Der Bookingvertrag und seine rechtlichen Grundlagen
Wollen Künstler oder Bands, unabhängig davon, ob als Newcomer oder bereits in der Musikbranche Etablierte, ihre Popularität ausbauen, kommen sie nicht daran vorbei, Konzertauftritte zu organisieren. Hierfür bedienen sie sich in der Regel der Hilfe von Künstleragenturen, welche die Vermittlungstätigkeiten übernehmen. Der folgende Beitrag soll darlegen, wie das Vertragsverhältnis (in der Regel durch einen Bookingvertrag) zwischen dem Künstler und der Agentur rechtlich eingeordnet werden kann und welche Konsequenzen sich hieraus für beide Parteien ergeben.
Was ist das Ziel eines Bookingvertrags?
Die Vermittlungsagentur wird als sog. „Booker“ bezeichnet. Dieser übernimmt neben der Vermittlung von Auftritten häufig die Organisation der Veranstaltung, befasst sich jedoch nicht mit Fragen des Sponsorings. Die Vermittlungsagenturen sollen Künstler vermitteln und ein Vertragsverhältnis zwischen dem Künstler und dem Veranstalter herbeiführen.
Die vertragliche Verpflichtung der Vermittlungsagentur kann sowohl darin bestehen, dem Künstler die Möglichkeit eines Vertragsabschlusses zu verschaffen, als auch darin, dass die Agentur den Vertragsschluss mit dem Veranstalter selbst herbeiführt. Allerdings ist der Vermittler nicht Vertragspartei, sondern bloßer Stellvertreter nach § 164 Abs. 1 S. 1 BGB.
Dementsprechend muss der Künstler dem Veranstalter zuvor eine Vollmacht erteilen. Mindestens eine Handlungsvollmacht (die Befugnis überhaupt zu handeln), aber darüber hinaus häufig noch eine Abschlussvollmacht (das Recht Künstlerverträge für den Künstler abzuschließen). Im Rahmen von Agenturverträgen ist die Vollmachtserklärung grundsätzlich auf Show Acts begrenzt.
Nach Maßgabe des § 164 Abs. 1 S. 2 BGB ist es in der Regel irrelevant, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob sich aus den Umständen ergibt, dass sie in dessen Namen erfolgen soll. Wurde dem „Booker“ keine für den Abschluss des Rechtsgeschäfts notwendige Vollmacht erteilt, so haftet dieser – sofern der Vertretene die Erteilung einer Genehmigung verweigert – gem. § 179 BGB als Vertreter ohne Vertretungsmacht und ist gegenüber dem Veranstalter zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet.
Für welchen Zeitraum wird ein Bookingvertrag abgeschlossen?
In der Regel wird ein Bookingvertrag für die Dauer von ein bis zwei Jahren abgeschlossen, wobei sich die Vertragsparteien üblicherweise die Möglichkeit vorbehalten, dass Vertragsverhältnis zu verlängern. Der Vermittler wird die Vermittlung in der Regel exklusiv vornehmen wollen, da es ansonsten häufig zu terminlichen Konflikten kommen kann.
Was bekommt die Vermittlungsagentur für ihre Tätigkeit?
Die Vermittlungsagentur bekommt eine Provision orientiert am Nettoeinkommen des Künstlers in Höhe von 15% bis 20%. Ein Provisionsanspruch fällt unabhängig davon an, ob die Vermittlungsagentur dem Künstler einen Auftritt vermittelt hat oder dieser selbst für die Beschaffung des Auftritts verantwortlich war. So soll bereits im Voraus vermieden werden, dass es bei der Frage, wer für die Beschaffung welches Konzertes verantwortlich ist, Konflikte entstehen, die das Arbeitsverhältnis belasten.
