein wirtschaftlich bedeutsames Gut. Die Übernahme fremder Texte ist im Internet dank der Copy-Paste-Funktion weit verbreitet. Immer wieder berichten uns Mandanten davon, dass ihre Texte ungefragt auf anderen Webseiten oder in Printmedien verwendet wurden. Gerade im gewerblichen Bereich ist das sog. Content-Scraping kein Kavaliersdelikt und kann neben urheberrechtlichen Ansprüchen auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen den Verletzer begründen. Doch das Urheberrecht am Text gilt nicht immer.
Der nachfolgende Beitrag von Rechtsanwalt David Geßner LL.M., Fachanwalt für Urheberrecht erläutert, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, wie man sich als Urheber oder Inhaber von Nutzungsrechten gegen Urheberrechtsverletzungen durch das Kopieren von Texten zur Wehr setzt und welche Ansprüche bestehen können.
FAQ-Ratgeber
Ansprüche bei Urheberrecht am Text
Hat ein Dritter einen urheberrechtlich geschützten Text ohne Zustimmung des Urhebers übernommen, kann der Urheber als Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte gegen den Dritten Ansprüche auf Unterlassung bzw. Beseitigung, Auskunft und Schadenersatz, sowie Erstattung der Anwaltskosten geltend machen. Denn der Urheber wird dadurch insbesondere in seinen Ausschließlichkeitsrechten verletzt. Bei unerlaubten Internetveröffentlichungen ist insbesondere § 19a UrhG betroffen.
Hat der Urheber einem Dritten ein exklusives Nutzungs- und Verwertungsrecht an seinem Text eingeräumt, so kann er selbst gegen Rechtsverletzungen nur wegen der Verletzung seines Urheberpersönlichkeitsrechts vorgehen.
Schadenersatzanspruch
Ferner steht dem Urheber bei Verletzung seiner Urheberrechte am Text auch ein Schadensersatzanspruch zu. Hierbei hat der Urheber gem. § 97 Abs. 2 S. 2 und 3 UrhG ein Wahlrecht zwischen drei Berechnungsmethoden:
Er kann:
- den Ersatz eines tatsächlichen Schadens, einschließlich entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) verlangen,
- die Herausgabe des Verletzergewinns verlangen (§ 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG) oder
- die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr verlangen (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG)
Der Urheber kann sogar zwischen den einzelnen Berechnungsmethoden hin- und herwechseln, solange der Schadensersatzanspruch noch nicht durch Zahlung erfüllt wurde, oder ein Urteil ergangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.2007, Az: X ZR 60/06).
Urheberrecht am Text
Urheberrechtlicher Schutz von Texten und Beiträgen kann durch die Einordnung als Sprachwerk gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG entstehen. Dafür müssen Texte die sog. Schöpfungshöhe erreichen. Hierbei kommt es sowohl auf die Art des Textes als auch auf seinen Umfang an.
Während literarische Texte (z.B. Romane, Erzählungen, Drehbücher, Gedichte) die Hürde zum urheberrechtlichen Werk häufig spielend meistern, sind Texte, die einem Gebrauchszweck dienen (z.B. Gebrauchsanweisungen, AGB, Formulare, Prospekte und Preislisten) meist nicht geschützt.
Hier wurde in der Vergangenheit grundsätzlich ein deutliches Überragen der Gestaltungshöhe verlangt (vgl. BGH GRUR 1993, 34, 36 – Bedienungsanweisung). Denn je mehr sich der Inhalt eines Textes auf die Wiedergabe von Fakten beschränkt, umso weniger individueller Gestaltungsspielraum steht dem Verfasser zur Verfügung.
In der Rechtsprechung wird jedoch zunehmend ein weites Schutzniveau befürwortet. So hatte der BGH festgestellt, dass bei Werken der angewandten Kunst grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen seien, als bei Werken der zweckfreien Kunst (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 143/12 –Geburtstagszug). Weist der Text eine individuelle Gedankenführung oder eine kreative Auswahl oder Darstellung des Inhalts auf, kann eine ausreichende Schöpfungshöhe für ein Urheberrecht am Text vorliegen.
Urheberrecht am Text bei Werbeslogans und Werbetexten:
Kurzen Werbeslogans, die sich auf geläufige Anpreisungen reduzieren und sich nicht durch eine besonders bildhafte und fantasievolle Sprache hervorheben, wird urheberrechtlicher Schutz an solchen Texten oft versagt. Hierbei spielt auch der Länge des Slogans eine Rolle. Zwar wird ein Mindestumfang an Wörtern für den urheberrechtlichen Schutz nicht verlangt. Allerdings bieten kurze Texte grundsätzlich weniger Raum für individuelle Gestaltungsmerkmale.
