Der Bandübernahmevertrag im Musikrecht – Was sollte er beinhalten?
Der Bandübernahmevertrag ist einer der wichtigsten und gängigsten Verträge im Musikbusiness. Als Fachanwalt für Urheberrecht und Medienrecht erläutere ich in dem folgenden Beitrag die wichtigsten Punkte, welche bei der Erstellung eines Bandübernahmevertrages zu beachten sind. Der Bandübernahmevertrag wird in der Regel zwischen dem Künstler und einem Label abgeschlossen. Ziel dieses Vertrages ist es, sowohl die Rechte des Künstlers/Tonträgerherstellers auf der einen Seite zu sichern, als auch eine Auswertung dieser Rechte durch ein Label zu gewährleisten.
Ausgangslage für den Abschluss eines Bandübernahmevertrages
Ausgangspunkt der Verträge zwischen Künstlern und Tonträgerfirmen sind unter anderem die in § 85 UrhG (Urhebergesetz) geregelten Rechte des Tonträgerherstellers.Diese gewähren dem Hersteller eigenständige Verwertungsrechte, welche ihm unabhängig von denen des Urhebers bzw. Künstlers verliehen werden. Diese Rechte umfassen beispielsweise die Verbreitung und Vervielfältigung sowie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung in Bezug auf einen durch ihn hergestellten Tonträger.
Dies bedeutet natürlich auch, dass sich die Rechte des Herstellers und des Künstlers, welcher meist der Urheber des auf dem Tonträger befindlichen Werkes ist, überschneiden. Umso wichtiger ist es, eine Vereinbarung zwischen den beiden Parteien zu treffen. Tonträger sind nach der Legaldefinition des § 16 Abs. 2 UrhG Vorrichtungen zur wiederholten Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen (Bild- oder Tonträger), gleichviel, ob es sich um die Aufnahme einer Wiedergabe des Werkes auf einen Bild- oder Tonträger oder um die Übertragung des Werkes von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen handelt. Zu beachten ist zudem, dass lediglich die erste Aufnahme geschützt ist. Jede weitere Reproduktion ist dagegen von § 85 UrhG nicht mehr erfasst. Auch das sog. Remastering fällt nicht mehr unter § 85 UrhG.
Bedeutung des Bandübernahmevertrages
An dem Punkt, an dem sich die Rechte des Tonträgerherstellers und die des Künstlers überschneiden, kommt der Bandübernahmevertrag ins Spiel. Dieser trägt dem Umstand Rechnung, dass an einem Werk sowohl Rechte des Herstellers, als auch des Künstlers nebeneinander bestehen können. Dabei kann es sich um einen Vertrag zwischen Künstler und Tonträgerhersteller, aber auch zwischen Künstler und Tonträgerfirma handeln. Dies hängt davon ab, ob der Künstler wirtschaftlich in der Lage ist, seine Tonträger selbst zu produzieren oder nicht.
Hauptziel des Bandübernahmevertrages ist es dabei, die Rechte der einzelnen Parteien in Ausgleich zu bringen. Dabei bereitet vor allem die Festlegung der angemessenen Vergütung oft Probleme.
Abgrenzung Tonträgerhersteller/Tonträgerfirma
Zu unterscheiden ist der Tonträgerhersteller von der Tonträgerfirma. Der Tonträgerhersteller übernimmt meist wirklich nur die Herstellung der Aufnahme, ohne sich um das Marketing und den Vertrieb zu kümmern. Dies tun die sog. Tonträgerfirmen oder auch „Bandnehmer“ bzw. „Label“, welche dieses zur weiteren Verarbeitung und vor allem Vermarktung von dem Hersteller (dies kann auch der Künstler selbst sein) „Bandgeber“ erhalten.
Welche Verpflichtungen gehen die Parteien mit Abschluss eines Bandübernahmevertrages ein?
Der Künstler verpflichtet sich im Rahmen eines Bandübernahmevertrages zunächst dazu, der Tonträgerfirma ein Band, welches sein Musikwerk enthält, zur Verwertung zu übergeben. Dies bedeutet, dass es Aufgabe des Künstlers ist, das Band zu produzieren, von welchem dann die weiteren Vervielfältigungen durch den Hersteller vorgenommen werden. Dies hat zur Folge, dass der Künstler zwar ein höheres wirtschaftliches Risiko trägt, jedoch auch mehr am Umsatz beteiligt wird. Er ist quasi gleichzeitig Tonträgerhersteller und Künstler. Die Tonträgerfirma als Nutzungsberechtigter ist dafür verantwortlich, dass das Werk vervielfältigt und verbreitet wird. Sie übernimmt also die Vermarktung.
