Das Urheberpersönlichkeitsrecht
Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist gerade in der Kreativbranche von großer Bedeutung. Nahezu jeder literarische, wissenschaftliche oder künstlerische Schaffensprozess, der seinen Abschluss in der Erstellung eines neuen Werkes findet, ist mit einem hohen Maß an Schaffenszeit und Aufwand verbunden, weshalb das Bedürfnis des Urhebers nach einem effektiven Schutz, sowohl seiner ideellen (persönlichkeitsrechtsrechtlichen) aber auch materiellen (verwertungsrechtlichen) Interessen nachvollziehbar ist.
Die persönlichkeitsrechtlichen Aspekte des Urheberrechtsschutzes sollen hier näher beleuchtet werden. Nicht nur, aber gerade auch bei der Rechteübertragung auf einen Verwerter ist das Urheberpersönlichkeitsrecht mit seinen Regelungen in den §§ 12 – 14 UrhG unbedingt zu beachten und ein späteres Berufen darauf unter Umständen von der vertraglichen Gestaltung abhängig.
Was ist das Urheberpersönlichkeitsrecht?
Das Urheberpersönlichkeitsrecht findet seine allgemeine Regelung in § 11 Satz 1 UrhG und schützt den Urheber in seiner geistigen und persönlichen Beziehung zum Werk. Das Urheberpersönlichkeitsrecht besteht unabhängig davon, ob der Urheber zugleich auch die auf das Werk gerichteten Nutzungs- und Verwertungsrechte in den Händen hält. Gegenstand des Urheberpersönlichkeitsrechts sind weder der Urheber, noch das geschaffene Werk selbst, sondern die Verbindung des Werkes mit der schöpferischen Persönlichkeit des Urhebers.
Konkretisierend ausgestaltet wird es durch die Regelungen der §§ 12 ff. UrhG, die dem Urheber die nachfolgend aufgeführten Persönlichkeitsrechte gewähren:
- Das Veröffentlichungsrecht, § 12 UrhG
- Die Anerkennung der Urheberschaft, § 13 UrhG
- Verbot der Entstellung, § 14 UrhG
Das Veröffentlichungsrecht, § 12 UrhG
Was ist das Veröffentlichungsrecht und ist es übertragbar?
Maßgeblicher Inhalt des Veröffentlichungsrechtes ist die Bestimmung des Urhebers darüber, ob und wie sein Werk zur Veröffentlichung gelangen soll. Das Veröffentlichungsrecht umfasst nicht nur die Entscheidung darüber, ob ein Werk überhaupt veröffentlicht werden soll, sondern im Fall einer Veröffentlichung auch deren Art und Weise.
Das Bestimmungsrecht steht nur dem Urheber zu und ist nicht übertragbar. Allerdings kann der Urheber den Akt der Veröffentlichung Dritten überlassen.
Wann ist ein Werk veröffentlicht?
Das Veröffentlichungsrecht, also das Recht über den Zeitpunkt, die Art und die Weise der Veröffentlichung zu bestimmen ist von der Veröffentlichung zu unterscheiden. Eine Veröffentlichung liegt gemäß § 6 Abs. 1 UrhG vor, wenn ein urheberrechtlich geschütztes Werk mit Zustimmung des Berechtigten für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Allerdings lässt der § 6 UrhG offen, was unter dem Begriff der „Öffentlichkeit“ genau zu verstehen ist.
Nach § 15 Abs. 3 ist die Wiedergabe eines Werkes öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist, es sei denn, dass der Kreis dieser Personen bestimmt abgegrenzt ist und sie durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehungen zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden sind. Demnach genügt ein bestimmt abgrenzbarer Personenkreis nicht, um den Öffentlichkeitsbegriff zu begründen. Vielmehr bedarf es der Wahrnehmungsmöglichkeit der Allgemeinheit.
Das Veröffentlichungsrecht ist ein Einmalrecht
Nach wohl herrschender Meinung steht dem Urheber das Veröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG nur bezogen auf die Erstveröffentlichung des Werkes zu. Es kann nur einmal ausgeübt werden und ist mit der ersten Veröffentlichung des Werkes verbraucht (OLG München NJW-RR 1997, 493 (494) – Ausgleich Nichtvermögensschaden).
