Persönlichkeitsrecht von Prominenten
Das Persönlichkeitsrecht von Prominenten spielt immer wieder eine große Rolle, wenn wir für Mandanten gegen Medienberichte vorgehen. Insbesondere Personen des öffentlichen Lebens stehen unter ständiger Beobachtung der Medien. Heimliche Fotografien, Filmaufnahmen oder Veröffentlichung privater Details von prominenten Personen sind dabei alltäglich.
Meist ungefragt werden private Einblicke einer großen Öffentlichkeit ohne Willen der Betroffenen präsentiert. Der Grad der rechtlichen Zulässigkeit, welcher einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse der Allgemeinheit und dem Persönlichkeitsrecht des Prominenten unterliegt, ist beschränkt.
Rechtsbegriff der Person des öffentlichen Lebens
Als Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gelten diejenigen, die kraft politischer oder gesellschaftlicher Position oder auf Grund einer außergewöhnlichen persönlichen Leistung aus der Masse der Mitmenschen herausragen und am öffentlichen Leben mitwirken. (Soehring/Hoene Presserecht Rn. 21.3).
Zu dieser Personengruppe gehören zB Politiker, Künstler, Schauspieler, Sportler oder auch Angehörige regierender Fürstenhäuser. Keine Personen des öffentlichen Lebens sind hingegen Menschen, die nicht wegen ihrer gesellschaftlichen Position oder bestimmter Leistungen allgemeine Bekanntheit erlangt haben. Dazu gehören beispielsweise Personen von Schicksalsschlägen wie auch Opfer von Unglücken oder Verbrechen.
Kommunikationsgrundrechte
Die Berichterstattung der Presse bewegt sich In einem Spannungsverhältnis zwischen Informationsinteresse der Allgemeinheit und Schutz der Privatsphäre. Grundrechtlich geschützt wird die Presse durch die Kommunikationsgrundrechte gem. Art. 5 GG.
Zu den Kommunikationsgrundrechten gehören die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), die Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) sowie Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG). Diese Kommunikationsgrundrechte gilt es im Einzelnen mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuwägen.
Dabei ist insbesondere zwischen Bild- und Wortberichterstattung zu unterscheiden. Bildberichtserstattungen wirken anders als Wortberichterstattungen und greifen meist stärker in das Persönlichkeitsrecht von Prominenten ein als die reine Wortberichterstattung.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Prominenten
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) ist ein Schutzrecht des Einzelnen auf Wahrung seiner Menschenwürde und seiner individuellen Persönlichkeit gegenüber dem Staat. Abgeleitet wird das APR aus der Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG iVm der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG und umfasst das Recht auf Selbstentfaltung und Selbstdarstellung.
Mittelbare Drittwirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Daneben kann das APR aber auch mittelbar gegenüber privaten Rechtssubjekten Wirkung entfalten. Zwar binden Grundrechte gem. Art. 1 Abs. 1 GG nur die Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung, jedoch können die Grundrechte auch über die Bindung der öffentlichen Gewalt hinaus in Rechtsbeziehungen zwischen Bürgern anwendbar sein.
Bei dieser sogenannten mittelbaren Drittwirkung wirken die Grundrechte nicht direkt zwischen den Bürgern.
Der Inhalt der Grundrechte ist aber bei der Anwendung des Privatrechts zu beachten. Grundrechte enthalten verfassungsrechtliche Grundentscheidungen für alle Bereiche des Rechts und fließen daher insbesondere bei der Auslegung privatrechtlicher Vorschriften durch Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe mit ein.
Praktische Relevanz bekommen die Grundrechte bei Schadensersatzansprüchen aus § 823 Abs.1 BGB oder Unterlassungsansprüchen aus § 1004 BGB bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten von prominenten Personen.
Gesetzlicher Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Der grundrechtlich garantierte Schutz des APR wurde im Laufe der Zeit mehr und mehr durch Gesetze gesichert. Schutzgesetz in diesem Sinne sind vor allem das Recht am eigenen Bild (spezialgesetzlich geregelt in den §§ 22 ff. KUG), Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 12 – 14, 23, 25 UrhG), Namensrecht (§ 12 BGB) und der Ehrschutz (§§ 185 ff. StGB).
