„Tap Tags“ und Verlinkungen auf Instagram – Wie muss ich Instagram Werbung kennzeichnen?
Durch die Digitalisierung sind immer mehr Menschen immer schneller, häufiger und weiter mit anderen Personen vernetzt. Dazu gehören auch werbebasierte Instagram-Beiträge. Problematisch dabei: Die rechtlichen Anforderungen des Kennzeichnen von Instagram Werbung sind hingegen vielen unbekannt.
Welches Potential die sozialen Netzwerke – insbesondere der „Foto-Dienst“ Instagram – haben, haben die sog. Influencer*innen und Unternehmen für verschiedenste Waren und Dienstleistungen schon früh erkannt. Denn wo lässt sich besser werben, als in den sozialen Netzwerken, in denen die meisten Jugendlichen etliche Stunden am Tag verbringen.
Wer sind überhaupt diese „Influencer*innen“?
Der Begriff „Influencer*in“ kommt aus dem Englischen und ist kein geschützter Begriff. Nach dem Duden ist unter dem Begriff eine Person zu verstehen, die in den sozialen Netzwerken besonders bekannt oder einflussreich ist und bestimmte Werbebotschaften, Auffassungen ö.ä. vermittelt.
Häufig nutzen Unternehmen die Reichweite und den Einfluss der Influencer*innen auf vor allem junge Personen aus, um zielgerichtet Werbung zu betreiben. Hierbei schließen die Influencer*innen mit den Unternehmen entsprechende Kooperationsverträge. Diese können mal den Influencer*innen etwas Freiheit einräumen oder auch sehr spezifisch vorschreiben, wie der/die betroffene Influencer*in das Produkt oder eine Dienstleistung darzustellen und zu bewerben hat.
„Tap Tags“ und Verlinkungen
Häufig bedienen sich die Influencer*innen dabei der sog. „Tap Tags“ und anderer Verlinkungen, um beispielsweise ihre Instagram Werbung zu kennzeichnen. Um zu verstehen, was „Tap Tags“ sind ist es erforderlich zu wissen, dass Instagram eine „Foto-Plattform“ ist. Die Nutzer können hierbei Fotos oder kürzere Videos hochladen und diese um einen Text ergänzen.
„Tap Tags“ beschreiben hierbei eine Art der Verlinkung. Diese kann bei einem Bild oder Video hinterlegt werden. Klickt der Nutzer auf das Bild, dann erscheint der „Tap Tag“. Auf diesen kann dann wiederrum geklickt werden. Der Nutzer gelangt dann zu dem hinter dem „Tap Tag“ hinterlegten Instagram-Profil des Unternehmens.
Zudem sind aber auch einfache Verlinkungen auf Unternehmenswebseiten abseits von Instagram möglich. Durch einen Klick auf den Link wird der Nutzer dann von Instagram auf den Browser umgeleitet und die hinterlegte Webseite öffnet sich.
Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Social-Media und dem Wettbewerbsrecht?
Das Wettbewerbsrecht hat national vor allem zwei Ausprägungen. Zum einen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und zum anderen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Während das GWB vor allem den Wettbewerb zwischen den Marktteilnehmern reguliert, bezweckt das UWG unter anderem auch den Schutz der meist unerfahrenen Verbraucher vor Irreführungen durch die Marktteilnehmer.
Eine solche Irreführung kann unter anderem dann vorliegen, wenn Influencer*innen ihre Instagram Werbung falsch kennzeichnen. Bei fehlender Kennzeichnung eines Social-Media-Beitrags als „Werbung“ geht der Verbraucher irrig davon aus, dass der/die Influencer*In seine/ihre eigene subjektive Meinung – frei von äußeren Einflüssen – darstellt, obwohl dies gerade nicht der Fall ist.
„Tap Tags“ als geschäftliche Handlung
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des UWG und eine damit womöglich einhergehende Kennzeichnungspflicht ist § 2 UWG. Danach muss es sich bei der Verlinkung um eine geschäftliche Handlung iSv § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG handeln. Eine geschäftliche Handlung ist dabei „jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens“.