Zumal sich die Vermittlungsagentur üblicherweise auch dann einem erheblichen organisatorischen Aufwand ausgesetzt sieht, wenn der Künstler sich das Konzert selbst verschafft hat. Zum Teil wird vereinbart, dass in solchen Fällen ein niedrigerer Prozentsatz an den Einkünften des Künstlers verlangt werden kann. Grundsätzlich kommt es mit dem Abschluss des Aufführungsvertrags zur Fälligkeit des Provisionsanspruchs. Konsequenterweise wäre die Zahlung der Provision sofort fällig.
Wie ist der „Bookingvertrag“ rechtlich einzuordnen?
Zwischen dem Künstler und dem Veranstalter kommt ein Aufführungsvertrag zustande, während der Vertrag zwischen dem Künstler und dem Agenten als Agenturvertrag ausgestaltet ist. Grundsätzlich handelt es sich um einen Dienstvertrag im Sinne von § 611 BGB. Anders als bei einem Werkvertrag wird nämlich nicht der Eintritt eines Erfolgs geschuldet, sondern die bloße Vornahme einer Tätigkeit. Die nähere vertragliche Ausgestaltung richtet sich maßgeblich danach, ob der „Booker“ nur ab und zu tätig wird oder permanent Künstlerverträge abschließt.
Bei der rechtlichen Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses sind mehrere Möglichkeiten denkbar. Handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB, so beschränkt sich die vertragliche Verpflichtung des Bookers auf die Vornahme einer Geschäftsbesorgung.
Nach Maßgabe der §§ 675, 670 BGB kann der Booker ohne zuvor eine konkrete Vergütungsregelung abgeschlossen zu haben, einen Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend machen. Mittlerweise gibt es jedoch andere Vertragstypen, welche der Natur des Bookingvertrags besser gerecht werden können, sodass sowohl in der Literatur, als auch in der gängigen Rechtsprechung nur noch selten auf den Geschäftsbesorgungsvertrag abgestellt wird.
Maklervertrag
Der Maklervertrag ist in den §§ 652 ff. BGB normiert. Hiernach ist derjenige, der für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags oder für die Vermittlung eines Vertrages einen Maklerlohn verspricht nur dann verpflichtet, den Lohn zu entrichten, wenn es infolge des Nachweises oder der Vermittlung zum Vertragsabschluss kommt. Im Rahmen von Bookingverträgen ist somit mit Zustandekommen eines Vertrags oder dem Nachweis der Gelegenheit eines Vertragsabschlusses zwischen dem Künstler und dem Veranstalter eine Provision zu zahlen.
Wurde die Höhe der Provision nicht vereinbart, findet § 653 Abs. 1 BGB Anwendung, mit der Konsequenz, dass gem. § 653 Abs. 2 BGB der übliche Lohn als vereinbart anzusehen ist. Der Provisionsanspruch gelangt mit Zustandekommen des Konzertvertrages zur Entstehung. Allerdings wird die Auszahlung der Provision in der Praxis erst nach der Veranstaltung vorgenommen.
Handelsvertretervertrag
Für die rechtliche Beurteilung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Booker und dem Künstler ergeben sich zu den vorgenannten Erläuterungen Unterschiede, soweit das Rechtsverhältnis als Handelsvertretervertrag nach § 84 HGB anzusehen ist. Einzelne Gerichte haben festgestellt, dass ein Booker, der andauernd Vermittlungstätigkeiten übernimmt, nicht als Makler, sondern vielmehr als Handelsvertreter einzuordnen ist.
Im Unterschied zum Makler ist der Handelsvertreter verpflichtet, permanent tätig zu werden. Allerdings wurde die Handelsvertretereigenschaft nur bejaht, wenn die Vermittelnden vertraglichen Pflichten nachkamen, die nicht nur in einer bloßen Vermittlungstätigkeit bestanden, sondern sie darüber hinaus auch mit organisatorischen Aufgaben betraut waren. Werden lediglich ab und zu Verträge vermittelt, scheidet die Annahme eines Handelsvertretervertrags aus und es ist entweder von einem Makler – oder einem Geschäftsbesorgungsvertrag auszugehen.