Bildberichterstattung – Recht am eigenen Bild
Das Recht am eigenen Bild als besondere Ausprägung des APR begründet das Recht eines jeden selbst zu bestimmen, ob und in welchem Zusammenhang Bilder von ihm veröffentlicht werden. Dieses Recht ist in den §§ 22 – 24 des Kunsturhebergesetzes (KUG) festgeschrieben.
- 22 Abs. 1 S. 1 KUG - Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
Danach dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Unter bestimmten in § 23 Abs. 1 KUG nummerierten Ausnahmetatbeständen braucht es jedoch keiner Einwilligung.
- 23 Abs. 1 KUG - Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
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- Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
- Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
- Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
- Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
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Zu beachten ist, dass die in § 23 Abs. 1 KUG normierten Ausnahmetatbestände bei einer Verletzung des berechtigten Interesses des Abgebildeten nicht greifen (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 23 Abs. 2 KUG - Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
Bildnisse
Bildnisse sind erkennbare Abbildungen von Personen in ihrer wirklich dem Leben entsprechenden Erscheinung. Die Art der Darstellung oder die Art des Mediums spielen dabei keine Rolle.
Geschützt sind Darstellungen sowohl von Lebenden als auch von Toten (BGH, 01.12.1999 – I ZR 226/97).
Für die Erkennbarkeit des Abgebildeten ist ein begründeter Anlass zur Annahme ausreichend, dass der Abgebildete von einem Dritten erkannt werden könnte (BGH, 10.11.1961, Az.: I ZR 78/60).
Anknüpfungspunkt für die Erkennbarkeit können dabei Gesichtszüge, Posen, Statur etc. sein, welche soweit individualisiert sind, dass sie sich vom Durchschnitt und vom Gewöhnlichen absetzen um die Person zu erkennen (KG, Beschluss vom 05.09.2006 – 9 W 127/06).
Zur Verfremdung der Bildnisse können Medien Mittel zur Unkenntlichmachung bestimmter Bereiche benutzen, um Personen unerkennbar zu machen.
Ein Balken vor den Augen oder eine Verpixelung beseitigen aber eine Erkennbarkeit nicht zwangsläufig. Sind trotz solcher Mittel identifizierende Merkmale erkennbar, sind diese Maßnahmen zum Schutz des Rechts am eigenen Bild wirkungslos.
Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte
Eine Einwilligung des Abgebildeten nach § 22 KUG ist nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht erforderlich, sofern es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Nach gängiger Definition umfasst der Begriff dabei alle Erscheinungen im Leben der Gegenwart, die von der Öffentlichkeit beachtet werden, bei ihr Aufmerksamkeit finden und Gegenstand der Teilnahme oder Wissbegier weiter Kreise sind (RGZ 125, 80 f. – Tull Harder, LG Hamburg AfP 1999, 523).
Maßstäbe bezüglich der Konkretisierung wurden dabei von der ständigen Rechtsprechung gebildet. Dieser Maßstab hat sich insbesondere mit dem Urteil über Caroline von Monaco (aktueller Name: Caroline Louise Marguerite, Prinzessin von Hannover, Prinzessin von Monaco) des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Jahre 2004 kehrt wendend verändert.
Frühere Rechtslage
Bis zum Jahre 2004 urteilte die Rechtsprechung nur nach dem Maßstab des allgemeinen Informationsinteresses der Allgemeinheit. Veröffentlichungen in diesem Interesse wurden grundsätzlich als zulässig erachtet (BVerfG, Urteil vom 15.12.1999 – 1 BvR 653/96). Unter dem Begriff der Person der Zeigeschichte gelten alle Personen, an deren Bildberichterstattung die Öffentlichkeit ein Informationsinteresse hat. Dabei unterscheidet die Rechtsprechung zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte.
Absolute Personen der Zeitgeschichte sind alle diejenigen Personen, die Zeitgeschichte machen und über ihren Tod hinaus ständige Personen der Zeitgeschichte bleiben. Dies sind insbesondere Personen, die sich durch Geburt, Stellung oder Leistungen außergewöhnlich hervorgetan haben.