Dies ist insbesondere für die Fälle rechtlich relevant, in denen der Urheber die Nutzungs- und Verwertungsrechte an seinem Werk an einen Dritten übertragen hat. Es steht dem Urheber mit der Übertragung der Nutzungsrechte an seinem Werk nämlich frei, je nach Vorstellung des Urhebers, vertragliche Regelungen über die Art und Weise weiterer Veröffentlichungen zu treffen.
Erfolgt die Erstveröffentlichung ohne Zustimmung des Urhebers, erlischt sein Veröffentlichungsrecht nicht. Zwar ist die unbefugte Veröffentlichung nicht mehr rückgängig zu machen. Aber dem Urheber bleibt, neben möglichen Schadenersatzansprüchen sein Bestimmungsrecht, über die Art und Weise weiterer Veröffentlichungen zu bestimmen und diesen gegebenenfalls zu widersprechen, erhalten.
Das Veröffentlichungsrecht als Abwehrrecht
Dem Veröffentlichungsrecht des Urhebers steht die Pflicht Dritter gegenüber, in dieses Recht nicht einzugreifen. Der Schutzzweck des § 12 UrhG soll den Urheber gerade davor schützen, dass ein nicht für die Öffentlichkeit bestimmtes oder unvollendetes Werk von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
Das Veröffentlichungsrecht stellt kein Recht auf Veröffentlichung dar
Das Veröffentlichungsrecht begründet aus sich heraus kein Recht auf Veröffentlichung. Vielmehr bedarf es dafür einer vertraglichen Grundlage, etwa in Gestalt eines Lizenzvertrages. Soweit dann entgegen der Vereinbarung eine Veröffentlichung nicht erfolgt, kann der Urheber unter den Voraussetzungen des § 41 UrhG, die Ausschließlichkeit des Nutzungsrechts oder das Nutzungsrecht insgesamt zurückrufen.
Anerkennung der Urheberschaft, § 13 UrhG
Was umfasst das Recht aus § 13 UrhG
Die in § 13 UrhG normierten Rechte bilden den Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts und dienen dem Schutz der geistigen Verbindung zwischen dem Urheber und seinem schutzfähigen Werk. Neben dem Recht auf Anerkennung der Urheberschaft an seinem Werk (§ 13 Satz 1 UrhG), steht dem Urheber auch das Bestimmungsrecht darüber zu, wie er mit seinem Werk in Verbindung gebracht werden soll (§ 13 Satz 2 UrhG). Die Rechte aus § 13 UrhG erstrecken sich sowohl auf das Original als auch auf dessen Vervielfältigungsstücke und sind nicht übertragbar.
Das Recht als Urheber anerkannt zu werden
In Ausübung seines Anerkennungsrechts kann der Urheber gegen Handlungen eines Dritten vorgehen, die die Verbindung zwischen ihm (dem Urheber) und seinem Werk beeinträchtigen. Etwa weil der Dritte Werke imitiert, Werke ohne Urheberbezeichnung verbreitet oder Werke des Urhebers als eigene ausgibt und damit verhindert, dass der wahre Urheber als Persönlichkeit hinter dem Werk identifiziert werden kann.
Umgekehrt lässt sich aus dem Anerkennungsrecht auch das negative Recht des Urhebers ableiten gerade nicht mit einem oder mehrerer seiner Werke in Verbindung gebracht zu werden. Die Gründe dafür können vielschichtig sein. Jedenfalls kann sich der Urheber dann auch gegen eine ungewollte Urheberbezeichnung zur Wehr setzen.
Zu beachten ist, dass das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft je nach Verkehrssitte und Branchenübung unter Umständen auch Einschränkbarkeiten unterliegen kann. Denkbar ist sogar ein stillschweigender Verzicht, wenn die Urhebernennung auf technische Schwierigkeiten stößt, die sich nicht oder nur mit unzumutbaren Maßnahmen beseitigen lassen.
