LG München I: „Gollum“ kann rechtswidrige Beleidigung darstellen
Welche Bezeichnungen unter welchen Umständen eine Beleidigung darstellen und deshalb das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen verletzen, ist nicht immer leicht zu bestimmen. Daher ist es für die Praxis umso wichtiger, dass Gerichte eine bestimmte Bezeichnung als Beleidigung einstufen.
So nun auch das LG München I in seinem Beschluss vom 14.11.2022 (Az. 25 O 12738/22) hinsichtlich der Bezeichnung als „Gollum“. Dem Antragsteller stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu.
Was war geschehen?
Ausgangspunkt der Entscheidung des LG München I war die Bezeichnung eines Wissenschaftlers in einem Flyer einer Bürgerbewegung als „Gollum“. Der Flyer wurde in der Öffentlichkeit verteilt.
Um eine rechtliche Würdigung vornehmen zu können, ist es zweckmäßig und notwendig, sich mit der Bedeutung des Begriffs „Gollum“ auseinanderzusetzen. Dies tat auch das LG München I. Der Begriff „Gollum“ dürfte vielen Fans der Fantasieromane „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ bekannt sein.
Der „Gollum“ ist ein Fantasiewesen, das aufgrund seiner Charaktereigenschaften und der optischen Darstellung weitgehend negativ konnotiert ist.
Der Wissenschaftler, respektive der Antragsteller, begehrte nunmehr vom LG München I, der Bürgergemeinschaft die weitere Bezeichnung als „Gollum“ zu untersagen. Ein solcher Unterlassungsanspruch ergibt sich regelmäßig aus §§ 1004 Abs. 1, 823 BGB (analog) i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.
Die Entscheidung des LG München I
In seiner Entscheidung stufte das LG München I die Bezeichnung „Gollum“ gleich aus dreierlei Gründen als persönlichkeitsrechtsverletzend ein:
Unzulässige Meinungsäußerung
Zunächst handle es sich bei der Bezeichnung als „Gollum“ um eine Meinungsäußerung, da es sich um eine Äußerung handelt, die von subjektiven Elementen der Stellungnahme und des Dafür- oder Dagegenhaltens geprägt sei. Eine Meinungsäußerung ist aufgrund der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG grundsätzlich zulässig.
Eine Unzulässigkeit kann jedoch ausnahmsweise dann vorliegen, wenn die Äußerung bei einer Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) als ehrverletzend einzustufen und dem Persönlichkeitsrecht der Vorrang einzuräumen ist.
Nach Ansicht des LG München I sei die Äußerung wegen der negativen Konnotation eine Herabsetzung der Person des Antragstellers, der jeder Sachbezug fehle.
Sofern Tatsachenbehauptung, so sei diese unwahr
Sofern die Bezeichnung als „Gollum“ nicht als Meinungsäußerung, sondern vielmehr als Tatsachenbehauptung eingestuft werden sollte, so falle die Äußerung auch dann unter das Verbietungsrecht des Antragstellers.
Denn unwahre Tatsachenbehauptungen hat die betroffene Person unter keinen Umständen hinzunehmen. Sofern „Gollum“ zum Ausdruck bringen solle, dass der Antragsteller nicht über eine entsprechende wissenschaftliche Bildung verfüge, so sei dies unwahr, da eine hinreichende wissenschaftliche Bildung nachgewiesen worden sei.
Keine Satire
Insbesondere stelle die Äußerung auch keine Satire dar. Für Satire sei wesensprägend, dass ein Missstand angeprangert oder ein Widerspruch zwischen Anspruch und Realität aufgedeckt werde. Beides sei vorliegend nicht der Fall.
Fazit
Bei der Prüfung der (Un-)Zulässigkeit einer Äußerung ist i.R.v. Meinungsäußerungen eine Abwägung zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 abs. 1 GG) vorzunehmen.
Bei der Bezeichnung „Gollum“ fällt diese Abwägung wegen der negativen Konnotation regelmäßig zugunsten des Persönlichkeitsrechts aus.
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