Geschäftliche Handlung zu Gunsten des eigenen Unternehmens
Zunächst ist denkbar, dass ein*e Influencer*in durch die Verwendung eines „Tap Tags“ eine Handlung zugunsten des eigenen Unternehmens vornimmt.
Voraussetzung hierfür ist, dass Influencer*innen überhaupt ein „Unternehmen“ in diesem Sinne betreiben. Dies ist bei bekannten Influencer*innen regelmäßig der Fall, sofern sie selbst Waren oder Dienstleistungen anbieten.
Hierzu führt der BGH aus:
„Mit dem Begriff des Unternehmens wird die organisatorische Einheit beschrieben, in der eine gewerbliche, handwerkliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit ausgeübt wird.
Eine gewerbliche Tätigkeit setzt ein selbstständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus.
Für Influencer gilt nichts anderes, sodass auch sie ein Unternehmen betreiben, sofern sie selbst Waren oder Dienstleistungen vertreiben
Eine geschäftliche Handlung zugunsten des eigenen Unternehmens durch Verwendung von „Tap Tags“ setzt dabei nach Ansicht des BGH keine Gegenleistung voraus. So führt der BGH in seiner „Influencer I“ – Entscheidung aus:
„Für die Annahme einer geschäftlichen Handlung ist der unentgeltliche Charakter des fraglichen Verhaltens unerheblich, sofern dieses der Förderung der gewerblichen Tätigkeit des Unternehmers dient."
Denn es sei einem/einer Influencer*in gerade inhärent, dass es um den Ausbau der eigenen Reichweite und des Bekanntheitsgrades geht.
Geschäftliche Handlung zu Gunsten eines fremden Unternehmens
Diese Grundsätze sind jedoch nicht auf die Frage übertragbar, wann eine geschäftliche Handlung zu Gunsten eines fremden Unternehmens vorliegt.
In diesen Fällen liegt durch die Verwendung von „Tap Tags“ eine geschäftliche Handlung iSd UWG nur dann vor, wenn
- der/die Influencer*in eine Gegenleistung erhält oder
- der Beitrag nach dem Gesamteindruck übertrieben werblich (z.B. nur lobende Worte ohne jegliche Kritik) ist.
Hierzu heißt es vom BGH:
„Auch wenn ein klassisches Medienunternehmen für eine scheinbar redaktionelle Veröffentlichung keine Gegenleistung von einem fremden Unternehmen erhält, kann es sich dennoch um eine geschäftliche Handlung zu Gunsten dieses Unternehmens handeln, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, also einen werblichen Überschuss enthält, sodass die Förderung fremden Wettbewerbs eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt“ (BGH I ZR 90/20 = MMR 2021, 875, 887, Rn. 60).
Voraussetzung dafür, dass es sich bei einer unentgeltlichen Handlung um eine geschäftliche Handlung zu Gunsten eines fremden Unternehmens handelt, ist also, dass der Beitrag übertrieben werblich ist, also einen werblichen Überschuss hat.
Ein solcher kann „vorliegen, wenn in dem Text des Instagram-Beitrags ein in dem Bild zur Schau gestelltes Produkt in werbetypisch euphorischer Weise angepriesen wird“ (BGH I ZR 90/20 = MMR 2021, 875, 887, Rn. 61).
Merke: Auch eine Handlung ohne Gegenleistung kann in den Anwendungsbereich des UWG fallen.
Bei „Tap Tags“ liegt in der Regel ein werblicher Überschuss vor. Maßgeblich sind dennoch die Umstände des Einzelfalls.
It’s all about the money – Wann liegt ein kommerzieller Zweck vor?
Beiträge mit Verlinkungen ohne entsprechende Kennzeichnung sind als Schleichwerbung nur dann gem. § 5a Abs. 6 UWG verboten, wenn die geschäftliche Handlung zu einem kommerziellen Zweck erfolgt.
Dabei ist es umstritten, wie das Kriterium des kommerziellen Zwecks zu bestimmen ist. Während die einen sagen, dass der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung immanent ist und daher stets vorliegt (vgl. Büscher/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 5a Rn. 199), sehen andere in dem Kriterium ein zusätzliches subjektives Merkmal (vgl. Jäger, Trennungs- und Kennzeichnungsgebot im Lauterkeitsrecht und Medienrecht, 2017, S. 295-297). Demnach sei der kommerzielle Zweck stets im Einzelfall positiv festzustellen.