Wie soll die Person des Urhebers mit dem Werk in Verbindung gebracht werden?
§ 13 Satz 2 UrhG normiert das sogenannte Urhebernennungsrecht, wonach es der Entscheidung des Urhebers obliegt, durch welche Kennzeichnung das Werk mit ihm in Verbindung gebracht werden soll. Ob der Werkersteller dabei seinen bürgerlichen Namen, eine Signatur oder ein Pseudonym verwendet, entscheidet er selbst. Aus dem o.g. negativen Anerkennungsrecht folgt auch das Recht des Urhebers, seine Werke ohne jede Urheberbezeichnung anonym zu veröffentlichen.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass eine anonyme Veröffentlichung einer späteren Anerkennung zunächst entgegenstehen kann, wenn eine Zuordnung des Werkes zur Person seines Urhebers nicht ohne weiteres möglich ist. Es sind sogar erbrechtliche Konsequenzen denkbar, da der Erbe an die Entscheidung des Erblassers, sein Namensrecht nicht auszuüben, gebunden ist (OLG Frankfurt a. M. GRUR 2015, 374 – Hessenlöwe).
Was ist bei mehreren Urhebern zu beachten?
In Fällen mehrfacher Urheberschaft stehen jedem Urheber die zuvor genannten Rechte aus § 13 UrhG zu, wobei die Bezeichnung eines (Mit-)Urhebers dabei eindeutig, unmissverständlich und im hinreichenden, unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit den Beiträgen des Urhebers an einer üblichen Stelle erfolgen muss.
Daran ist insbesondere zu denken bei Bearbeitungen von bereits bestehenden eigens schutzwürdigen Werken (§ 3 Satz 1 UrhG), der Erstellung von Sammelwerken (§ 4 Abs. 1 UrhG), bei Miturhebern nach (§ 8 Abs. 1 UrhG) und bei Urhebern verbundener Werke (§ 9 UrhG), soweit im konkreten Fall eine gemeinsame Verwertung erfolgt.
Urheberbezeichnung und Rechteübertragung
Bei Verträgen über die Lizenzierung von Nutzungs- und Verwertungsrechten, kommt dem „ob“ und „wie“ der fortwährenden Urheberbezeichnung eine nicht unwesentliche Rolle zu, zumal je nach Branche eigene Branchenüblichkeiten und Verkehrssitten zu beachten sind. Soll etwa auf eine Urheberrechtsbezeichnung verzichtet werden, ist dies vertraglich besonders zu vereinbaren, da der Verwerter ansonsten zur Urheberbezeichnung verpflichtet bleibt.
Besonderheiten ergeben sich insbesondere auch im Verlagsrecht. Dem Verleger steht nämlich grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zu, die konkrete Anbringung und Darstellung der Urheberbezeichnung festzulegen, soweit dies nicht vertraglich ausgeschlossen wird.
Ghostwriter – Achtung!
Vereinbarungen über Ghostwriter- Tätigkeiten sind nicht ohne weiteres einer einheitlichen Rechtsprechung unterworfen. Zur Erinnerung. Ein Ghostwriter ist ein Autor oder eine Autorin, der oder die im Auftrag für eine zumeist bekannte Persönlichkeit schreibt und nicht als Urheber genannt werden will. Vielmehr noch soll das Schriftwerk dem Auftraggeber als Autor zugerechnet werden. Ein solches Vorgehen bedarf jedoch einer klaren und eindeutigen, möglichst ausdrücklichen Vereinbarung und kann, was unbedingt zu beachten ist, über den Kreis der Politik hinaus im Einzelfall sittenwidrig und damit unwirksam sein.
Entstellungsverbot, § 14 UrhG
Muss das Werk so bleiben wie es ist?
Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. Das Entstellungsverbot dient der Werkintegrität, also dem Erhalt des Werkes, so wie es der Urheber persönlich geistig schöpfend erschaffen hat. So kann nach Maßgabe des § 39 UrhG selbst der Nutzungsberechtigte das Werk nicht einfach ändern, wenn dazu vertraglich nichts verabredet wurde.
