Persönlichkeitsrecht der Sportler – Zwischen Persönlichkeitsrecht und Medienprivileg
Das Persönlichkeitsrecht der Sportler weist einige Besonderheiten auf, welche der folgende Beitrag beleuchten soll. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt. Häufig gerät dies jedoch im Lichte von großen Sportveranstaltungen in den Hintergrund. Wohl kaum ein Zuschauer eines Sportgroßereignisses würde auf die Idee kommen zu hinterfragen, wie es mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der an dem Sportereignis beteiligten Personen bei der medialen Berichterstattung durch die Medien oder die Vereine selbst aussieht.
Wer ist Betroffen?
Bei der Berichterstattung durch den eigenen Verein (z.B. durch Video-Streams oder Highlight-Clips) oder durch Dritte besteht für die Teilnehmer an Sportveranstaltungen stets das Risiko, dass sie in ihrem Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG) oder dem verfassungsrechtlich verbürgten allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt sind.
Hiervon betroffen sind – entgegen des womöglich ersten Eindrucks – jedoch nicht nur die Profisportler*innen, sondern gleichermaßen auch andere an der Sportveranstaltung beteiligte Personen wie die Schiedsrichter.
Welche Relevanz hat das Persönlichkeitsrecht der Sportler für die Vereine und Presse?
Von besonderer Relevanz bei den Berichterstattungen über die Sportler*innen im Rahmen von Bild-, Video- oder Rundfunkübertragungen ist, dass die personenbezogenen Daten der Beteiligten (wie z.B. der Spieler und Schiedsrichter) erhoben, gespeichert und verwendet werden. Dies spielt eine wichtige Rolle auch mit Blick auf das nationale und europäische Datenschutzrecht, welches als Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht hergeleitet wird (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83, Rn. 146 f.).
Die Rolle der DSGVO
Die seit dem 25.05.2018 geltende EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) versucht das Recht auf informationelle Selbststimmung EU-weit zu harmonisieren und Betroffene besser vor Eingriffen zu schützen. Anknüpfungspunkt nach der DSGVO sind „personenbezogene Daten“.
Nach Art. 4 Nr. 1 sind „personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person […] beziehen“. Als „identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann“.
Gerade der in der Berichterstattung häufig eingeblendete oder genannte Name von Sportler*innen und Schiedsrichtern sowie deren Bildnisse sind personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO.
Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a) DSGVO ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten regelmäßig nur dann rechtmäßig, wenn eine Einwilligung der betroffenen Personen zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke erteilt wurde.
Gerade mit Blick auf Jugendsportler unter 18 Jahren ist zu berücksichtigen, dass die Einwilligungserklärung zusätzlich von erziehungsberechtigten Personen unterzeichnet werden muss.
Das Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG)
Darüber hinaus wird aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ebenfalls das Recht am eigenen Bild abgeleitet. An dieses ist immer dann zu denken, wenn eine Bildübertragung oder Bildberichterstattung vorliegt. Das Recht am eigenen Bild ist einfachgesetzlich in §§ 22, 23 KUG normiert. Nach § 22 dürfen „Bildnisse […] nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
Ausnahmen von dem Erfordernis der Einwilligung sieht hingegen § 23 Abs. 1 KUG vor. Danach sind insbesondere Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte von der Pflicht zur Einwilligung befreit. Ein zeitgeschichtliches Ereignis meint alle Frage, die von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse sind. Hierzu zählen grundsätzlich auch große Sportveranstaltungen. Anderes kann hingegen bei kleineren regionalen Sportveranstaltungen gelten.
Eine Rückausnahme hiervon liegt gem. § 23 Abs. 2 KUG nur dann vor, wenn ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Dann kann ausnahmsweise auch ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte nicht ohne Einwilligung verbreitet werden.
Mehr Rechtssicherheit durch das sog. „Medienprivileg“?
Damit ist festzuhalten, dass sowohl nach der DSGVO als auch nach dem KUG grundsätzlich eine Einwilligung erforderlich ist. Da dies aber regelmäßig mit einem erheblichen organisatorischen Aufwand einhergeht, sehen verschiedene Gesetze eine Ausnahme von der Einwilligungspflicht vor.