Nach Ansicht des BGH ist diese Frage in der Praxis jedoch ohne Relevanz:
„Diese Frage bedarf keiner Entscheidung, da die genannten Ansichten in der praktischen Anwendung zu keinen unterschiedlichen Ergebnissen kommen (…). Auch wenn der kommerzielle Zweck im Ansatz auf die subjektive Motivation des Unternehmers abstelle, kann dies in der Praxis gleichwohl regelmäßig nur anhand objektiver Indizien bestimmt werden“.
Um zu ermitteln, ob ein kommerzieller Zweck vorliegt, sind nach dem BGH objektive Indizien maßgebend.
Hierzu zählen insbesondere die Verifikation des Benutzerprofils, die Anzahl der Likes und Follower sowie die Anzahl der Beiträge und ob diese regelmäßig privaten oder werblichen Inhalts sind.
So sollte man seine Beiträge kennzeichnen
Nachdem nun geklärt ist, dass „Tab Tags“ insbesondere bei Erhalt einer Gegenleistung kennzeichnungspflichtig sind, stellt sich die Frage, wie man betroffene Beiträge am besten kennzeichnet.
Bei „Tap Tags“ (diese sind meist im Bild hinterlegt) genügt nicht immer nur das bloße Wort „Werbung“ oder „Anzeige“ im Text neben oder unter dem Bild.
Ausreichend wäre eine solche Kennzeichnung nur, wenn das Wort „Werbung“ oder „Anzeige“ besonders hervorgehoben ist, z.B. durch einen Absatz, eine „fette“ Schrift oder farbliche Kennzeichnung.
Auf der sicheren Seite dürfte man sein, wenn die Kennzeichnung als „Werbung“ oder „Anzeige“ unmittelbar im Bild integriert ist und der angesprochene Nutzer auf den ersten Blick die Kennzeichnung der Instagram Werbung auch unmittelbar mit dem „Tap Tag“ in Verbindung bringt.
Befreit die Verifikation von der Kennzeichnungspflicht?
Auf nahezu allen Social-Media-Plattformen – so auch auf Instagram – ist es möglich, sein Profil zu „verifizieren“. Dies ist insbesondere bei Personen des öffentlichen Lebens möglich, die meist eine hohe Anzahl an Followern haben. Gekennzeichnet wird dies durch einen „blauen Haken“ neben dem Benutzernamen und in der Profil-Info.
Ob der „blaue Haken“ von der Kennzeichnungspflicht befrei, hängt vom Einzelfall ab. Er kann jedoch ein Indiz dafür sein, dass durchschnittliche Verbraucher gerade von Personen des öffentlichen Lebens geschäftliche Handlungen mit kommerziellem Zweck erwarten und deshalb der durchschnittliche Adressat durch eine fehlende Kennzeichnung nicht in die Irre geführt wird.
Gerade bei gemischten Beiträgen auf dem Profil (also sowohl werbliche als auch nicht werbliche Beiträge) befreit der „blaue Haken“ aber nicht zwingend vom Kennzeichnen der Instagram Werbung.
Bei nicht gemischten, sondern rein werblichen Beiträgen entfällt bei einem verifizierten Benutzerprofil regelmäßig die Kennzeichnungspflicht (vgl. BGH I ZR 125/20, Urt. v. 09.09.2021 – Influencer II)
Auch die professionelle Qualität von hochgeladenen Fotos, die Anzahl der Follower und der die Anzahl der Linkes können, unter Umständen dafür sprechen, dass es für den Verbraucher erkennbar war, dass die geschäftliche Handlung aus kommerziellen Zwecken erfolgte (BGH, Urt. v. 09.09.2021 – I ZR 125/20 = MMR 2021, 886, 889, 887, Rn. 37, 40).
Gilt das alles auch für (klassische) Verlinkungen auf die Unternehmenswebseite?