Aufgrund des hohen Aufwandes und der damit verbunden hohen Kosten für Marketing und Vervielfältigung ist es für die meisten Künstler nicht vorstellbar, dies ohne eine Tonträgerfirma zu übernehmen. Nicht zu unterschätzen ist dabei die Tatsache, dass sich diese Firmen auf die Vervielfältigung und Verbreitung spezialisiert haben und dementsprechend über einschlägige Kontakte in der Musikbranche verfügen, welche dem Künstler ansonsten möglicherweise verwehrt gewesen wären. Major-Labels wie Sony haben z.B. Künstlermanagements an der Hand, welche sie dem Künstler vermitteln. Diese unterstützen den Künstler bei der Vermarktung seiner Musik und Person.
Zusammen mit Sony Music CEO Patrick Mushatsi-Kareba sprach David Geßner über die Arbeit und Strukturen der Musikbranche, insbesondere der rechtlichen Einordnung.
Was gilt es bei der Übertragung von Rechten zu beachten?
Hat der Künstler gleichzeitig auch den Tonträger selbst hergestellt, so muss er nicht nur seine Rechte als Künstler, namentlich das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der Aufnahme, das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, sondern zudem auch die Leistungsschutzrechte eines Tonträgerherstellers gem. § 85 UrhG an den Vertragspartner übertragen.
Hierbei ist die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG zu beachten. Diese besagt, dass grundsätzlich nur diejenigen Rechte an einen Dritten übertragen werden, welche ausdrücklich im Vertrag eingeräumt wurden. Bestehen Unstimmigkeiten bezüglich der Einräumung einzelner Nutzungsrechte, so sind lediglich solche eingeräumt worden, welche zur Erfüllung des Vertragszwecks auch notwendig sind. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, die zu übertragenen Nutzungsrechte möglichst genau in den Bandübernahmevertrag aufzunehmen.
Des Weiteren sollte auch der Umfang der Einräumung von Nutzungsrechten genau festgelegt werden, wie beispielsweise räumliche und zeitliche Begrenzungen. Auch sollte geregelt werden, ob es sich um ein einfaches Nutzungsrecht (Einräumung der Nutzungsrechte an weitere Person nicht gestattet) oder ein ausschließliches Nutzungsrecht (Übertragung der Nutzungsrechte auf einen Dritten erlaubt) handeln soll. Die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts ist vor allem dann interessant, wenn eine weltweite Vermarktung erfolgen soll. Diese kann meist von der ursprünglichen Tonträgerfirma nicht übernommen werden, sondern wird ins Ausland verlagert. Dann muss die Firma jedoch auch in der Lage sein, die Rechte einzuräumen, da ansonsten eine Vervielfältigung und Verbreitung durch die im Ausland sitzende Tonträgerfirma nicht möglich ist.
Welche Verwertungsarten spielen bei Bandübernahmeverträgen eine Rolle?
Die Einräumung der einzelnen Nutzungsrechte in einem Bandübernahmevertrag richtet sich danach, ob eine körperliche oder nicht-körperliche Verwertung des Tonträgers gewünscht ist.
Körperliche Verwertung
Bei einer körperlichen Verwertung räumt der Künstler das exklusive Recht ein, die Aufnahmen in beliebiger Art und Weise zu verwerten, d.h. zu vervielfältigen und verbreiten, zu vermieten und zu verleihen. Auch in andere Form, beispielsweise zusammen mit Aufnahmen anderer Künstler. Als Speichermedien können dabei jegliche Art von Medien verwendet werden. Dabei sollte sowohl der Tonträger (beispielsweise CD-ROM, Festplatte oder Vinyl Schallplatte), als auch das Speichermedium (USB-Stick, Speicherkarte) benannt werden, um spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden. Weiterhin ist zu empfehlen den Verkauf dieser genau zu regeln, beispielsweise, welcher Vertriebsweg gewählt werden soll und in welcher Art von Geschäften die Tonträger erhältlich sein sollen.
Nichtkörperliche Verwertung
Von einer nicht-körperlichen Verwertung spricht man, wenn die Tonträgeraufnahmen lediglich digital, also online ausgewertet werden sollen. Dabei wird auch hier dem „Label“ ein exklusives Recht durch den Künstler eingeräumt, jedoch lediglich zu Auswertung im Rahmen von Download- und Streamingdiensten. Auch hier ist es immer empfehlenswert, sämtliche Verwertungsarten explizit im Vertrag zu regeln.