Demgegenüber werden als relative Personen der Zeitgeschichte alle Menschen bezeichnet, die mit der Zeitgeschichte mit oder ohne Willen derart in Berührung kommen, dass sie nur vorübergehend zu Personen der Zeitgeschichte wurden. Ein legitimes Interesse der Allgemeinheit besteht von daher nur bei Berichten in diesem Zusammenhang, nicht aber aus anderem Anlass.
Eine Verbreitung und Schaustellung war daher grundsätzlich mit Ausnahme von § 23 Abs. 2 KUG zulässig. Ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten zur nicht öffentlichen Schaustellung und Verbreitung ist bspw. erkennbar, wenn die Person sich in eine örtliche Abgeschiedenheit zurückgezogen hatte. Die Annahme eines berechtigten Interesses wurde jedoch sehr restriktiv von der Rechtsprechung angenommen (BGH, 19.12.1995 – VI ZR 15/95 (OLG Hamburg)).
Im Laufe der Rechtsprechung bis 2004 verschob sich die Grenze zu den legitimierten Informationsbedürfnissen zunehmend zu Gunsten des Informationsbedürfnisses. Der Persönlichkeitsschutz von Personen der Zeitgeschichte war damit sehr schmal.
Änderung der Rechtslage
Die Rechtsprechung deutscher Gerichte änderte sich mit dem Urteil des EGMR im Jahre 2004. Ursprünglich versuchte Caroline v. Monaco mit einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gegen die Veröffentlichung von Fotos aus ihrem Alltagsleben vorzugehen. Das BVerfG hielt die Verfassungsbeschwerde jedoch unter Berufung auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG für unbegründet (Urteil vom 15.12.1999 – 1 BvR 653/96).
Caroline von Monaco
Caroline von Monaco ist die Tochter von Fürst Rainier III. von Monaco und war bis zur Geburt ihres jüngeren Bruders Albert Erbprinzessin. Das Privatleben von Caroline v. Monaco war und ist ständiger Gegenstand der Boulevardberichterstattung. Gegen diese Berichterstattung und Veröffentlichung von Paparazzi-Fotos aus ihrem Privatleben geht Caroline v. Monaco konsequent vor. Im Jahre 2004 erwirkte sie vor dem EGMR einen Schadensersatzanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland.
Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) urteilte, dass in der deutschen Rechtsprechung bezüglich des Rechts am eigenen Bild bei Personen der Zeitgeschichte eine Verletzung der von Art. 8 EMRK geschützten Privatsphäre vorliegt.
Art. 8 EMRK - Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
(2) Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Der EGMR stellte dabei fest, dass das bloße Kriterium der örtlichen Abgeschiedenheit zu eng ist und das Persönlichkeitsinteresse des Betroffenen in Deutschland zu wenig berücksichtigt werde (EGMR – AFFAIRE VON HANNOVER c. ALLEMAGNE (Requête no 59320/00)).
Vielmehr forderte der EGMR eine Abwägung der widerstreitenden Interessen bereits bei der Frage, ob ein zeitgeschichtliches Ereignis vorliegt.
Für maßgeblich erachtet er dabei, ob die Bildberichterstattung zu einer Diskussion über eine Frage von allgemeinem Interesse beiträgt (EGMR (III. Sektion), Urteil vom 24.06.2004 - 59320/00 von Hannover/Deutschland).
Er forderte eine Abgrenzung nicht wie die frühere Rechtsprechung zwischen absoluten und relativen Personen, sondern zwischen einer Berichterstattung über Tatsachen, die einen Beitrag zur demokratischen Gesellschaft leistet und damit Personen des politischen Lebens betrifft und einer Berichterstattung über Einzelheiten des Privatlebens einer Person, die keine solche Ämter bekleidet (EGMR GRUR 2004, 1051 Rn. 63 – Caroline von Hannover).
Nach Ansicht des EGMR ist nur über Personen des politischen Lebens eine Beurteilung nach den bislang geltenden Kriterien möglich (EGMR GRUR 2004, 1051 Rn. 63, 71 – Caroline von Hannover).
Bei Personen des politischen Lebens ist eine andere Beurteilung möglich. Dort kommt der Presse die Rolle als sogenannter Wachhund einer demokratischen Gesellschaft zu (EGMR GRUR 2004, 1051 Rn. 72 – Caroline von Hannover). Funktion der Presse ist es, auf Missstände von öffentlicher Bedeutung hinzuweisen. Dies rechtfertigt einen stärkeren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.
