Der Sportveranstaltungsvertrag
Bei dem Sportveranstaltungsvertrag handelt es sich um einen Vertrag zwischen dem Sportveranstalter und den Zuschauern. Bevorstehenden Sportveranstaltungen blickt man häufig mit Freude entgegen. Dabei ist jedes Sportereignis heute für den Veranstalter nicht mehr bloß eine organisatorische und wirtschaftliche, sondern auch rechtliche Herausforderung. Gerade die Frage, welche Verpflichtungen den Veranstalter treffen, ist von Bedeutung. Daneben aber auch die Frage, ob dem Zuschauer ein Erstattungs- oder Schadensersatzanspruch beim Ausfall der Veranstaltung zusteht oder auch, wenn andere Leistungsstörungen eintreten.
Kategorie des Sportveranstaltungsvertrages
Als Vertrag zwischen dem Sportveranstalter und den Zuschauern erscheint es naheliegend, den Sportveranstaltungsvertrag der Kategorie der Werkverträge zuzuordnen. Dabei entsteht eine gewisse Nähe zu Veranstaltungen von Theateraufführungen. Die Pflicht des Veranstalters verbindet die beiden Vertragsverhältnisse. Bei beiden Vertragsverhältnissen besteht die Pflicht des Veranstalters nicht darin, dem Zuschauer einen entgeltlichen Platz zu überlassen, sondern der Veranstalter schuldet dem Zuschauer die Herstellung eines Werkes. Die Qualität des Werkes wird mit der Vorführung eines von dem Platz des Zuschauers aus sichtbarem Sportgeschehens einer bestimmten Gattung umschrieben.
Indem darauf hingewiesen wird, dass im Falle einer nachträglichen Verhinderung der Veranstaltung dem Zuschauer ein Anspruch auf Rückzahlung des Eintrittsgeldes ermöglicht wird, wird die Einordnung der Sportveranstaltungsverträge in die Kategorie der Werkverträge untermauert. Eine solche Rechtsfolge ist typisch für Werkverträge. Hingegen ist die Verpflichtung der Sportler, die an der Veranstaltung teilnehmen, als Dienstleistung zu kategorisieren. Die Sportler dienen dem Veranstalter als Erfüllungsgehilfen, wie auch bei Theateraufführungen die Künstler. Dabei ist unbeachtlich, ob der Sportler als Arbeitnehmer des Veranstalters oder selbständig tätig wird.
Bei der Einordnung des Sportveranstaltungsvertrages in die Kategorie der Werkverträge werden allerdings die mietrechtlichen Aspekte außer Acht gelassen. Die Benutzung des dem Zuschauer zugewiesenen Platzes wird als Mittel zur Erfüllung des Werkvertrages eingeordnet. Außerdem sichert nicht nur die Qualifikation des Vertragsverhältnisses als Werkvertrag dem Zuschauer einen Anspruch auf Rückzahlung des Eintrittsgeldes. Auch die Qualifikation als Dienstvertrag würde dem Zuschauer einen solchen Anspruch sichern, falls die Veranstaltung ausfällt. In der Regel werden die Veranstaltungshindernisse nicht bei dem Veranstalter liegen.
Die Verpflichtung des Veranstalters
Dass der Veranstalter nicht selbst als Sportler auftritt, steht der Wertung des Sportveranstaltungsvertrages als Dienstvertrag nicht entgegen. Gemäß § 612 BGB ist der Veranstalter nur im Zweifel verpflichtet, die Dienste in eigener Person zu erbringen.
Regelmäßig ist der Fall gegeben, in dem sich der Veranstalter zu Diensten verpflichtet, sich beide Parteien allerdings von vornherein einig sind, dass diese Dienste von Dritten zu leisten sind. Die Erwartung der Zuschauer geht häufig über die bloße Zulassung zur Beobachtung einer Sportveranstaltung hinaus. Die Zuschauer erwarten, dass ihnen zumindest nach Tagesform sportliche Höchstleistungen der aktiven Teilnehmer, wenn nicht gar Weltrekorde oder der Sieg einer bestimmten Mannschaft geboten werden. Mithin sind die Erwartungen enttäuscht, falls die Sportler zwar die angekündigte Sportart betreiben, eine besondere Anstrengung aber nicht erkennbar ist.
Das seitens des Veranstalters geschuldete Werk mit den Kriterien „Rekord oder Gewinn einer bestimmten Mannschaft“ zu umschreiben wäre zweifelsfrei verfehlt.
