Veröffentlichung privater Nachrichten durch die Presse
In einem Zeitalter, wo die Kommunikation häufig über „Whatsapp“, „Instagram“ und co. erfolgt, ist die unbefugte Veröffentlichung privater Nachrichten Dritter keine Seltenheit. Dabei umfasst der Begriff der Direktnachricht solche privaten Nachrichten, die unmittelbar zwischen einem Sender und dem entsprechenden Empfänger ausgetauscht werden.
Insbesondere Personen des öffentlichen Lebens, welche unter ständiger Beobachtung stehen, werden häufig mit dieser Problematik konfrontiert. Es werden private Einblicke einer breiten Menschenmasse ermöglicht. Gerade an dem aktuellen Beispiel von Flynn Kliemanns Maskenbetrug, werden die getätigten Aussagen, durch Direktnachrichten vom Nachrichtendienst „Whatsapp“ oder durch private E-Mails untermauert.
Gesprochenes Wort vs. geschriebenes Wort
Das gesprochene Wort umfasst das direkte Gespräch zwischen zwei oder mehreren Dialogpartnern, demgegenüber handelt es sich, wie der Name schon sagt, bei dem geschriebenen Wort um Texte. Gesprochene Sprache gilt als flüchtig und gerade nicht als dauerhaft, es fehlt die Möglichkeit der Archivierung, um es auch für die Zukunft festhalten zu können.
Unter kritischer Betrachtung des heutigen modernen Zeitalters, lässt sich jedoch erkennen, dass es einige Möglichkeiten gibt, auch gesprochenes Wort für die Zukunft festzuhalten. Eine Archivierung ist z.B. möglich durch Kassettenrekorder, Anrufbeantworter oder die einfache Funktion der Nachrichtendienste, eine Sprachnachricht aufzunehmen und zu versenden, statt schreiben zu müssen. Angesichts dessen liegt kein Unterschied zwischen dem gesprochenen und geschriebenen Wort bezogen auf die mögliche Weitergabe vor.
Das geschützte Recht
Regelmäßig ist in der Veröffentlichung privater Nachrichten eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen. Das Persönlichkeitsrecht umfasst das Recht eines Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht leitet sich aus den Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG ab. Daraus ergibt sich, dass dem Verfasser der Nachricht das Recht zusteht, bestimmten zu dürfen, wem die Inhalte zugänglich gemacht werden sollen.
Ein Gruppenchat ist nicht gleichzustellen mit der Öffentlichkeit. Das unbefugte Veröffentlichen privater Nachrichten aus dem Gruppenchat ist mithin nicht von dem unbefugten Veröffentlichen privater Nachrichten aus einem privaten Chat zu unterscheiden.
In einem Gruppenchat werden, genau wie in einem Einzelchat auch, private Nachrichten ausgetauscht. Diese dürfen grundsätzlich nicht ohne Einwilligung der einzelnen Chat-Mitglieder weiterverbreitet werden. Liegt eine solche Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor, kommt unter anderem eine anwaltliche Abmahnung oder nach erfolgloser Abmahnung ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht.
Private Chat-Nachrichten in der Presseberichterstattung
Der Presseberichterstattung bezogen auf private Chat-Nachrichten steht es nicht entgegen, dass die Chat-Nachrichten durch einen Dritten in rechtswidriger Weise erhalten wurden und die Presse das auch, bei Anwendung journalistischer Sorgfalt, erkennen konnte.
Es ist eher maßgeblich, ob die Presse den Rechtsbruch selber begangen hat oder einen Dritten gerade dazu veranlasst hat. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt jedoch nicht bei der Presse, sondern bei dem Betroffenen. Gerade der Informantenschutz der Presse ist ein Grund hierfür. Die Presse ist nicht verpflichtet, nähere Angaben bezogen auf die Art der Informationsbeschaffung oder ihre Quellen zu machen.
Informantenschutz
Informant*in ist eine Person, die ihre speziellen Kenntnisse an andere weitergibt. Sie ist nicht gleichzustellen mit einem Whistleblower oder einem beauftragten Spitzel oder Spion. Der Unterschied liegt in der Informantentätigkeit und der Weitergabe von Informationen.
Eine äußert wichtige Rolle hat der Informant im journalistischen Bereich. Er stellt eine wichtige Informationsquelle für Journalist*innen dar. Dem Informanten steht auch ein Zeugnisverweigerungsrecht, nach § 53 I Nr. 5 stopp, § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO sowie § 102 Abs. 1 Ziffer. 4 AO zu. In Deutschland genießen Journalist*innen einen direkt von Art. 5 GG abgeleiteten Informantenschutz.
Neben dem Beschlagnahme- und Durchsuchungsverbot basiert der Informantenschutz auch auf dem Zeugnisverweigerungsrecht, welches auch gilt, wenn Informationen statt rechtmäßig rechtswidrig beschafft wurden. Für die Pressefreiheit wird der Informantenschutz als Voraussetzung angesehen.