Selbst bestimmte Bearbeitungen oder Umgestaltungen eines Werkes, bedürfen der Zustimmung des Urhebers (§ 23 Abs. 2 UrhG).
Prüfungsumfang
Ob die Werkintegrität durch einen Dritten widerrechtlich verletzt wurde, kann vom rechtlichen Laien oftmals nicht auf Anhieb beurteilt werden und bietet auch in der juristischen Praxis einiges an Streitpotenzial. Es hat sich daher in der Rechtsprechung der nachfolgende dreistufige Prüfungsaufbau durchgesetzt:
- Liegt eine Beeinträchtigung des Werkes vor?
- Sind berechtigte Interessen des Urhebers gefährdet?
- Abwägung der Interessen des Urhebers an der Werkintegrität mit den Interessen des Dritten an der Beeinträchtigung
Bei der Frage, was unter einer Beeinträchtigung im Sinn des § 14 UrhG überhaupt zu verstehen ist, bleibt festzuhalten, dass vom Wortlaut her jede Entstellung zugleich eine Beeinträchtigung darstellt, wobei eine Entstellung eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung ist. Eine Beeinträchtigung ist jede Änderung, bei der vom geistig- ästhetischen Gesamteindruck des Werkes abgewichen wird, den der Urheber in der Regel durch die Veröffentlichung seines Werkes bestimmt hat. Eine bei objektiver Betrachtung abwertende Beurteilung ist nicht Voraussetzung für eine Beeinträchtigung (vgl. BGH GRUR 1989, 106 (107) – Oberammergauer Passionsspiele II).
Ferner müsste die Beeinträchtigung auch geeignet sein, die berechtigten Interessen des Urhebers zu gefährden. Die Geeignetheit wird dabei durch die Beeinträchtigung selbst indiziert, da es das grundlegendste Interesse des Urhebers darstellt, sein Werk, das Ausdruck seiner Persönlichkeit ist, unverändert bestehen zu lassen.
Schließlich sind die Interessen des Urhebers und des Dritten gegenüberzustellen. Wessen Interessen überwiegen, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere kommt es auf den Grad der Individualität oder beispielsweise auf das dem Dritten zuzumutende finanzielle Opfer, auf die Art der gestatteten Werknutzung u.v.m. an.
Arbeitnehmerurheber
Besonderheiten ergeben sich im Hinblick auf das Urheberpersönlichkeitsrecht bei einem angestellten Urheber, der für den Arbeitgeber in Ausübung seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit persönlich geistig schöpferisch tätig wird. Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird bestimmt durch § 43 UrhG, der sich allein auf die Einräumung von Nutzungsrechten bezieht und das Urheberpersönlichkeitsrechts mit einigen wenigen mittelbaren Ausnahmen unangetastet lässt.
So kann beispielsweise eine Veröffentlichung (§ 12 UrhG) durch den Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen nicht verhindert werden, wenn ihm ein Nutzungsrecht kraft des Arbeitsverhältnisses wirksam eingeräumt wurde, da die Veröffentlichung zugleich Voraussetzung für die Verwertung ist.
Das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und das Recht zu bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist (§ 13 UrhG), steht auch dem Arbeitnehmerurheber zu, kann aber aufgrund von Besonderheiten des Arbeits- oder Dienstverhältnisses eingeschränkt werden.
Auch die Werkintegrität (§ 14 UrhG) kann, bei entsprechend großem Gegeninteresse des Arbeitgebers, Veränderungen unterliegen, soweit davon unberührt, der Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts bestehen bleibt.
Rechtschutz im Urheberpersönlichkeitsrecht
Der Urheber kann sich gegen die Verletzungen seines Urheberpersönlichkeitsrechts zur Wehr setzen. Je nach Einzelfall sind z. B. Unterlassungs-, Beseitigungs-, sowie Schadenersatzansprüche (§ 97 UrhG), bis hin zu einem Anspruch auf Vernichtung (§ 98 UrhG) oder Entschädigung (§ 100 UrhG) oder sogar eine gesonderte strafrechtliche Verfolgung (§ 107 UrhG) denkbar.
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Ihre Anwälte für Urheberrecht in Berlin
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