Diese greifen regelmäßig dann, wenn es sich um eine journalistische Berichterstattung handelt. Insofern wird die Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 10 EMRK berücksichtigt. Denn schon nach der Auffassung des BVerfG ist die Meinungs- und Pressefreiheit ein schlichtweg konstituierendes Element eines freiheitlich demokratischen Staates (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.01.1958 – 1 BvR 400/51, Rn. 31).
Die Bedeutung des Medienprivilegs umschrieb der BGH sehr zutreffend mit folgenden Worten: „Ohne die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten auch ohne Einwilligung der jeweils Betroffenen wäre journalistische Arbeit nicht möglich; die Presse könnte ihre in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 2 ERK, Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der EU zuerkannten und garantierten Aufgaben nicht wahrnehmen“ (BGH Urt. v. 01.02.2022 – VI ZR 345/09; vgl. auch MMR-Aktuell 2011, 316238).
Das Medienprivileg in der DSGVO
Ganz allgemein ist das Medienprivileg in Art. 85 DSGVO geregelt. Art. 85 Abs. 1 DSGVO schreibt dabei vor, dass die Mitgliedstaaten das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in Einklang zu bringen haben (sog. Öffnungsklausel).
So heißt es in Art. 85 Abs. 1 DSGVO:
„Für die Verarbeitung, die zu journalistischen Zwecken (…) erfolgt, sehen die Mitgliedstaaten Abweichungen oder Ausnahmen“ von den Grundsätzen (s.o.) vor.
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Medienprivilegs ist damit die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu journalistischen Zwecken.
Die nationale Ausgestaltung des Medienprivilegs findet seine Grundlagen hingegen im Rundfunkstaatsvertrag (RStV) und in den jeweiligen Landespressegesetzen.
Printmedien
Das Medienprivileg ist für Presseerzeugnisse (Printmedien) in den jeweiligen Pressegesetzen der Bundesländer normiert. Presse meint dabei alle zur Verbreitung an einen unbestimmten Personenkreis bestimmte Druckerzeugnisse.
Für Berlin ist das Medienprivileg in § 19 Abs. 1 PresseG Bln geregelt. Auch hier ist der Anknüpfungspunkt die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zu journalistischen Zwecken. Nach der Rechtsprechung des BGH werden Daten
„dann zu journalistisch-redaktionellen Zwecken verarbeitet, wenn die Zielrichtung in einer Veröffentlichung für einen unbestimmten Personenkreis besteht. Es muss die Absicht einer Berichterstattung i.S. des Art. 5 I 2 GG […] gegeben sein. Denn nur die Tätigkeiten, die der Erfüllung der Aufgaben einer funktional verstandenen Presse bzw. des Rundfunks dienen, werden vom Medienprivileg erfasst“ (BGH, Urt. v. 15.12.2009 – VI ZR 227/08 = BGH NJW 2010, 757 (760)).
Rundfunk
Auf Berichterstattungen im Rund- und Hörfunk ist das Pressegesetz natürlich nicht anwendbar, da es sich bei der Presse nur um Druckerzeugnisse handelt. Deshalb bedurfte es der Parallelnorm des § 57 Abs. 1 S. 4 RStV.
Können auch Dritte journalistisch tätig sein?
Auch wenn man auf den ersten Blick mutmaßen möchte, dass das sog. Medienprivileg ausschließlich auf große Medienhäuser Anwendung findet, ist dem jedoch nicht so. Das Medienprivileg ist grundsätzlich weit auszulegen, sodass auch Laien und Freelancer sich auf das Medienprivileg berufen können.
Voraussetzung ist allein, dass die Tätigkeit einem journalistischen Zweck dient. Das Medienprivileg ist damit nicht nur an große Presse- und Medienunternehmen geknüpft. Auf die Frage, wer sich auf das Medienprivileg berufen kann, kommt es daher nicht auf die Veröffentlichungsform, sondern ausschließlich auf die publizistische Tätigkeit an.
Somit kann auch der Verein selbst – ohne das Persönlichkeitsrecht der Spieler*innen zu verletzen – zu journalistischen Zwecken auf der eigenen Homepage o.ä. mit Videoaufnahmen von Spielen berichten.
