Wichtiger Sieg gegen die ntv Nachrichtenfernsehen GmbH wegen unzulässiger Verdachtsberichterstattung
Unser Medienrechtsteam gewinnt gegen den Nachrichtensender n-tv im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 14 U 219/20)
Mit Beschluss vom 11.06.2021 hat das OLG Karlsruhe die Berufung von n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH gegen das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 08.09.2020 zurückgewiesen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel der Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Hierdurch wurde die einstweilige Verfügung, welche als Urteil zugunsten unserer Mandantschaft erlassen wurde, bestätigt.
Zum Sachverhalt:
Unsere Mandantin war viele Jahre in einer sozialen Einrichtung im Süden Deutschlands beschäftigt. Aufgrund einer rechtsverletzenden Medienberichterstattung eines süddeutschen Lokalblattes kam es jedoch zu einer bundesweiten Medienkampagne gegen unsere Mandantin.
Neben der hiesigen Berufungsklägerin n-tv haben naturgemäß auch sämtliche Boulevardmedien wie die BILD-Zeitung und Co. über den Fall berichtet und die Grundsätze einer zulässigen Verdachtsberichterstattung auf grobe Art und Weise missachtet.
Gegen die Zeitung aus dem Süden, welche den Stein ins Rollen gebracht hatte, konnten wir für unsere Mandantin Unterlassungsansprüche, Widerrufsansprüche und auch Geldentschädigungsansprüche gerichtlich durchsetzen. Auch gegen zahlreiche andere Medien, unter anderem gegen die BILD-Zeitung konnten wir einstweilige Verfügungen erwirken.
Was war Gegenstand der bundesweiten Verdachtsberichterstattung?
Unserer Mandantin wurde vorgeworfen, dass sie im Rahmen ihrer Berufsausübung Zwang gegenüber Schutzbefohlenen ausgeübt haben soll. An diesem Vorwurf war jedoch nichts dran und es gab keinerlei Beweistatsachen. Sämtliche Verdächtigungen waren erfunden und die Existenz unserer Mandantin wurde durch die bundesweite mediale Berichterstattung massiv bedroht.
Wir beantragten auch gegen n-tv eine einstweilige Verfügung
Wir konnten den Ruf unserer Mandantin weitestgehend wiederherstellen und gegen zahlreiche Medien nicht nur außergerichtlich und gerichtlich Unterlassungs- und Löschungsansprüche durchsetzen, sondern auch Ansprüche auf Widerruf.
Hierdurch mussten die Medien nach außen hin kundtun, dass sie die Unwahrheit verbreitet haben. Die Rechte unserer Mandantin wurden deshalb verletzt, weil sie durch zahlreiche Identifizierungsmerkmale im Rahmen der Verdachtsberichterstattung zur erkennen war.
Wie hat das OLG Karlsruhe in diesem Fall entschieden?
Nachdem das Landgericht Waldshut-Tiengen erstinstanzlich unserem Unterlassungsantrag gegen die unzulässige Verdachtsberichterstattung stattgab und dies damit begründete, dass der Mandantin keine Möglichkeit zur Stellungnahme im Vorfeld der Berichterstattung gegeben wurde und der beklagte Fernsehsender im Rahmen seiner Online-Berichterstattung eine dpa-Meldung ungefiltert wiedergegeben hat, bestätigte das OLG Karlsruhe die einstweilige Verfügung.
Auch gegen die dpa (Deutsche Presseagentur) erwirkten wir einstweilige Verfügung
Gegen die dpa selbst haben wir ebenfalls eine Unterlassungsverfügung erwirkt. Die dpa (Deutsche Presse-Agentur) ist hiergegen vorgegangen. Das Berufungsverfahren ist noch nicht entschieden. Die dpa selbst hatte in keiner Weise vernünftig recherchiert und sich ebenfalls nur auf nicht-privilegierte Quellen, u. a. auf die lokale Zeitung aus dem Süden berufen.
