Die Markenrecherche und Ihre besondere Rolle beim Markenschutz
Eine Idee ist schnell gefunden, ein neues Produkt zu entwickeln dauert dafür in der Regel umso länger. Bis eine Ware oder Dienstleistung marktreif ist, können Jahre vergehen. Dies kostet Zeit und meist viel Geld. Umso wichtiger ist es für Anbieter von Waren oder Dienstleistungen, ihre Waren und Dienstleistungen vor Nachahmern zu schützen und eine eindeutige Zuordnung der Waren zu ihrem Unternehmen zu ermöglichen. Dies geschieht regelmäßig durch die Eintragung einer Marke. Welche Bedeutung der Markenrecherche auf diesem Weg zur Eintragung zukommt, soll dieser Beitrag klären.
Notwendigkeit einer Markenrecherche
Zunächst stellen Sie sich als Anbieter einer bestimmten Ware oder Dienstleistung die Frage, ob eine Markenrecherche überhaupt zwingend notwendig ist. Diese Frage lässt sich ganz klar mit einem „Nein“ beantworten. Weder das Markengesetz (MarkenG) noch das Deutsche Patent und Markenamt (DPMA) fordern, dass vor der Eintragung einer Marke eine Markenrecherche durch den Anmelder oder durch beauftrage Anwaltskanzleien zwingend notwendig ist. Gleiches gilt für die Anmeldung von Unionsmarken bei dem Europäischen Markenamt (EUIPO) nach der Unionsmarkenverordnung (UMV).
Empfehlung: Markenrecherche
Dennoch können wir nur empfehlen, vor der Anmeldung einer Marke – sei es eine nationale deutsche Marke oder eine Unionsmarke – eine Markenrecherche selbst durchzuführen oder noch besser durch eine hierauf spezialisierte Fachanwaltskanzlei für Gewerblichen Rechtsschutz durchführen zu lassen.
Ausgangspunkt: Prioritätsgrundsatz
Grund hierfür ist der sogenannte Prioritätsgrundsatz, der im Markenrecht gilt. Dieser besagt salopp ausgedrückt, dass diejenige Marke Vorrang genießt, welche zeitlich zuerst beantragt und zuerst eingetragen wurde (§ 6 Abs. 1 MarkenG). Nun kann eine neu eingetragene Marke in einem Konflikt zu einer bereits eingetragenen Marke stehen, wenn Sie eingetragen und benutzt wird, obwohl eine Verwechslungsgefahr zwischen dem älteren und dem jüngeren Kennzeichen besteht.
Verwechslungsgefahr
Eine Verwechslungsgefahr liegt immer dann vor, wenn die Herkunftsfunktion der prioritätsälteren Marke beeinträchtigt wird. Die Herkunftsfunktion ist hierbei die rechtlich wohl wichtigste Funktion einer Marke. Denn diese soll vor allem die Zuordnung von Waren und Dienstleistungen als zu einem bestimmten Betrieb gehörig ermöglichen.
„Eine Verwechslungsgefahr liegt dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen“
Liegt eine solche Verwechslungsgefahr vor, so kann der Inhaber des älteren Kennzeichenrechts innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke durch das Markenamt Widerspruch gegen die Eintragung und gegebenenfalls nach Ablauf der Widerspruchsfrist Löschung beantragen.
Die Verwechslungsgefahr ist nach gängiger Methodik in einem Dreischritt zu prüfen, wobei sich eine streng schematische Lösung in den meisten Fällen verbietet. Vielmehr stehen die nachfolgenden Prüfungspunkte in einer rechtlichen Wechselwirkung, so dass es auf eine Gesamtschau im konkreten Einzelfall ankommt.
Kennzeichnungskraft
Maßgeblich für eine Marke ist die Fähigkeit, die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Deshalb kommt es für die Beurteilung, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG oder Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV vorliegt, zunächst auf den Grad der Kennzeichnungskraft an. Ein Zeichen bzw. eine Marke ist umso schutzwürdiger, desto höher seine bzw. ihre Kennzeichnungs- und damit Unterscheidungskraft ist. Hat eine Marke hingegen nur eine geringere Kennzeichenkraft, so ist sie weniger schutzwürdig und die Anforderungen an den Grad der Ähnlichkeit der Zeichen und Waren/Dienstleistungen umso höher. Dabei wird ganz allgemein zwischen starker, normaler und schwacher Kennzeichnungskraft unterschieden. Die Kennzeichnungskraft ist umso höher, desto kreativer und eigensinniger das Zeichen ist.
