Wie Sportler sich bei rufschädigender Berichterstattung wehren können
Immer wieder liest man in den Medien von Dopingfällen, angeblichen Skandalen und Einblicken in das Privatleben von Sportlern. Die Medien wollen mit den reißerischen Schlagzeilen das Interesse der Öffentlichkeit wecken und eine möglichst hohe Auflage erzielen. Die Rechte der Sportler geraten dabei in Vergessenheit. Negative Berichterstattungen wirken sich schnell auf den Ruf der Sportler aus. Ausbleibende Sponsoren- und Werbeverträge sorgen für einen Knick in der Karriere. Sportler sind bei rufschädigender Berichterstattung aber nicht schutzlos gestellt.
Rechte der Sportler
Negative Wort- und Bildberichterstattungen können leicht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) der Sportler verletzen. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt vor allem die Privat- und Intimsphäre der Sportler. Diese wird häufig durch ehrverletzende Äußerungen oder heimliche Bild- und Tonaufnahmen der Sportler in der Berichterstattung verletzt.
Dabei sind Formalbeleidigungen und Schmähkritik, bei der die Diffamierung der Sportler im Vordergrund steht, stets unzulässig. Lediglich überspitzte Formulierungen in der Berichterstattung reichen dagegen in der Regel nicht aus, um in das Persönlichkeitsrecht der Sportler einzugreifen.
Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Sportler außerdem vor Falschmeldungen oder fehlerhaften Darstellungen. So können beispielsweise aus dem Zusammenhang gerissene Äußerungen eines Sportlers oder falsche Zitate in das Persönlichkeitsrecht eingreifen.
Rechte der Medien
Die Medien können sich auf der anderen Seite auf die Meinungsfreiheit, sowie die Presse- und Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Elementare Aufgabe der Presse ist es, die Öffentlichkeit frei und unabhängig zu informieren. Die Ausgestaltung ihrer Berichterstattung ist den Medien demnach grundsätzlich selbst überlassen. Diese Freiheit findet jedoch ihre Grenzen, wenn in die Rechte Einzelner eingegriffen wird.
Abwägung der Rechtspositionen
Bei der Wort- und Bildberichterstattung kollidieren die Rechte der Sportler mit den Rechten der Medien. Sowohl das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, als auch die Medienfreiheiten werden nicht uneingeschränkt gewährt. Die Rechte des Sportlers müssen daher für jeden Einzelfall mit den Rechten der Medien abgewogen werden.
Zunächst sind Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen voneinander abzugrenzen. Tatsachenbehauptungen sind solche Zustände oder Vorgänge aus der Gegenwart und der Vergangenheit, die dem Beweis zugänglich sind. Wohingegen Meinungsäußerungen durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt werden. So ist beispielsweise die Bezeichnung eines Sportlers als „Dopingsünder“ eine Tatsachenbehauptung. Die Aussage, ein Sportler habe „miserabel gespielt“ stellt wiederum eine Meinungsäußerung dar.
Sportler müssen Berichterstattungen über wahre Tatsachen grundsätzlich hinnehmen, auch wenn sie dadurch ggf. in ein schlechtes Licht gerückt werden. Die Verbreitung von unwahren Tatsachenbehauptungen ist dagegen stets unzulässig, wenn die Erheblichkeitsschwelle überschritten ist.
Verdachtsberichterstattung
Besonders unangenehm wird es für Sportler, wenn von einem Dopingverdacht oder dem Verdacht einer sonstigen Straftat berichtet wird. Dadurch können erhebliche Schäden für den Ruf und die Karriere eintreten. Für die Verdachtsberichterstattung gelten daher besonders strenge Maßstäbe, an die die Medien sich halten müssen.
Mindestbestand an Beweistatsachen
Zunächst muss ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegen. Wie verdichtet die Beweislage sein muss, hängt von dem konkreten Verdacht ab. Je schwerer die vorgeworfene Tat wiegt, desto mehr Beweise müssen vorliegen, um eine identifizierende Verdachtsberichterstattungen zu rechtfertigen. Das bloße Vorliegen einer Strafanzeige oder eines Strafantrags und selbst die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft genügen in der Regel nicht. Denn die Staatsanwaltschaft ist schon bei Vorliegen eines bloßen Anfangsverdachts verpflichtet Ermittlungen einzuleiten. Die Verdachtsberichterstattung unter Namensnennung des Sportlers kann aber erst gerechtfertigt sein, wenn sich dieser Verdacht erhärtet hat.
Keine Vorverurteilung
Die Sportler dürfen durch die Verdachtsberichterstattung nicht vorverurteilt werden. Die Zuschauer bzw. Leser dürfen nicht den Eindruck gewinnen, dass der Sportler der vorgeworfenen Tat bereits überführt wurde. Ein Bericht über einen Dopingverdacht nach einer positiven A-Probe, in dem nicht erwähnt wird, dass das Ergebnis der B-Probe noch aussteht, ist wegen der präjudiziellen Darstellung unzulässig.