Denn: Diese Erfolge liegen offensichtlich außerhalb des Machtbereichs des Veranstalters und können nicht nach Treu und Glauben als Teil eines werkvertraglichen Versprechens angesehen werden. Allerdings lässt sich das seitens des Veranstalters geschuldete Werk durchaus mit den Kriterien „Höchstleistungen nach Tagesform der Sportler“ umschreiben. Damit umgeht man die nähere Umschreibung des geschuldeten Werkes. Der Inhalt des geschuldeten Werkes lässt sich nämlich nie aus ex ante Sicht (im Voraus) feststellen. Die Veranstalter übernehmen die Verpflichtung zu Dienstleistungen, wenn „Höchstleistungen nach subjektiven Fähigkeiten“ versprochen werden. Es ist jedoch nicht pauschal bei allen Veranstaltern anzunehmen, dass sie Verpflichtungen dieses Inhalts eingehen – ganz im Gegenteil. Kaum ein Veranstalter wird sich ausdrücklich so weitreichend verpflichten.
Treu und Glauben bietet den Maßstab zu entscheiden, ob dem Veranstalter die Einstandspflicht dafür aufzuerlegen ist, dass die angekündigten Sportler auftreten und Höchstleistungen erbringen. Wird das für unzumutbar gehalten, so müsste die Verpflichtung des Veranstalters auf die Vorführung einer bestimmten Sportart oder gar auf die Pflicht zur Organisation eines bestimmten sportlichen Geschehens reduziert werden.
Maßgebliche Wertung
Ist der Inhalt einer Verpflichtung nicht ausschließlich anhand des vom Schuldner geäußerten Willens zu ermitteln, die Erklärung des Schuldners also auslegungsbedürftig, so kommt es maßgeblich auf die Konkretisierung des Auslegungsmaßstabs „Treu und Glauben“ an. Für die Auslegung der vom Veranstalter abgegeben Erklärung kommt folgendes Kriterium in Betracht: die Verteilung der Preisgefahr.
Die Verteilung der Preisgefahr regelt die Frage, in welchem Ausmaß es angemessen ist, dem Veranstalter den erhofften Gewinn zu entziehen und ihn mit dem Vorbereitungsaufwand zu belasten, falls die Veranstaltung aus irgendwelchen Gründen nicht zustande kommt. Außerdem sollten die Pflichten so bemessen werden, dass der Schuldner nicht mit unerträglichen Schadensersatzrisiken belastet wird. Das ist gerade da bedeutend, wo klar ist, dass der Schuldner den Bedarf des Gläubigers nur mit Hilfe Dritter zu decken vermag. Daneben hat der Schuldner auch für seinen Erfüllungsgehilfen einzustehen. Daher gehört es zur anerkannten Auslegungspraxis, den Kreis der Pflichten so zu umreißen, dass die Haftung für die Erfüllungsgehilfen zumutbar bleibt.
Damit ist es sachgerecht, mangels abweichender Anhaltspunkte die Pflichten des Veranstalters so auszuformulieren, dass sie sich im Wesentlichen auf den vom Schuldner beherrschbaren und kalkulierbaren Bereich erstrecken.
Welche Pflichten treffen den Veranstalter im Hinblick auf die räumlichen Verhältnisse?
Mit dem Abschluss des Veranstaltungsvertrages verspricht der Veranstalter zunächst dem Besucher, ihm die Möglichkeit zu verschaffen, die Sportveranstaltung zu beobachten. Dabei wird auch der Ort, von dem aus der Besucher die Veranstaltung verfolgen kann, mehr oder weniger deutlich angegeben. Grundsätzlich räumt der Veranstalter nicht nur einem Besucher, sondern gleichzeitig einer Vielzahl von Besuchern den Zugang zu den Zuschauerräumlichkeiten ein. Der Veranstalter hat Sorge dafür zu tragen, dass der einzelne Besucher die Möglichkeit hat, den ihm gebührenden Platz auch einnehmen zu können. Außerdem hat er auch Sorge dafür zu tragen, dass einzelne Zuschauer anderen Zuschauern den Blick auf das Sportgeschehen nicht verbauen. Des Weiteren erstreckt sich die Schutzpflicht des Veranstalters auch darauf, mit zumutbaren Kräften die Platzverhältnisse so auszugestalten, dass die Besucher vor Schäden an Gesundheit und Eigentum bewahrt bleiben.
Welche Pflichten treffen den Veranstalter im Hinblick auf die Sportveranstaltung?
Verfehlt wäre es, wenn eine Art Einheitsregelung gelten würde, also jeden Veranstalter den gleichen Pflichten im Hinblick auf den Ablauf der Sportveranstaltung zu unterwerfen. Es gibt unterschiedliche Kriterien, die zur Differenzierung führen: zunächst eine Differenzierung am Platz, ob das Eintrittsgeld aus Sicht des typischen Zuschauers der Gewinnerzielung oder lediglich der Abdeckung der aktuellen Kosten dient und die Beziehung zwischen dem Veranstalter und dem eingeladenen Verein. Die Differenzierung am Platz meint, ob die auftretenden Sportler Arbeitnehmer bzw. jedenfalls Mitglieder des Veranstalters sind oder ob sie als Arbeitnehmer des eingeladenen Vereins bzw. lediglich als Amateure auftreten. Tritt der eingeladene Verein gegen Entgelt auf, so begründet dies eine Ausdehnung der Pflichten des Veranstalters.