Zudem ging ein Teil der Berichterstattung der ntv Nachrichtenfernsehen GmbH über den Inhalt der vermeintlichen privilegierten Quellen hinaus, sodass selbst dann, wenn man die vermeintlich privilegierten Quellen als solche betrachten wollte, ein Schutz der Berichterstattung nicht mehr gegeben ist.
LG Waldshut-Thiengen sah Persönlichkeitsrechte verletzt
Fälschlicherweise hat das Landgericht Waldshut-Tiengen anders als das Landgericht Hamburg im Parallelverfahren hier privilegierte Quellen angenommen. Das Gericht war jedoch der Auffassung, dass die Äußerungen der Beklagten den privilegierten Quellen gerade nicht zu entnehmen waren bzw. unsere Mandantin aus diesen nicht einwandfrei identifizierbar waren. Zwar ist dies letztlich falsch, was auch das Landgericht Hamburg in einem Parallelverfahren gegen die dpa zugunsten unserer Mandantin so gesehen und entschieden hat, gleichwohl erachtete das Landgericht Waldshut-Tiengen die Berichterstattung als rechtsverletzend.
Kein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben
Darüber hinaus sah das Landgericht nicht, dass der erforderliche Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben wäre. Dieser muss jedoch vorliegen, damit eine Verdachtsberichtserstattung in identifizierender Weise erfolgen kann.
Wörtlich heißt es in dem Urteil des Landgerichts wie folgt:
Wegen der Schwere dieser Vorwürfe, insbesondere in Bezug auf behauptete Straftaten zum Nachteil der Schutzbefohlenen, war die Beklagte verpflichtet, besonders sorgfältig vorzugehen und zu recherchieren.
Weiter führt das Landgericht wie folgt aus:
Im Hinblick auf diese in Bezug auf die Klägerin ungenügenden Tatsachen- und Recherchegrundlagen überwiegt das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Klägerin, von der Beklagten nicht in identifizierender Art und Weise öffentlich an den Pranger gestellt zu werden.
Vorverurteilende und unausgewogene Berichterstattung durch n-tv
Darüber hinaus erachtete das Gericht die Berichterstattung als vorverurteilend und unausgewogen. Nach Auffassung des Gerichts werde in dem Bericht nicht deutlich, dass lediglich ein Verdacht vorliege und die Tatsachen bisher ungeklärt seien.
Im Hinblick auf die Tragweite, die die Verbreitung dieser angegriffenen Behauptung für die Klägerin erkennbar haben konnte, war die Beklagte gehalten, der Klägerin die erhobenen Vorwürfe, die Gegenstand der Berichterstattung werden sollten, konkret zur Kenntnis zu bringen und ihr insbesondere Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, um auch ihren Standpunkt zu erfahren und ggfs. zum Ausdruck bringen zu können.
Nach alledem standen aus Sicht des Gerichts in zutreffender Weise Unterlassungsansprüche unserer Mandantin zu.
OLG Karlsruhe weist Berufung der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH zurück
Das OLG Karlsruhe hat die Berufung der Gegenseite nunmehr zu Recht durch Beschluss zurückgewiesen. Dies ist im Ergebnis ein wichtiges Zeichen in Richtung Persönlichkeitsrechte, insbesondere bei unzulässigen Verdachtsberichterstattungen, welche die Existenz von Personen und Unternehmen nachhaltig und oft bis an ihr Lebensende schädigen können.
Vorliegend wurden die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung nicht ansatzweise eingehalten. Zahlreiche Medien waren an der bundesweiten Hetzkampagne gegen unsere Mandantin beteiligt und haben vor den Pressekammern der Landgerichte gegen unser Medienrechtsteam verloren.
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Unserer Gegnerliste können Sie entnehmen, gegen welche Medien wir bereits außergerichtlich und/oder gerichtlich tätig geworden sind.
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