Möglichkeit zur Stellungnahme
Die Medien müssen dem betroffenen Sportler vor der Berichterstattung die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen. Für den Sportler muss dabei erkennbar sein, welche konkreten Vorwürfe ihm gemacht werden. Nur so hat er die Möglichkeit, detailliert auf diese zu antworten. In der späteren Berichterstattung dürfen dann auch nur diese Vorwürfe auftauchen.
Öffentliches Informationsinteresse
Schließlich muss ein öffentliches Informationsinteresse an der Verdachtsberichterstattung bestehen. Dieses liegt in der Regel vor, wenn die Vorwürfe besonders schwer wiegen.
Letztendlich ist die Zulässigkeit der Verdachtsberichterstattung immer eine Frage des Einzelfalls. Auch bei Vorliegen der vorgenannten Kriterien ist eine umfassende Abwägung der Rechtspositionen vorzunehmen.
Ansprüche der Sportler
Sportler sind gegen die Verletzung ihres Allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei rufschädigender Berichterstattung nicht schutzlos gestellt. Es kommen verschiedene Ansprüche in Betracht.
Unterlassung
Gegen persönlichkeitsrechtsverletzende Berichterstattungen steht dem Sportler ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu. So kann die Verbreitung der rufschädigenden Berichterstattung über den Sportler gestoppt werden. Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch ist das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Durch die erstmalige Verletzung des Persönlichkeitsrechts wird die Wiederholungsgefahr indiziert. Sie kann nur durch die Abgabe einer hinreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden.
Liegt noch gar keine Rechtsverletzung vor, weil der Beitrag zum Beispiel noch nicht veröffentlicht wurde, kann der Unterlassungsanspruch im Einzelfall auch vorbeugend geltend gemacht werden. Voraussetzung hierfür ist das Bestehen einer Erstbegehungsgefahr. Diese liegt vor, wenn der Sportler Kenntnis von einer konkreten, zeitnah bevorstehenden Berichterstattung erlangt.
Aufgrund der in der Regel bestehenden Dringlichkeit kann der Unterlassungsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden.
Gegendarstellung
Gegen Tatsachenbehauptungen in Berichterstattungen steht Sportlern ein Anspruch auf Gegendarstellung zu. Die Tatsachenbehauptung muss dabei nicht unwahr sein. Der Gegendarstellungsanspruch ergibt sich aus dem jeweiligen Landespressegesetz.
Die Gegendarstellung ist eine eigene Erklärung des Sportlers. Ihm wird somit die Möglichkeit eingeräumt, seine Sicht der Dinge darzulegen. Die Gegendarstellung muss an gleicher Stelle und in ähnlicher Aufmachung wie die Berichterstattung, auf die sie sich bezieht, veröffentlicht werden.
Widerruf
Im Gegensatz zur Gegendarstellung ist der Widerruf eine Erklärung des Medienunternehmens. Der Anspruch des Sportlers auf Widerruf ergibt sich aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG. Da der Widerruf einen starken Einschnitt in die Medienfreiheit darstellt, ist er nur gegen unwahre Tatsachenbehauptungen zulässig.
Auf ein Verschulden des Medienunternehmens kommt es nicht an. Die Wahrheitswidrigkeit der Tatsache muss im Zeitpunkt der Berichterstattung vorliegen. In Abgrenzung dazu ist eine Richtigstellung einschlägig, wenn sich die Tatsachenbehauptung erst im Nachhinein als falsch erweist.
Schadensersatz
Soweit dem betroffenen Sportler durch die Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein materieller Schaden entsteht, hat er gemäß § 823 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Schadensersatz. Der Anspruch auf Schadensersatz setzt zumindest fahrlässiges Verschulden des Medienunternehmens voraus. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns kommt zum Beispiel in Betracht, wenn ein Sponsorenvertrag aufgrund einer Verdachtsberichterstattung über einen unbestätigten Doping-Fall vorzeitig beendet wurde.
Geldentschädigung
Eine Entschädigung in Geld aus § 823 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG aufgrund immaterieller Schäden kommt nur bei besonders schwerwiegenden Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Betracht. Die Geldentschädigung ist sogenannte „ultima ratio“.
Der Anspruch steht dem Sportler nur dann zu, wenn sich die erlittenen Schäden nicht auf andere Weise ausgleichen lassen. Erforderlich ist zudem ein schweres Verschulden des Medienunternehmens. Die Geldentschädigung dient dabei auch der Genugtuung des Verletzten. Es muss eine umfangreiche Abwägung der Rechtspositionen vorgenommen werden. Entscheidend ist dabei neben der Schwere des Eingriffs auch die Verbreitung des Beitrags, der Anlass der Berichterstattung und die Fortdauer der Rufschädigung des Verletzten.
Fazit
Sportler sind bei rufschädigender Berichterstattung nicht schutzlos gestellt. Ihnen steht gegen die Verletzung Ihres Allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Vielzahl an Ansprüchen zu.
Ob ein Eingriff in die Rechte des Sportlers vorliegt, muss durch eine umfassende Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen im Einzelfall geprüft werden.
Ihre Anwälte für Medienrecht, Presserecht und Sportrecht
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