Eine besonders starke Kennzeichnungskraft des Zeichens kann sich auch daraus ergeben, dass der oder die Rechteinhaber*in die Marke sehr stark im geschäftlichen Verkehr benutzt.
Zeichenähnlichkeit
Für die Beurteilung, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne des Markengesetzes oder der Unionsmarkenverordnung vorliegt, müssen ferner die älteren Marken und die einzutragende jüngere Marke miteinander verglichen werden. Die jüngere Marke ist dann gefährdet, wenn eine besonders hohe Zeichenähnlichkeit besteht.
Innerhalb der Zeichenähnlichkeit wird vor allem zwischen drei Dimensionen unterschieden.
Bildliche und schriftbildliche Ähnlichkeit:
Zeichen können bereits deshalb Ähnlich sein, weil sie ein ähnliches oder identisches Schriftbild (Wortmarken) oder Bild (Bild-Marken) aufweisen. So kann eine Verwechslungsgefahr auch dann vorliegen, wenn die Zeichen im Übrigen weder eine klangliche noch eine semantische Ähnlichkeit aufweisen.
Klangliche Ähnlichkeit:
Darüber hinaus gibt es auch die Fallgruppe der klanglichen Ähnlichkeit. Eine solche kommt insbesondere bei Wortmarken in Betracht. Trotz unterschiedlichen Schriftbildes kann bei ähnlicher Aussprache eine Verwechslungsgefahr begründet werden.
Ähnlichkeit im Sinngehalt:
Auch bei einem hohen Grad an Ähnlichkeit mit Blick auf den Sinngehalt der zu vergleichenden Zeichen kann eine Verwechslungsgefahr vorliegen. Dies gilt auch dann, wenn die zu vergleichenden Zeichen unterschiedlichen Markenarten angehören, also es sich bei der einen Marke um eine Wortmarke und bei der anderen Marke um eine Bild- oder Wort-Bild-Marke handelt.
Dabei genügt jedoch nicht die einfache Feststellung einer Ähnlichkeit als solche. Vielmehr wird in der Rechtsprechung zwischen verschiedenen Ähnlichkeitsgraden unterschieden. Zu unterscheiden ist dabei zwischen
- sehr geringer,
- geringer,
- durchschnittlicher,
- hoher und
- sehr hoher
Ähnlichkeit. Ein hoher Grad an Zeichenähnlichkeit kann dabei ein Defizit bei der Kennzeichnungskraft oder der Warenähnlichkeit ausgleichen.
Weitere Artikel zum Markenrecht
Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit
Gleiches gilt auch für den notwendigen Vergleich der unter den Marken angebotenen Waren und/oder Dienstleistungen. Sollte ein hoher Grad an Ähnlichkeit oder gar Identität bestehen, so wird in der Regel eine Verwechslungsgefahr anzunehmen sein.
Sind hingegen zwei Dienstleistungen miteinander zu vergleichen, so ist für die Beurteilung des Grades an Dienstleistungsähnlichkeit vor allem die Art und der Zweck der angebotenen Dienstleistungen sowie die Vorstellung des Verkehrs, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortung erbracht werden, maßgeblich.
Gedankliches Inverbindungbringen
Eine Verwechslungsgefahr kann auch dann vorliegen, wenn der angesprochene Adressatenkreis das eine Kennzeichen mit dem anderen Unternehmen gedanklich in Verbindung bringt. Dabei soll nach Ansicht des EuGH das gedankliche Inverbindungbringen gerade keine Alternative zur Verwechslungsgefahr darstellen, sondern den Umfang der „Verwechslungsgefahr“ weiter konkretisieren.[7] Dies bedeutet, dass das bloße gedankliche Inverbindungbringen ohne das Auslösen einer Verwechslung beim Rezipienten kein relatives Schutzhindernis begründet und daher auch nicht im Rahmen eines Widerspruchs vor dem DPMA oder der EUIPO geltend gemacht werden kann.
Keine Prüfung der Verwechslungsgefahr vor Eintragung
Das Problem, an das die Markenrecherche anknüpft, liegt nunmehr darin, dass sowohl die EUIPO als auch das DPMA (vgl. § 36 Abs. 1 MarkenG) vor der Eintragung lediglich prüfen, ob
- die Anmeldung der Marke den Erfordernissen für die Zuerkennung eines Anmeldetages genügt,
- die Anmeldung den sonstigen Anmeldeerfordernissen entspricht,
- die Gebühren in ausreichender Höhe gezahlt worden sind und
- der Anmelder Inhaber einer Marke sein kann.