Das Verbreiten von Chat-Nachrichten durch Privatpersonen
Wie bereits oben angeführt, kommt jedem Verfasser von Chat-Nachrichten das Persönlichkeitsrecht zu. Liegt keine Einwilligung seitens des Verfassers vor, dürfen Chat-Nachrichten nicht verbreitet werden. Die Plattform, über welche die Chat-Nachricht versendet wurde, ist unerheblich. Es kommt lediglich darauf an, ob eine Erlaubnis bzw. eine Einwilligung seitens des Verfassers vorliegt. Im Fall in dem Privatpersonen private Chat-Nachrichten verbreiten, stehen sich keine unterschiedlichen Rechtsgüter gegenüber, die gegeneinander abgewogen werden müssen.
Der Privatperson, welche die private Chat-Nachricht teilt, kommt kein Grundversorgungsauftrag zu teil. Demnach muss der Verfasser vor Verbreitung in Kenntnis gesetzt werden und seine Einwilligung mitteilen.
Das Verbreiten von anonymisierten Nachrichten auch verboten?
Vor allem auf den sozialen Netzwerken werden oft Nachrichten geteilt, wo der Absender nicht zu erkennen ist. Das Profilbild, sowie der Name werden geschwärzt. In Fällen, wo gerade keine Einwilligung seitens des Absenders vorliegt und der Zweck der Veröffentlichung privater Nachrichtendarin liegt eine Situation beispielhaft darzustellen, ist es geboten die Nachricht insoweit zu anonymisieren, als dass eine Individualisierung nicht mehr möglich ist.
Ein Rückschluss auf den Verfasser darf nicht möglich sein. Selbst wenn das Profilbild und der Name des Versenders nicht erkennbar sind, ist doch der geschriebene Text zu sehen.
Damit besteht die Möglichkeit, dass Personen aus dem nahen bzw. engeren Umfeld erkennen könnten um wen es sich handelt und infolgedessen die Identität des Verfassers und die entsprechenden Informationen publik machen. Die Möglichkeit eines Rückschlusses auf den Verfasser wäre gegeben und die Verbreitung wäre auch als illegal einzustufen. Ob allein durch das schwärzen von Profilbild und Name ein ausreichender Schutz für den Verfasser geboten werden kann erscheint unter diesem Aspekt als fraglich.
Schutz nach Verbreitung eigener privater Chat-Nachrichten
Es gibt einige Möglichkeiten Schutz zu erhalten, nachdem private Chat-Nachrichten verbreitet wurden. Wie bereits erwähnt kommt eine anwaltliche Abmahnung oder ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung in Betracht. Als erster Schritt ist zu klären, welche Situation im Einzelfall gegeben ist. Umfassen die Nachrichten vom Inhalt her nur private Zwecke, die unter Freunden oder Kollegen, also nur in privaten Kreisen verbreitet werden, kommen vor allem zivilrechtliche Ansprüche gegen den Versender in Betracht.
Handelt es sich um einen Fall, wo es um die Verbreitung von intimem Bildmaterial geht, sind schwerwiegende Verstöße gegeben. Bei solchen Verstößen kann auch an Schmerzensgeld zu denken sein. Daneben gibt es Fälle, bei welchen es sich nicht um Nachrichten im privaten Kreis, sondern mit Behörden oder Unternehmen handelt. In solchen Konstellationen findet das Bundesdatenschutzgesetz Anwendung. Als Vorgehen wird folglich eine Beschwerde bei den Datenschutzbeauftragten eingereicht.
Sind private Nachrichten ausreichend geschützt?
Eigene Chat-Nachrichten müssen möglicherweise nicht unmittelbar geteilt werden, um im Persönlichkeitsrecht verletzt zu sein. Bereits das mittelbare teilen, durch den Verkauf von Daten stellt eine Beschränkung des Persönlichkeitsrechts dar. Als Nutzer von sozialen Netzwerken fragt man sich oft, ob die eigenen privaten Daten ausreichend geschützt sind. Solche Gedanken werden vor allem durch Datenskandale gefördert.
Gerade großen Unternehmen geht es darum, so viele Daten wie möglich zu sammeln, um die eigenen Produkte nach den Interessen möglicher Kund*innen optimieren zu können und um noch bestimmter filtern zu können, um nur die relevanten Zielgruppen anzusprechen. Diese benötigten Informationen werden gerade durch den Datenverkauf erlangt. Häufig ist der Fall gegeben, dass man sich gerade noch über ein bestimmtes Produkt mit einer Person über den Chat ausgetauscht hat und schon im nächsten Moment wird einem das Produkt auf einem anderen sozialen Netzwerk vorgeschlagen.
Aktuelles Fallbeispiel
Im Rahmen der investigativ Recherche vom ZDF Magazin Royal über den in den sozialen Netzwerken breitbekannten Fynn Kliemann, veröffentlichte die Redaktion zahlreiche private Chat-Nachrichten, Lieferscheine, E-Mails und Sprachnachrichten. Ausgangslage der Veröffentlichung, waren Hinweise über den Vorwurf des Maskenbetrugs durch Fynn Kliemann und seinem Geschäftspartner Tom Illbruck.
Inwieweit in diesem Rahmen Veröffentlichungen von privaten Chat-Nachrichten zulässig sind, ist Einzelfallabhängig. Zum einen ist das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu berücksichtigen, zum anderen die Vertraulichkeit des gesprochenen und geschriebenen Wortes, bzw. das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Vorliegend wird man jedoch von einem überwiegenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit ausgehen dürfen.
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