Rechtliche Einordnung je nach Rechtsnatur des Vertrages
Handelt es sich um einen Maklervertrag, findet § 652 Abs. 2 BGB Anwendung, wonach Aufwendungen des Maklers nur bei entsprechender Vereinbarung ersetzt werden können. Der Anspruch auf Zahlung einer Provision gelangt beim Maklervertrag bereits mit Vertragsschluss zur Entstehung und kann danach in der Regel nicht untergehen. Anders verhält es sich beim Handelsvertretervertrag.
Denn der Zahlungsanspruch kann nach § 87 a Abs. 3 S. 2 HGB und § 87 a Abs. 2 HGB im Nachhinein untergehen. Demnach entfällt der Anspruch im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit dies auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind bzw., wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet. Dagegen besteht ein Anspruch auf Zahlung einer Provision im Rahmen eines Maklervertrags selbst dann, wenn der Künstler beispielsweise aufgrund von Krankheit verhindert ist.
Denn das Vertragsverhältnis wurde wirksam begründet und der Vermittler ist seiner vertraglichen Verpflichtung nachgekommen. Geht man hingegen von einem Handelsvertreter aus, so wird nach Maßgabe des § 87 a Abs. 3 S. 2 HGB nachträglich der Anspruch auf Zahlung einer Provision entfallen.
Darüber hinaus besteht ein „Ausgleichsanspruch“ aus § 89 b HGB, den der Handelsvertreter geltend machen kann. Der Handelsvertreter kann von dem Künstler nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn der Künstler aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und die Ausgleichzahlung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände der Billigkeit entspricht.
Dieser Ausgleichsanspruch bleibt selbst dann bestehen, wenn das Vertragsverhältnis durch außerordentliche Kündigung nach § 627 Abs. 1 BGB beendet worden ist.
Sind arbeitsrechtliche Bestimmungen auf Bookingverträge anwendbar?
Bis zum Jahr 1990 wurde die Auffassung vertreten, dass Künstlervermittlungsverträge als Arbeitsverträge einzuordnen seien. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG Urt. v. 29. 11. 1990, Az.7 RAr 140/89) handelt es sich jedoch vielmehr um Werk- oder Dienstverträge. Allerdings finden die §§ 296 ff. SGB III Anwendung, wenn dem Künstler ein Arbeitsverhältnis verschafft wurde.
Unter einem Arbeitsverhältnis versteht man die Leistung weisungsgebundener fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Von einem Arbeitsverhältnis kann bei vereinzelten Auftritten allerdings nicht ausgegangen werden, bei länger andauernden Beschäftigungsverhältnissen hingegen schon eher.
Lässt sich das Vertragsverhältnis durch Kündigung beenden?
Unstreitig lässt sich das Arbeitsverhältnis durch außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB beenden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, aufgrund dessen dem Kündigenden die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Daneben wäre noch denkbar, dass § 627 BGB Anwendung findet, mit der Konsequenz, dass der Dienstberechtigte theoretisch jederzeit die Möglichkeit hat, zu kündigen. In der Praxis wird die Norm häufig abbedungen.
Zusammen mit Sony Music CEO Patrick Mushatsi-Kareba sprach David Geßner über die Arbeit und Strukturen der Musikbranche, insbesondere der rechtlichen Einordnung.
Fazit
Der Beitrag hat gezeigt, dass es für die rechtlichen Konsequenzen eines Bookingvertrags durchaus einen Unterschied macht, ob das zwischen dem Booker und dem Künstler abgeschlossene Vertragsverhältnis als bloßer Geschäftsbesorgungsvertrag oder doch als Makler- bzw. Handelsvertretervertrag eingeordnet werden kann. Es empfiehlt sich daher für die Beteiligten, sich mit den rechtlichen Grundlagen auseinanderzusetzen.
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