Wowereit-Fotos der BILD-Zeitung waren zulässig – Persönlichkeitsrecht/Recht am Bild nicht verletzt
Der BGH hat mit Urteil vom 27.09.2016 (Az. VI ZR 310/14) entschieden, dass das Recht des ehemaligen Berliner Bürgermeisters Klaus Wowereit am eigenen Bild durch die Bild-Zeitung nicht verletzt wurde. Die Zeitung durfte drei Bilder Wowereits beim Abendessen mit Freunden in dem Promi-Restaurant „Paris-Bar“ zeigen, da sie dem Bereich der sogenannten Zeitgeschichte zuzuordnen seien.
Was war passiert?
Der ehemalige Bürgermeister Wowereit war im Januar 2013 einen Abend vor der im Zusammenhang mit den Pannen am Flughafen BER stehenden Misstrauensabstimmung mit Freunden essen. Fotografen der Bild-Zeitung machten Aufnahmen durch die Scheibe des Restaurants.
Die Bild-Zeitung veröffentlichte die Aufnahmen im Kontext zur anstehenden Misstrauensabstimmung. Im Rahmen der Bildberichterstattung schrieb die Zeitung u.a. wie folgt:
„Der Regierende wirkt am Vorabend der Abstimmung im Parlament ersichtlich entspannt…und genehmigt sich einen Drink in der Paris-Bar“
Ferner wurde der politische Lebenslauf Wowereits mit folgendem Titel eingeleitet:
„Vom Partybürgermeister zum Bruchpiloten“
Unter anderem hieß es in dem Text auch, Wowereit sei innerhalb von 11,5 Jahren abgestürzt. Die Bildberichterstattung erfolgte ohne vorherige Einwilligung des damaligen Bürgermeisters.
Landgericht Berlin und Kammergericht geben Wowereit Recht –Persönlichkeitsrechtsverletzung bejaht
Wowereit klagte daraufhin vor dem Landgericht Berlin auf Unterlassung der Veröffentlichung der oben genannten Fotos und stützte sich dabei auf sein Persönlichkeitsrecht, genauer sein Recht am eigenen Bild gem. §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz (KUG). Vorliegend machte Wowereit geltend, die Veröffentlichung der Fotos sei rechtswidrig erfolgt, weil er nicht vorher eingewilligt habe. Das Landgericht Berlin und später in der Berufungsinstanz auch das Berliner Kammergericht gaben Wowereit Recht und der Unterlassungsklage gegen die Bild-Zeitung statt. Ein öffentliches Informationsinteresse an der Veröffentlichung der Fotos habe die Veröffentlichung nicht rechtfertigen können. Die Bild-Zeitung konnte mit ihrer Argumentation, es handele sich vorliegend um Fotos aus dem Bereich der Zeitgeschichte, welche gem. § 23 Abs. 1 KUG ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden durften, nicht durchdringen.
BGH gibt Bild-Zeitung Recht- öffentliches Informationsinteresse an Veröffentlichung der Fotos aus Bereich der Zeitgeschichte rechtfertigt Verbreitung
Nachdem Wowereit in den ersten beiden Instanzen obsiegte, kippte der BGH die vorherigen Entscheidungen der Gerichte zugunsten der BILD. Der BGH begründete seine Entscheidung wie folgt:
Zwar müsse gem. § 22 KUG vor Veröffentlichung von Fotos abgebildeter Personen die Einwilligung des Betroffenen vorliegen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liege jedoch vor, wenn gem. § 23 Abs. 1 KUG ein Foto aus dem Bereich der Zeitgeschichte veröffentlicht wird. In diesem Fall ist es möglich, Fotos ohne vorherige Einwilligung des Rechteinhabers zu verbreiten, ohne eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen. Diese Ausnahme erfahre zwar wiederum eine Einschränkung durch die Vorschrift des § 23 Abs. 2 KUG, wonach bei entgegenstehenden berechtigten Interessen auch bei Vorliegen von Fotos aus dem Bereich der Zeitgeschichte eine Einwilligung des Abgebildeten erforderlich werde. Ein solches berechtigtes Interesse Wowereits habe jedoch nicht bestanden.
Fotos standen im Zusammenhang mit Misstrauensabstimmung und wurden in Promi-Restaurant aufgenommen
Die Fotos seien dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen, so der BGH. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass die Aufnahmen am Vorabend einer die Öffentlichkeit interessierenden Misstrauensabstimmung in Bezug auf Wowereit entstanden sind und veröffentlicht wurden. Bei der Abstimmung im Abgeordnetenhaus handele es sich um ein bedeutsames politisches Ereignis.
Ferner sei bei der rechtlichen Beurteilung der Veröffentlichung der Fotos zu berücksichtigen, dass Wowereit sich in einem bekannten Lokal aufhielt und nicht ernsthaft davon ausgehen durfte, unbeobachtet zu bleiben. Zwar habe es sich um ein privates Treffen gehandelt, jedoch sei es keine derart private Situation gewesen, welche zugunsten Wowereits als schützenswert zu bewerten wäre. Der BGH berücksichtigte zudem, mit wem Wowereit den Abend verbrachte, nämlich mit dem Chef der Modemesse „Bread & Butter“ und dessen Frau. Wowereit hatte damals dafür gesorgt, dass der stillgelegte Flughafen zu günstigen Konditionen an die Messe vermietet wurde, was für öffentliche Diskussionen sorgte. Eine schützenswerte private Situation vermochte der BGH auch deshalb nicht erkennen. Im Ergebnis habe das öffentliche Informationsinteresse eine einwilligungsfreie Veröffentlichung der Fotos gerechtfertigt, so dass das Persönlichkeitsrecht Wowereits nicht verletzt worden sei.
Fazit
Auch dieses Urteil des BGH welches von der vorinstanzlichen Rechtsprechung des LG Berlin und des Kammergerichts abweicht, zeigt, wie kontrovers das Thema Persönlichkeitsrechte/Recht am eigenen Bild von Prominenten diskutiert wird. Es dürfte sich um ein richtungsweisendes Urteil handeln. Zwar haben Prominente selbstverständlich ebenso ein Recht auf Privatsphäre wie andere Personen. Jedoch wird man zukünftig davon ausgehen müssen, dass die Auslegung der Privatsphäre noch mehr davon abhängig ist, wo private Treffen stattfinden. Ein öffentliches, zudem sehr bekanntes Lokal dürfte wohl nicht mehr ohne weiteres als privater Ort, an welchem sich der Abgebildete zurückzieht, beurteilt werden, mit der Folge, dass eine Veröffentlichung solcher Fotos i.d.R. zulässig sein wird.
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