Verneint wurde etwa der Slogan „Thalia verführt zum Lesen“ für die Werbung einer Buchhandlung (LG Mannheim ZUM 2010, 911, 912). Bejaht wurde der Urheberrechtsschutz hingegen für den Slogan: „Alkolenker sind das Letzte“ (OGH MR 2017, 278, 280 – Werbekampagne).
Längere Werbetexte können urheberrechtlich geschützt sein
Bei längeren Werbetexten oder -prospekten hingegen vergrößert sich der Gestaltungsspielraum, so dass diese eher urheberrechtlich geschützt sein können. Dies betrifft vor allem Werbetexte, die einen einheitlichen Aufbau zeigen und in einem das betreffende Zielpublikum ansprechenden Stil gehalten sind (vgl. OLG Köln, Urteil vom 30.09.2011 – 6 U 82/11). Die erforderliche Schöpfungshöhe für ein Urheberrecht am Text kann sich auch aus der Länge, der Reihenfolge der Informationen sowie aus einer besonderen Formulierung ergeben (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 6.05.2014 – I-20 U 174/12).
So wurde die notwendige Schöpfungshöhe für eine ausführliche Beschreibung mehrerer Schuhe auf der Website eines Online-Shops angenommen (vgl. LG Köln ZUM-RD 2012, 45, 47, bestätigt von OLG Köln ZUM-RD 2012, 35).
Übernahme von Textausschnitten
Werden nur Teile eines urheberrechtlich geschützten Textes übernommen, oder der Text nur leicht verändert, stellt sich die Frage, ob eine Bearbeitung (§ 23 UrhG) oder eine freie Benutzung (§ 24 UrhG) vorliegt. Letztere ist auch ohne vorherige Zustimmung des Urhebers erlaubt, während für eine Bearbeitung immer die Einwilligung des Urhebers vorliegen muss. Die Bewertung dieser Frage setzt immer eine Prüfung des Einzelfalls voraus und hängt davon ab, ob der übernehmende Text bei einer Gesamtbetrachtung das ursprüngliche Werk in wesentlichen Zügen übernommen hat, bzw. ob der ursprüngliche Text im neuen Kontext „verblasst“.
Urhebernachweis bei Texten
In der Praxis bereitet oft der Nachweis der eigenen Urheberschaft Schwierigkeiten, da das Urheberrecht bei Texten, anders als im Markenrecht und Patentrecht nicht durch Eintragung in ein Register entsteht, sondern kraft Gesetzes mit der Schöpfung. Ist der Verfasser jedoch direkt beim Text genannt (etwa durch einen ©-Hinweis), wird seine Urheberschaft gem. § 10 UrhG vermutet, bis das Gegenteil bewiesen ist.
Urheberrechtsverletzungen dokumentieren
Für die Geltendmachung von Ansprüchen bei Textübernahmen im Internet ist es unerlässlich, Beweise zu sichern, da Internetseiten bekanntlich jederzeit gelöscht oder geändert werden können. Zum Nachweis der Verletzung des Urheberrechts am Text bieten sich Screenshots an, auf denen das Datum und die Uhrzeit erkennbar sind. Auch der jeweilige Link (URL) sollte gesichert werden.
Neben verschiedenen Internet-Tools zur Auffindung von Textübernahmen bietet sich eine wortgetreue Suche des Textes in Anführungszeichen bei Google an.
Unterlassungsanspruch
Zunächst hat bei einer Verletzung des Urheberrechts am Text der Urheber einen Unterlassungsanspruch gegen den Rechtsverletzer, welcher darauf gerichtet ist, die sofortige Beendigung des rechtswidrigen Zustandes zu erreichen. Der Urheber kann hierzu die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangen, mit der sich der Rechtsverletzer verpflichtet, den Text zu entfernen und auch in Zukunft nicht wieder zu verwenden.
Wird die Unterlassungserklärung abgegeben, steht dem Urheber im Falle der erneuten Rechtsverletzung die Zahlung einer Vertragsstrafe zu, die oft im vierstelligen Bereich liegt. Darüber hinaus kann er die nochmalige Abgabe einer Unterlassungserklärung mit einem höheren Strafversprechen verlangen.
Die für den Unterlassungsanspruch nötige Wiederholungsgefahr wird bereits dadurch indiziert, dass der Textklau bereits stattgefunden hat.