Heutige Rechtsprechung
Die heutige Rechtsprechung ermittelt seit dem Urteil des EGMR den Begriff des zeitgeschichtlichen Ereignisses nunmehr nur anhand einer einzelfallbezogenen Abwägung der widerstreitenden Grundrechte der Menschenwürde, Handlungsfreiheit und Achtung der Privatsphäre aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG sowie Art. 8 EMRK einerseits und der Pressefreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG sowie Art. 10 EMRK andererseits. Ein Ereignis der Zeitgeschichte liegt nur vor, wenn die Pressefreiheit in der Einzelabwägung das Recht am eigenen Bild überwiegt.
Damit hat sich die Rechtsprechung von der Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Person vollkommen verabschiedet. Der Schutz der Privatsphäre von Personen des öffentlichen Lebens ist damit merkbar gestiegen.
Wortberichterstattung
Neben reinen Veröffentlichungen von Bildnissen sind auch Wortberichterstattungen von wichtiger Bedeutung. Anders als die Bildberichterstattung sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Wortberichterstattung gesetzlich nicht explizit geregelt. Die Rechtmäßigkeit richtet sich damit hauptsächlich nach Vorgaben der Rechtsprechung und der Abwägung der Rechtsgüter. Nicht mehr geschützt ist die Verletzung strafrechtlicher Ehrdelikte (§ 185 StGB). Im Rahmen der Wortberichterstattung ist zwischen unrichtigen und zutreffenden Berichterstattungen zu differenzieren.
Ein berechtigtes Interesse an unrichtigen Informationen gibt es nicht. Solche sind grundsätzlich unzulässig und nicht zu dulden. Diesbezüglich problematisch ist aber, dass lediglich Tatsachenbehauptungen auf ihre Richtigkeit überprüft werden können. Tatsachen sind alle tatsächlichen und dem Beweis zugänglichen Geschehen. Meinungen hingegen sind durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet und deshalb nicht als wahr oder unwahr beweisbar.
Meinungen
Meinungsäußerungen lassen sich lediglich auf die problematische Feststellung der richtigen Gesinnung überprüfen. Nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG soll jeder frei sagen können, was er denkt. Eine Gesinnungsprüfung unter Berücksichtigung dieses grundrechtlichen Grundsatzes ist in einem demokratischen Verfassungsstaat wie unserem nicht vereinbar. Meinungsäußerungen, welche keine Schmähkritik darstellen, sind von daher in besonderer Weise geschützt und von Betroffenen grundsätzlich hinzunehmen.
Zutreffende Tatsachen
Tatsachen, welche inhaltlich zutreffend und nicht herabwürdigend sind, sind grundsätzlich zulässig. Der Schutz der Persönlichkeit gegenüber Veröffentlichungen bedarf deshalb einer besonderen Rechtfertigung (BVerfG I – Beschluss vom 23. 02. 2000 – 1 BvR 1582/94).
Das Äußern zutreffender Tatsachen ist nämlich grundsätzlich rechtens (BGH, 18.09.2012 – VI ZR 291/10). Ausnahmsweise können Persönlichkeitsbelange überwiegen, wenn die Aussagen die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre betreffen und sich nicht durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen (BVerfGE 99, 185 – Scientology).
Zur Intimsphäre gehört die innerste Gedanken- und Gefühlswelt. Die Intimsphäre ist nahezu unantastbar und wird von den Gerichten auch sehr eng gefasst. Eingriffe in Privatsphäre und Vertraulichkeitssphäre vermitteln absteigend weniger Schutz für den Betroffenen und sind von daher schneller gerechtfertigt.
Der Urlaub eines Prominenten gehört beispielsweise zum Kernbereich der Privatsphäre und stellt in der Regel kein Ereignis zeitgeschichtlicher Bedeutung dar. (BGH, 03.07.2007 – Az. VI ZR 164/06 – Oliver Kahn-Urteil)
Kombinierte Wort- und Bildberichterstattung
Sofern Wort- und Bildberichterstattung miteinander kombiniert werden, sind sie auch im gemeinsamen Zusammenhang zu bewerten. Eine unzulässige Bildberichterstattung kann beispielsweise durch einen beigefügten Text zulässig werden (BGH, 06.03.2007 – VI ZR 13/06).