Anders als bei den „Tap Tags“ wird der Nutzer bei einer klassischen Verlinkung meist über den Internetbrowser auf die Webseite des beworbenen Unternehmens weitergeleitet.
Deshalb wird regelmäßig bei einer unentgeltlichen Verlinkung ein werblicher Überschuss angenommen, der nach der Rechtsprechung des BGH zu einer Kennzeichnungspflicht führt (s.o.).
Denn damit handelt es sich bei klassischen (wenn auch unentgeltlichen) Verlinkungen um eine geschäftliche Handlung iSd UWG.
Wenn mit der Verlinkung zudem ein kommerzieller Zweck verfolgt wird, ist eine solche Verlinkung entsprechend mit „Anzeige“ oder „Werbung“ zu kennzeichnen.
Auch hierzu hat der BGH bereits Stellung genommen:
„Auch wenn im Allgemeinen Verlinkungen zusätzliche Informationsquellen im Internet erschließen, gelangt der Leser des Instagram-Beitrags durch das Anwählen der Verlinkung direkt in den werblichen Einflussbereich des Herstellerunternehmens."
Die Annahme eines werblichen Überschusses ist regelmäßig nicht nur dann gerechtfertigt, wenn auf eine Internetseite verwiesen wird, über die das abgebildete Produkt erworben werden kann, sondern bereits bei Verweis auf eine Internetseite, die den Erwerb nicht unmittelbar ermöglicht.
In beiden Fällen kann eine hinreichende Förderung des Absatzes des Drittunternehmens darin liegen, dass der Zugang des Verbrauchers zu den Produkten des Drittunternehmens erleichtert und beschleunigt wird.“
Änderungen im Mai 2022
Mit der neuen Novellierung des UWG im Mai 2022 ergaben sich auch Änderungen und Klarstellungen mit Blick auf das Influencer-Marketing. Mit der Novelle wurde der Irreführungstatbestand wegen unterlassener Kennzeichnung von Werbung (sog. Schleichwerbung) im neuen § 5a Abs. 4 UWG geregelt.
Ein ausführlicher Überblick über die Änderungen im UWG ist hier zu finden.
a) Klarstellung, wann ein kommerzieller Zweck vorliegt
Zudem wird klargestellt, wann ein kommerzieller Zweck zu Gunsten eines fremden Unternehmens gerade nicht vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn der/die Influencer*in kein Entgelt und keine ähnliche Gegenleistung erhält. Zu den ähnlichen Gegenleistungen zählen vor allem Reisen, zugesendete Produkte, die genutzt oder behalten werden dürfen und Ähnliches.
b) Vermutung des kommerziellen Zwecks
Zu Lasten der Influencer*innen wird im Zweifel vermutet, dass mit einer geschäftlichen Handlung ein kommerzieller Zweck verfolgt wurde.
c) Widerlegbarkeit
Es liegt wegen der Vermutung des kommerziellen Zwecks an dem/der Influencer*in, zu widerlegen, dass ein kommerzieller Zweck vorlag. Hierzu muss er/sie darlegen, dass er/sie kein Entgelt und keine ähnliche Gegenleistung von Unternehmen bekommen hat.
Hierfür sind geeignet:
- eine eidesstattliche Erklärung des Influencers oder
- eine Erklärung des Unternehmens
Fazit
Ob eine Verlinkung oder ein „Tap Tag“ aus wettbewerbsrechtlicher Sicht kennzeichnungspflichtig ist, ist im Einzelfall zu bestimmen. Es muss dabei für den Verbraucher auf den ersten Blick erkennbar sein, ob eine Gegenleistung für die Verlinkung erfolgte.
Auch wenn keine Gegenleistung für eine Verlinkung erfolgt, kann eine Kennzeichnungspflicht bestehen, wenn der Beitrag einen werblichen Überschuss hat.
Von einer vorbeugenden extensiven Kennzeichnung aller Beiträge sollte in der Regel abgesehen werden.
Mit der UWG-Novelle müssen Influencer*innen gegebenenfalls die Vermutung des kommerziellen Zwecks einer geschäftlichen Handlung widerlegen.
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