Ebenfalls geprüft wird vom DPMA das Vorliegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 MarkenG. Die Verwechslungsgefahr gehört jedoch nicht zu den absoluten Schutzhindernissen, die in § 8 MarkenG (bzw. für das EUIPO Art. 7 Abs. 1 UMV) genannt sind.
Nicht vom Markenamt geprüft wird jedoch, ob die einzutragende Marke die Gefahr einer Verwechslung mit einer prioritätsälteren Marke begründet.
Aus diesem Grund obliegt es letztlich dem Anmelder vor der Anmeldung zu prüfen, ob seine einzutragende Marke womöglich gegen ältere Kennzeichenrechte verstößt und die Gefahr einer Verwechslung besteht.
Lösung: Markenrecherche
Um sich vor „bösen Überraschungen“ zu schützen, sollte vor einer Markenanmeldung – egal ob bei dem DPMA oder der EUIPO – daher eine Markenrecherche vorgenommen werden oder durch hierauf spezialisierte Kanzleien vorgenommen werden lassen.
Hierbei wird genau geprüft, ob identische oder ähnliche Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen bereits eingetragen sind und inwiefern die einzutragende Marke einen so hohen Grad an Ähnlichkeit aufweist, dass eine Verwechslungsgefahr vorliegt.
Mögliche Folgen einer unterlassenen Markenrecherche
Wird eine Marke aufgrund der fehlenden vorangegangenen Markenrecherche vom DPMA oder der EUIPO in das entsprechende Markenregister eingetragen, so besteht die Gefahr, dass sich Inhaber einer prioritätsälteren Marke gegen die jüngst eingetragene Marke wehren. Dies kann zur Folge haben, dass der Inhaber des älteren Kennzeichenrechts innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Eintragung Widerspruch (§ 42 Abs. 1 MarkenG bzw. Art. 46 Abs. 1 UMV) gegen die Eintragung einlegt oder die Löschung der Marke beantragt (§§ 51 Abs. 1, 53 Abs. 1 MarkenG bzw. Art. 63 Abs. 1 UMV). Um dies zu vermeiden und getätigte (u.a. finanzielle) Investitionen nicht im Sande verfließen zu lassen, sollte vor der Antragstellung auf Eintragung der Marke unbedingt eine Markenrecherche vorgenommen werden.
Markenrecherche in Eigeninitiative?
Gerade eine erste Identitätsrecherche kann bereits durch den künftigen Markeninhaber im Vorhinein vorgenommen werden. Hierbei kann gerade bei Wort- oder Wort-Bild-Marken in den Datenbanken des DPMA, der EUIPO und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) nach identischen älteren Markenrechten recherchiert werden.
Die reine Identitätskontrolle ist jedoch nur ein erster Schritt und beseitigt die mit der Verwechslungsgefahr bestehenden und oben aufgezeigten Risiken nicht vollständig. Daher sollte im Anschluss an die eigene Identitätskontrolle eine Fachanwaltskanzlei mit der genauen und umfassenden Ähnlichkeitsrecherche beauftragt werden.
Fazit
Im Ergebnis spricht vieles dafür, dass Personen und Unternehmen, die die Anmeldung einer deutschen Marke, einer Unionsmarke oder einer internationalen Marke (IR Marke) in Betracht ziehen, eine Markenrecherche vornehmen sollten.
Eine einfache erste Identitätsrecherche können die Anmelder*innen grundsätzlich selbst vornehmen. Diese genügt jedoch nicht, um Rechtssicherheit vor künftigen Einsprüchen oder Löschungsanträgen zu erhalten.
Daher sollte stets eine auf das Markenrecht spezialisierte Fachanwaltskanzlei mit einer umfassenden Ähnlichkeitsrecherche beauftragt werden. Dies gilt auch für Firmennamen, da diese als geschäftliche Bezeichnungen einen ähnlichen Schutz genießen wie klassische Marken (vgl. § 5 Abs. 1, 2 MarkenG).
Ihre Rechtsanwälte für Markenrecht
Wenn auch Sie vorhaben eine deutsche Marke, eine Unionsmarke oder eine IR-Marke eintragen zu lassen, dann unterstützen wir Sie gerne bei der vorgelagerten Identitäts- und Ähnlichkeitsrecherche sowie bei einer anschließenden Markenanmeldung der gewünschten Marke bei dem zuständigen Markenamt. Als Fachanwaltskanzlei für Gewerblichen Rechtsschutz kennen wir uns bestens im Markenrecht und insbesondere mit der Markenrecherche, der Markenanmeldung und der anschließenden Durchsetzung oder Abwehr von markenrechtlichen Ansprüchen aus. Kontaktieren Sie uns gerne. Unsere Vertretung erfolgt bundesweit.
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