Berechnung nach der Lizenzanalogie
In der Praxis wird die Berechnung des Schadenersatzes meist im Wege der sog. Lizenzanalogie vorgenommen. Der Urheber hat Anspruch auf eine Vergütung, die dem entspricht, was ein vernünftiger Lizenzgeber bei vertraglicher Einräumung der Nutzungsrechte verlangt und ein vernünftiger Vertragspartner gezahlt hätte (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.02.2014, Az. 22 U 98/13; OLG Köln, Urteil vom 01.03.2013, Az. 6 U 168/12).
Dabei darf zur Berechnung auf branchenübliche Vergütungssätze und Tarife zurückgegriffen werden. Für Textbeiträge kann regelmäßig die vom Deutschen Journalisten-Verband erstellte Übersicht über Vertragsbedingungen und Honorare für die Nutzung freier journalistischer Beiträge (dju-Honorarempfehlungen) herangezogen werden. Bei fehlender Urheberbenennung wird regelmäßig ein Aufschlag von 100 % vorgenommen.
Beispiele aus der Praxis:
Auf Basis der dju-Honorarempfehlungen sprach etwa das AG Hamburg pro Textübernahme einen Schadenersatzbetrag von je 200,00 € zu (AG Hamburg, Urteil vom 23.01.2015, Az. 35a C 46/14).
Das LG Hamburg (Urteil vom 06.11.2015, AZ.:308 O 446/14) hatte einem Urheber 600,00 EUR für einen sehr kurzen Werbetext zugesprochen (300,00 EUR als Schadenersatz, der sich mangels Urheberkennzeichnung auf 600,00 EUR erhöhte).
Das OLG Hamburg (Urteil vom 27. 06.2012, AZ.: 5 U 29/10) gewährte einem Autor für die rechtswidrige Nutzung mehrerer Aufsätze über steuerrechtliche Themen durch einen Fachzeitschriften-Verlag insgesamt 15.000,00 EUR.
Das Landgericht Köln (Urteil vom 23.09.2009, AZ.: 28 O 250/09) sprach einem Werbetexter 150,00 EUR je rechtswidrig verwendetem Werbetext zu.
Das OLG Frankfurt gewährte einem Urheber sogar ein Schmerzensgeld wegen absichtlicher Fälschung seiner Autorenschaft (OLG Frankfurt, Urteil vom 04.05.2004, Az. 11 U 6/02, 11 U 11/03).
Auskunftsanspruch
Zur Berechnung des konkreten Schadensersatzes steht dem Urheber von Texten ferner ein Anspruch auf Auskunftserteilung gegen den Verletzer zu. Er kann sowohl Auskunft darüber verlangen, woher der Text bezogen wurde, als auch die Dauer und den Umfang der jeweiligen Nutzung abfragen, um den konkreten Schadenersatz zu ermitteln. Bei einer Weigerung des Verletzers kann der Anspruch im Wege einer Stufenklage auch gerichtlich durchgesetzt werden.
Abmahnung erforderlich
Da der Urheber gemäß § 97a UrhG den Rechtsverletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen soll und die Wirksamkeit einer solchen Abmahnung im Urheberrecht an verhältnismäßig strenge Voraussetzungen geknüpft ist, bietet es sich an, für die Abmahnung und Geltendmachung von Ansprüchen einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Die Kosten der Rechtsverfolgung können dem Gegner im Rahmen eines Erstattungsanspruchs auferlegt werden.
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche
Hat ein Mitbewerber geschützte Texte von der Webseite seines Konkurrenten übernommen, können neben dem Urheberrecht auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche in Betracht kommen. Erforderlich ist, dass der Text eine wettbewerbliche Eigenart aufweist und die Übernahme des Textes durch den Mitbewerber zu Wettbewerbsnachteilen zulasten des Konkurrenten, oder zu einer Wettbewerbstäuschung zu Lasten der Verbraucher führen. Insbesondere Online-Händlern, die einen beachtlichen finanziellen Aufwand in die Gestaltung ihrer Marketingtexte investiert haben, können erhebliche wettbewerbsrechtliche Nachteile durch das Content-Scraping entstehen.
Zwar werden sich Ansprüche gegen Mitbewerber meist schon aus dem Urhebergesetz ergeben, da sich Unternehmer von Werbetextern vertraglich oft die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Texten einräumen lassen. Im Bereich des Wettbewerbsrechts ist allerdings mit hohen Streitwerten zu rechnen, wie eine Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 06.05.2014 – I-20 U 174/12) zeigt. Der Streitwert für die erste Instanz betrug hier 100.000,00 EUR, für die Berufungsinstanz 50.000,00 EUR.
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