Handelt der Verein jedoch in werbender oder kommerzieller Absicht, dann greift das Medienprivileg nicht. Es ist dann zwingend die Einwilligung der Spieler*innen einzuholen.
Auf der sicheren Seite dank Einwilligungserklärung
Ohnehin ist mit Blick auf die Rechtssicherheit und Beweisbarkeit in späteren (ggf. gerichtlichen) Auseinandersetzungen zu der Einholung einer Einwilligungserklärung der betroffenen Spieler*innen zu raten.
Eine Einwilligung ist in jedem Fall dann einzuholen, wenn ohnehin nicht journalistische Zwecke verfolgt werden, sondern es um die (ggf. werbende) Selbstdarstellung des Vereins durch Fotos und Berichte über Vereinsfeiern, Siegerehrungen oder ähnliches geht.
Die Einwilligung sollte stets schriftlich eingeholt und gut archiviert werden, denn nach Art. 7 Abs. 1 DSGVO hat stets der Verantwortliche das wirksame Bestehen einer Einwilligungserklärung nachzuweisen.
Ansprüche bei Rechtsverletzungen
Wurden personenbezogene Daten (Name, Bildnis u.ä.) erhoben und fällt die Erhebung, Nutzung und Verwendung nicht unter das Medienprivileg, dann ist die (Bild-)Berichterstattung alleine unter den Voraussetzungen der DSGVO möglich.
Sofern eine solche Einwilligung der Betroffenen nicht vorliegt, stehen dem Betroffenen verschiedene Ansprüche zur Verfügung.
Zunächst hat der von der Datenerhebung und -verarbeitung betroffene vor allem das Recht auf Auskunft (Art. 15 DSGVO), Berichtigung (Art. 16 DSGVO) und Löschung (Art. 17 DSGVO) seiner Daten.
Nach allgemeinen Grundsätzen kann der Betroffene auch Unterlassung der persönlichkeitsrechtsverletzenden „Berichterstattung“ nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB iVm Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG verlangen. Gerade bei Profisportlern kommt bei der Verbreitung ihrer Bildnisse ein (materieller) Schadensersatz nach §§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 22 KUG in Betracht. Nach der sog. Lizenzanalogie kann der Profisportler hier die Lizenzgebühr, die er üblicherweise für solche Bilder erhält, als Schadensersatz verlangen.
Eine Geldentschädigung ist hingegen nur dann möglich, wenn die Persönlichkeitsrechtsverletzung besonders schwer wiegt. Denn im deutschen Rechtssystem hat die Entschädigung alleine eine kompensatorische Funktion und soll nur in den Fällen des § 253 Abs. 1 und 2 BGB möglich sein. Dort ist die Persönlichkeitsrechtsverletzung jedoch nicht aufgezählt. Ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung besonders schwer wiegt ist im Rahmen einer Gesamtabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände (insbesondere dem Gegenstand, dem Kontext und dem Verbreitungsgrad) zu ermitteln.
Podcast
In der 5. Folge meines Podcasts ,,Der Medienanwalt“ spreche ich über die besonderen Teilbereiche und Elemente des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Hört gerne rein!
Fazit
Damit lässt sich festhalten, dass auch Vereine bei der Erhebung, Nutzung, Verbreitung und Verwendung von personenbezogenen Daten Vorsicht walten lassen müssen.
Eine Ausnahme im Rahmen des sog. Medienprivilegs gilt jedoch dann, wenn journalistische Zwecke verfolgt werden.
In anderen Fällen sollte stets die Einwilligung des/der betroffenen Sportler*in eingeholt werden.
Ihre Anwälte für Medien-, Presse- und Sportrecht
Wenn auch Sie als Amateur- oder Profisportler*in von der gegebenenfalls persönlichkeitsrechtsverletzenden Erhebung, Speicherung oder Verwendung Ihrer personenbezogenen Daten durch Ihren Verein betroffen sind, dann kontaktieren Sie uns gerne.
Unsere auf das Medien-, Presse- und Sportrecht spezialisierte Kanzlei verfügt über jahrelange Erfahrung bei der Geltendmachung und Abwehr von äußerungsrechtlichen und persönlichkeitsrechtlichen Ansprüchen. Die Vertretung erfolgt bundesweit.
Titelbild: © Augustas Cetkauskas/AdobeStock