Folgen einer Leistungsstörung
Wie bereits oben erwähnt, kann es dazu kommen, dass eine Sportveranstaltung nicht stattfindet oder sonstige Leistungsstörungen eintreten. In solchen Fällen haben die Gläubiger, also hier die Besucher, verschiedene Möglichkeiten der Kompensation.
Ausfall der Veranstaltung
Erstattung der Eintrittsgelder
Sollte die Veranstaltung ausfallen, so hat der Veranstalter gem. § 323 Abs. 1, 3 BGB die Eintrittsgelder zurückzuzahlen. Dabei ist unbeachtlich, ob der Veranstalter den Ausfall zu vertreten hat oder nicht. Folglich trägt der Veranstalter das Risiko, dass der Platz unbespielbar ist, das Stadion vom Vermieter nicht zur Verfügung gestellt wird oder die Spielmannschaften nicht am Platz erscheinen.
Schadensersatzanspruch
Als ersatzfähiger Schaden kommen hier die Aufwendungen der Zuschauer in Betracht. Sollte unterstellt werden, dass diese Aufwendungen zur Kategorie der ersatzfähigen Schäden zählen, so treffen den Veranstalter entsprechende Ersatzpflichten, wenn ihn oder einen seiner Erfüllungsgehilfen am Ausfall der Veranstaltung ein Verschulden trifft. Zu dem Kreis der Erfüllungsgehilfen werden alle Personen hinzugerechnet, die der Veranstalter als Organisationsgehilfen eingesetzt hat.
Sollte ein Verschulden der aktiven Sportler vorliegen, muss sich der Veranstalter das nur zurechnen lassen, wenn die sportlichen Aktivitäten zu seinen Dienstpflichten gehören. Ein Veranstalter, der die Veranstaltung nicht professionell aufgezogen hat und keine Sportler beschäftigt, braucht mithin für ein Fehlverhalten der Sportler nicht auf Schadensersatz zu haften.
Für die Ordnung der Zuschauertribünen haftet der Veranstalter, gem. § 538 Abs. 1 BGB nicht. Sollte der Veranstalter eine Sportstätte gemietet haben, so ist der Vermieter regelmäßig nicht Erfüllungsgehilfe.
Was, wenn der Sportler eine mangelhafte Leistung erbringt?
Eine bestimmte Qualität der sportlichen Darbietungen gehört, wenn man davon absieht, dass etwa bei einem Fußballspiel nicht Handball gespielt werden darf und die angekündigten Mannschaften teilnehmen müssen, nicht zu den Eigenschaften des ,,Werkes“, das zu erstellen der Veranstalter versprochen hat.
Bleiben die Leistungen der Sportler hinter den ihnen möglichen Leistungen zurück, so kommt eine Haftung des Veranstalters nur dort in Betracht, wo er ein bestimmtes Verhalten im Hinblick auf die sportlichen Aktivitäten versprochen hat.
Nach den bisherigen Ausführungen ist von einer derartigen Verpflichtung auszugehen, falls die Veranstaltung auf Gewinn angelegt ist oder Arbeitnehmer als Sportler eingesetzt werden. In diesen Konstellationen ist es gerechtfertigt, dem Veranstalter eine schuldhafte Minderleistung der Sportler gemäß § 278 BGB zuzurechnen.
Der Fall der mangelhaften Sicht der Zuschauer
Wie bereits erwähnt, ist der Veranstalter dazu verpflichtet, dem Besucher einen Platz zur Verfügung zu stellen, von dem aus er das Sportgeschehen angemessen verfolgen kann. Sollte der Platz des Besuchers diese Anforderungen nicht erfüllen, so kann der Besucher gem. § 323 BGB sein Entgelt zurückfordern oder auch mindern.
Eine Sichtbeeinträchtigung kann auch darauf zurückzuführen sein, dass andere Zuschauer unberechtigt ihren Platz verlassen. Auch das AG Hannover hat dazu entschieden, dass die durch ein Vordrängen der Besucher verursachte Verschlechterung der Sicht einen Mangel darstellt, für den der Veranstalter ohne Rücksicht auf Verschulden einzustehen hat (AG Hannover, NJW 1981, S. 1219).
Verletzung von Besuchern
Auch zu den Pflichten des Veranstalters gehört, dafür zu sorgen, dass die Zuschauer während der Veranstaltung nicht verletzt werden. Dafür müssen die Zuschaueranlagen verkehrssicher ausgestaltet sein und es müssen ausreichend Ordnungskräfte bereitgestellt sein. Für Schädigungen von Besuchern durch andere Zuschauer haftet der Veranstalter nur, falls der Schaden durch die Art der Stadionanlagen oder das Verhalten des Ordnungsdienstes schuldhaft mitverursacht worden ist. Demgegenüber muss der Veranstalter dafür einstehen, dass Zuschauer durch sportliche Aktivitäten verletzt werden.
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