Vorliegend veröffentlichte die Beklagte (Herausgeberin einer Zeitung) in ihrer Zeitung eine Aufnahme, welche den Kläger (damaliger Ehemann von Caroline v. Monaco) neben seiner Ehefrau (Caroline v. Monaco) auf der Straße in St. Moritz während des Ski-Urlaubs zeigt. In dem dazugehörigen Artikel wurde berichtet, dass es dem Fürsten Rainier von Monaco sehr schlecht gehe und dass seine älteste Tochter, die Ehefrau des Klägers, lieber Urlaub macht, anstatt ihren Vater zu besuchen.
Das BVerfG urteilte diesbezüglich, dass zwar die beanstandete Abbildung als solche keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis liefert, jedoch vorliegend das Bild die Wortberichterstattung über die Krankheit illustrierte und damit ein zeitgeschichtliches Ereignis darstellt.
Mit dem Bild werde ein Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung geleistet.
Begleitpersonen von Prominenten
Häufig werden auch dritte Personen, die mit der prominenten Person verwandt oder gut befreundet sind, in die Berichterstattung gegen ihren Willen mit hineingezogen. Rechtlich besonders bedeutsam ist der Umgang mit Kindern oder direkten Partnern von Prominenten. Auch an dritten Personen besteht häufig ein besonderes öffentliches Interesse.
Berichterstattung über Kinder von Prominenten
Das BVerfG hat sich zum ersten Mal 1999 zum Privatsphäre-Schutz von Kindern von Prominenten geäußert.
Dabei betonte es, dass Kinder allgemein eines besonderen Schutzes bedürfen, weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst noch entwickeln müssen. Der Bereich, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, muss deswegen umfassender geschützt sein als derjenige von erwachsenen Personen (BVerfG, Beschluss vom 13.06. 2007 – 1 BvR 1783/05).
Dies gilt auch für Kinder von prominenten Eltern und umfasst insbesondere alltägliche Vorgänge (Beschluss vom 31.03.2000 – 1 BvR 1454/97).
In solchen Fällen tritt zudem auch der Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 GG vor den Schutz des APR. Ein Schutzbedürfnis kann aber fehlen, soweit die Kinder sich nicht mehr bei alltäglichen Vorgängen in der Öffentlichkeit bewegen, sondern sich allein oder gemeinsam mit den Eltern bewusst der Öffentlichkeit zuwenden, bspw. wenn das Kind im Mittelpunkt öffentlicher Veranstaltungen steht und sich dadurch den Bedingungen öffentlicher Auftritte ausliefert (Urteil des Ersten Senats vom 15. Dezember 1999 – 1 BvR 653/96).
Mithin ist in jedem Fall eine Abwägung erforderlich, die im Einzelfall eine Berichterstattung über Kinder prominenter Personen zu begründen vermag.
Berichterstattung über sonstige Begleitpersonen von Prominenten
Auch Berichterstattungen über sonstige Begleitpersonen ohne dessen vorherige Einwilligung sind nur zulässig, soweit das Bildnis einen Beitrag zu einer Diskussion von zeitgeschichtlicher Bedeutung leistet. Ausreichend dafür sind nicht Spekulationen oder das bloße Berichten über die Freundin eines verheirateten Fußballspielers (OLG Köln, Urteil vom 22.11.2018 – 15 U 96/18). Maßgeblich ist aber auch das gemeinsame Auftreten in der Öffentlichkeit. Öffentliches gemeinsames Auftreten, stellt in der Regel eine Einwilligung in die Medienberichterstattung dar (BVerfG I, Beschluss vom 21.08.2006 – 1 BvR 2606/04).
