OLG Düsseldorf zu Tonaufnahmen bei Gesprächen mit der Polizei
Immer wieder kommt es am Rande von Versammlungen oder anderen Polizeieinsätzen zu konfrontativen Auseinandersetzungen zwischen Bürgern und der Polizei. Um sich vor rechtswidrigem Polizeiverhalten schützen zu können und im Falle eines Verfahrens Beweise zur Hand zu haben, greifen immer häufiger Betroffene von polizeilichen Maßnahmen zum Handy, filmen das Geschehen oder nehmen zumindest den Gesprächsinhalt auf.
Ob die Betroffenen sich wegen Verletzung des gesprochenen Wortes nach § 201 StGB strafbar machen, ist schon häufiger Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen gewesen. Kürzlich hatte nun auch das OLG Düsseldorf Gelegenheit, sich zu dieser streitbefangenen Frage zu äußern.
Was war geschehen?
Dem Fall vor dem OLG Düsseldorf lag folgender Sachverhalt zugrunde: Während einer Versammlung am 18.11.2020 in Wuppertal unter dem Motto „Demokratie, Grundgesetz, Verabschiedung neues Infektionsschutzgesetz“ wurde die Angeklagte von Polizisten auf die mögliche Verletzung des Vermummungsverbots angesprochen.
Dies deshalb, weil die Angeklagte wegen winterlicher Temperaturen eine Kapuze und den zum damaligen Zeitpunkt verpflichtenden Mund-Nasen-Schutz trug. Um das Gespräch in Ruhe führen zu können, gingen die Polizisten zusammen mit der Angeklagten zu einem Ort etwas abseits der Versammlung, wobei auch die ruhigere Stelle noch stark von Versammlungsteilnehmern frequentiert war.
Sodann zückte die Angeklagte ihr Smartphone und startete eine Videoaufzeichnung, wobei sie nur den Boden filmte, sodass nur die Stimmen der Polizeibeamten zu hören waren, nicht jedoch deren Bildnisse aufgezeichnet wurden.
Gang des Verfahrens
Den von der Staatsanwaltschat Wuppertal wegen Verletzung des § 201 StGB beantragten Strafbefehl erließ das AG Wuppertal jedoch nicht und sprach im Ergebnis die Angeklagte vom Vorwurf des § 201 StGB frei. Hiergegen wehrte sich die Staatsanwaltschaft mit der Revision zum OLG Düsseldorf.
Anmerkung: Das Strafbefehlsverfahren (§§ 407 ff. StPO) ermöglicht bei Vergehen für die das Schöffengericht oder der Strafrichter zuständig wären, eine schnelle Erledigung ohne eine mündliche Verhandlung. Gegen einen erlassenen Strafbefehl kann Einspruch (§ 410 StPO) eingelegt werden.
Voraussetzungen des § 201 StGB
Der Straftatbestand des § 201 StGB schützt die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes und ist damit Ausdruck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG). Mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder eine so hergestellte Ausnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.
Das „nichtöffentlich“ gesprochene Wort
Dreh- und Angelpunkt der gerichtlichen Entscheidungen ist immer wieder die Frage, wann das gesprochene Wort der Polizeibeamten „nichtöffentlich“ ist, da dies Voraussetzung für die Strafbarkeit nach § 201 StGB ist.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf
Auch das OLG Düsseldorf spricht die Angeklagte vom Vorwurf des § 201 StGB frei. Hierzu führt es zunächst aus, was unter dem „nichtöffentlich gesprochenen Wort“ zu verstehen ist:
Als ‚nichtöffentlich gesprochene(s) Wort‘ im Sinne von § 201 StGB ist jede nicht an die Allgemeinheit gerichtete Äußerung aufzufassen, die nicht über einen durch persönliche oder sachliche Beziehungen abgegrenzten Personenkreis hinaus ohne Weiteres wahrnehmbar ist.
Entscheidend sind die Abgeschlossenheit des Zuhörerkreises und die Kontrollmöglichkeit über die Reichweite der Äußerung. Für die Frage der Nichtöffentlichkeit ist daher vor allem – aber nicht allein – der Wille des Sprechers von Bedeutung. Daneben kommt es auch auf „Zweck und Eigenart“ der Unterredung an (vgl. Fischer, StGB, 69. Aufl., § 201 Rn. 3 und 4 unter Hinweis auf BGHSt 31, 304).
Vom Sprecher unbemerkte Zuhörer können zu einer „faktischen Öffentlichkeit“ führen, wenn die Äußerung unter Umständen erfolgt, nach denen mit einer Kenntnisnahme durch Dritte gerechnet werden muss“(OLG Düsseldorf, Urt. v. 04.11.2022 – 3 RVs 28/22 = openJur 2022, 20725 Rn. 13).
Nach Auffassung des OLG Düsseldorf kommt es nicht allein auf den Willen der Polizeibeamten an. Das gesprochene Wort ist auch dann nicht „nichtöffentlich“, wenn die Polizeibeamten aufgrund der äußeren Umstände damit rechnen müssen, dass Dritte das Gespräch mitbekommen könnten (sog. „faktische Öffentlichkeit“.
So lag der Fall auch hier, da es sich um einen von Versammlungsteilnehmern stark frequentierten Ort handelte.
Fazit
Bei der Aufzeichnung des gesprochenen Wortes von Polizeibeamten ist stets Vorsicht geboten. Hiervon sollte insbesondere dann abgesehen werden, wenn es sich um einen ruhigen Ort handelt, bei dem die Beamten objektiv nicht damit rechnen müssen, dass Dritte dem Gespräch „lauschen“ könnten.
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