Umfang der Rechteeinräumung
Üblicherweise sind Bandübernahmeverträge zeitlich und räumlich begrenzt. Dies bedeutet, dass der Lizenzgeber, also der Künstler, die Verwertungsrechte für einen begrenzten Zeitraum einräumt. Mit Ablauf der vereinbarten Zeitspanne fallen die Rechte automatisch an den Künstler zurück. Weiterhin ist es von Vorteil, die Rechteeinräumung auch räumlich zu beschränken. Dabei kommt es natürlich auf den Zweck des Vertrages an. Allgemein kann gesagt werden, dass eine weltweite Rechteeinräumung von Vorteil sein kann, um die Tonträger auch weltweit vermarkten zu können. Dies würde auch dem Ziel gerecht werden, die Bekanntheit des Künstlers zu steigern. Zur Absicherung des Künstlers ist anzuraten, diese Vereinbarung unter bestimmte Bedingungen zu stellen. Beispielsweise können sich die Parteien darauf einigen, dass der Künstler berechtigt ist, die Rechte an einen Dritten zu übertragen, sofern es der Lizenznehmer nicht schafft, die Rechte in einem Land während eines bestimmten Zeitraumes zu verwerten. Hier gilt es Vorfeld, möglichst zu klären, wozu der Lizenznehmer tatsächlich in der Lage ist.
Nebenrechte im Bandübernahmevertrag regeln
Sowohl für den Künstler als auch für das Label wird es immer bedeutender auch die Übertragung von Nebenrechten vertraglich zu vereinbaren. Dabei handelt es sich um Rechte, welche vordergründig nichts mit dem Tonträger zu tun haben, wie beispielsweise Merchandising, Sponsoring oder Tourdienstleistungen. Dabei kann der Vertrag entweder so gestaltet werden, dass das Label die Verwertung der Nebenrechte übernimmt und dem Künstler dafür eine Lizenzgebühr zu zahlen ist. Oder aber der Künstler übernimmt die Verwertung eigenhändig und das Label erhält eine Umsatzbeteiligung. In den meisten Fällen ist es jedoch sinnvoll, dem Label die Verwertung der Nebenrechte zu überlassen, da dieses meist mehr Erfahrung hat und zudem ein größeres Vertriebsnetzwerk aufweist.
Garantie der Rechte am Werk
Mit Unterzeichnung des Vertrages gibt der Künstler/Bandgeber üblicherweise die Garantie ab, dass die sich auf dem Tonträger befindlichen Werke frei von Rechten Dritter (v.a. beteiligter Künstler) sind. Das bedeutet, dass eine dritte Person keinerlei Rechte geltend machen würde, wenn der Tonträger verwertet wird. Hintergrund dessen ist, dass das Label anderenfalls die übertragenen Nutzungsrechte nicht ausüben könnte, da die dritte Person Ansprüche geltend machen würde.
Angemessene Vergütung
Je nachdem, welche Partei dem Künstler gegenübersteht, hat der Künstler entweder einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung gegen die Tonträgerfirma oder den Tonträgerhersteller. Sollte ein Tonträgerhersteller zwischengeschaltet sein, so beschränkt sich der Anspruch des Künstlers ausschließlich auf diesen. Grund dafür ist, dass in Bezug auf die Tonträgerfirma der Hersteller der Vertragspartner ist und es sich bei dieser Art des Vertrages nicht etwa um die Übertragung der Rechte des Urhebers bzw. Künstlers handelt. Vielmehr stellt dies lediglich eine vom Künstler vorher zugestimmte Rechteeinräumung durch den Hersteller des Tonträgers dar.
Generell ist es bei einem Bandübernahmevertrag üblich, eine Umsatzbeteiligung zu vereinbaren. Des Weiteren wird regelmäßig die Zahlung eines Vorschusses festgelegt. Dieser richtet sich prozentual nach der Anzahl der vereinbarten zu überlassenden Aufnahmen und der Kosten für die Produktion dieser. Eine große Rolle spielen auch die zu erwartenden Umsätze und Verkaufsprognosen. Ein Newcomer, der zunächst vermarktet werden muss, wird nicht selten niedrigere Vorschüsse erhalten, als ein schon bekannterer Künstler.
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