Aktuelle Rechtsprechung zur Wort- und Bildberichterstattung am Beispiel von Anke Engelke
Ein aktueller Fall welcher die Abgrenzung der beiden Lager (Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht Prominenter) besonders verdeutlicht, ist die Auseinandersetzung von Komikerin und Schauspielerin Anke Engelke (Engelke) und der BILD (Axel Springer)
BILD berichtete mittels Wort und Bild über das unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführte Scheidungsverfahren von Engelke und ihrem Mann. Anke Engelke wandte sich sowohl gegen die Textberichterstattung als auch gegen die Veröffentlichung der Bildaufnahmen durch die BILD (BGH, 07. 07.i 2020, Az. VI ZR 250/19).
Der Artikel der BILD war betitelt mit
Nach 12 Jahren Ehe! Hier treffen sich Anke Engelke und ihr Mann vor dem Scheidungsrichter.
Zudem nannte BILD im Artikel das Aktenzeichen und die Raumnummer des Gerichtsaals. Das erste mitveröffentlichte Bild zeigte Engelke mit abgewandtem Gesicht, Mütze und Schal ins Gesicht gezogen sowie ihrem Mann im Hintergrund. Das zweite Bild zeigte sie in gleicher Montur vor dem Gerichtsgebäude.
Der Bundesgerichtshof (BGH) beurteilte die Bildberichterstattung als unzulässig und die Wortberichterstattung als zulässig. Nach Ansicht des BGH sind die Fotos, in deren Veröffentlichung seitens Engelke nicht eingewilligt wurde (§ 22 S.1 KUG), keinem der Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG zuzuordnen, insbesondere nicht dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG).
Für ein Ereignis der Zeitgeschichte fehle es am besonders starken Interesse der Öffentlichkeit. Darüber hinaus verletze nach Meinung des BGH die Bildberichterstattung ein berechtigtes Interesse nach § 23 Abs. 2 KUG. Die Bildnisse seien für Frau Engelke abträglich. Sie vermittelt auf beiden Bildnissen einen eher verkrampften bzw. hilflosen Eindruck und wird in einer Situation (Scheidung) gezeigt, in welcher es unschicklich ist, einen anderen Menschen zu betrachten.
Die Wortberichterstattung wurde hingegen für zulässig erachtet. Die Angaben über das Scheidungsverfahren betreffen lediglich die Sozialsphäre der Klägerin. Bei der Mitteilung der Informationen über den amtsgerichtlichen Termin handele sich um wahre, dem Beweis zugängliche Tatsachen, die in der Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht von Prominenten und öffentlichem Interesse dem öffentlichen Interesse unterliegen.
Mithin wird anhand dieses Urteils noch einmal deutlich, inwieweit im Einzelfall sowie in der Unterscheidung zwischen Wort- und Bildberichterstattung differenziert werden muss.
Ansprüche bei unzulässiger Medienberichterstattung
Von einer unzulässigen Medienberichterstattung Betroffenen stehen unterschiedliche Ansprüche gegen den entsprechenden Verlag und den Redakteur zu. Je nach Einzelfall sowie Art und Umfang der Verletzung haben Betroffene folgende Rechte:
- Unterlassung der zukünftigen Verbreitung der Berichterstattung
- Entfernung von Beiträgen aus Onlinearchiven der Medien
- Berichtigung unrichtiger Tatsachenbehauptungen
- Gegendarstellung
- Schadensersatz und Geldentschädigung
- Auskunft über Art und Umfang der Berichterstattung sowie Herausgabe bzw. Vernichtung rechtsverletzender Aufnahmen und anderer Dateien
Persönlichkeitsrechte von Prominenten – Fazit
Ob und wie über eine Person des öffentlichen Lebens berichtet werden kann und darf ist immer unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Nicht bereits alles, wofür sich Menschen aus Langeweile, Neugier und Sensationslust interessieren, rechtfertigt dessen visuelle Darstellung in der breiten Medienöffentlichkeit (BGH, 29.05.2018 – VI ZR 56/17).
Insgesamt sind die Belange der Medien in einen möglichst schonenden Ausgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Prominenten zu bringen. Zu prüfen ist, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigen (OLG Köln, 22.11.2018 – 15 U 96/18).
Wort oder Schriftbeiträge greifen in der Regel weniger stark in die Persönlichkeitsrechte Prominenter ein als Bildberichterstattungen und ermöglichen der Presse mit dieser Berichterstattungsart einen größeren Spielraum (BGH, 16.09.1966 – VI ZR 268/64).
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