Der Künstlervertrag im Musikbusiness – Was man wissen muss!
Künstlervertrag und Künstlerexklusivvertrag zählen zu den wichtigsten Verträgen im Musikrecht. Beide Vertragstypen regeln die Rechtsbeziehungen zwischen einem ausübenden Künstler und einer Plattenfirma bzw. einem Label. Die Notwendigkeit eines Künstlervertrages folgte in der Vergangenheit vor allem daraus, dass ausübende Künstler zu einer gewinnbringenden Vermarktung ihrer künstlerischen Darbietung auf die Vertriebskanäle von Plattenfirmen zurückgreifen konnten.
Allerdings haben sich durch die Digitalisierung inzwischen zahlreiche neue Vertriebswege für Musik entwickelt. Während der Umsatz von physischen Tonträgern seit Jahren rückläufig ist, ist der Marktanteil digitaler Angebote kontinuierlich gestiegen. Künstler sind daher nicht mehr auf die klassischen Vertriebswege angewiesen um wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sondern können ihre Darbietungen auch direkt im Internet über Streaming-Dienste vermarkten.
Gleichwohl arbeitet ein Großteil der etablierten Musiker weiterhin mit Labels zusammen, da die mediale Vermarktung einen nicht zu unterschätzenden finanziellen und organisatorischen Arbeits- und Zeitaufwand mit sich bringt. Der Künstlervertrag spielt daher weiterhin eine große Rolle im Musikbusiness.
Der nachfolgende Beitrag zum Künstlervertrag von Rechtsanwalt David Geßner, LL.M. erläutert die wichtigsten Inhalte eines Künstlervertrages und zeigt Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu anderen gängigen Verträgen im Bereich des Musikvertragsrechts auf.
FAQ-Ratgeber
Was regelt der Künstlervertrag?
Eine genaue Bestimmung des Umfangs und Zwecks des Künstlervertrages sollte stets zu Beginn im Rahmen des Vertragsgegenstands erfolgen. Dies ist vor allem mit Blick auf § 31 Abs. 5 UrhG und die darin enthaltene Zweckübertragungslehre erforderlich. Nach der Zweckübertragungslehre werden urheberrechtliche Nutzungsrechte im Zweifel nur in dem Umfang übertragen, den die Parteien dem Vertragszweck zugrunde gelegt haben. Sie wird angewandt, wenn es an einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung fehlt oder über den Umfang einer Rechtseinräumung Unklarheiten bestehen. Daher empfiehlt es sich, den Vertragszweck möglichst genau zu bestimmen und die wesentlichen Elemente des Vertrages dabei im Sinne eines einheitlichen Verständnisses festzulegen. Im diesem Zusammenhang enthalten viele Künstler(exklusiv)verträge auch Einzelheiten zur Produktion und legen eine bestimmte Anzahl der abzuliefernden Aufnahmen oder Alben fest.
Wie wird der Künstlervertrag gekündigt?
Das Recht beider Vertragsparteien zur fristlosen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund kann grundsätzlich nicht abbedungen werden. Maßgeblich sind die gesetzlichen Vorschriften. Regelmäßig muss die kündigende Partei zuvor schriftlich abmahnen und auffordern, den Kündigungsgrund innerhalb angemessener Frist zu beseitigen. Hierbei sollte bereits angedroht werden, dass im Falle einer neuerlichen Pflichtverletzung der Vertrag fristlos gekündigt wird.
Wesentliche Pflichten und Vertragsinhalt beim Künstlervertrag
Während sich der ausübende Künstler dazu verpflichtet, die im Künstlervertrag festgelegte musikalische Darbietung (Produktion) im Vertragszeitraum zu erbringen und die zur Auswertung dieser Leistung erforderlichen Verwertungs- und Nutzungsrechte an das Label zu übertragen, verpflichtet sich das Label u.a. dazu, dem Künstler eine Vergütung zu zahlen und die künstlerische Darbietung auf eigene Kosten zu produzieren und zu vermarkten. Der wesentliche Unterschied zwischen Künstlerverträgen und Künstlerexklusivverträgen liegt – wie der Name schon vermuten lässt – in einer persönlichen Exklusivbindung des ausübenden Künstlers zum Label (dazu später).
Welche Leistungspflichten des Künstlers regelt der Künstlervertrag?
Über den genauen Leistungsumfang des Künstlers wird meist in Absprache mit dem Label entschieden. So kann der Vertrag mit dem Künstler auch nur eine einzelne Aufnahme betreffen oder auch mehrere Alben umfassen. Der Künstlervertrag kann auch eine konkrete Repertoireauswahl oder eine Verpflichtung des Künstlers vorsehen, eine Liste mit denjenigen Werken vorzulegen, von denen bereits Aufnahmen seiner Darbietungen existieren. Dies soll gewährleisten, dass keine Exklusivrechte Dritter verletzt werden, wenn das Werk neu aufgenommen wird.
Darüber hinaus enthalten viele Künstlerverträge bestimmte Vorgaben was die Qualität und Abnahmereife der abzuliefernden Aufnahmen betrifft. Vorgaben in Bezug auf die künstlerische Gestaltung lassen sich allerdings nur bedingt abstrakt regeln. Sie beschränken sich daher meist auf eine allgemeine Verpflichtung zur Leistungserbringung im Interesse einer bestmöglichen Auswertung. Ggf. kann sich der Künstler das Recht vorbehalten, die fertig produzierte Aufnahme erneut aufzunehmen, wenn sie nicht seinen künstlerischen Vorstellungen entspricht. In vielen Fällen liegt jedoch die Entscheidungsgewalt über die künstlerische und technische Aufnahmequalität allein beim Label.
Rechteübertragung des Künstlers
Zu den Hauptleistungspflichten des Künstlers gehört die Verpflichtung zur Übertragung der ihm an der Aufnahme zustehenden Nutzungs- und Verwertungsrechte sowie der Leistungsschutzrechte aus §§ 73 ff. UrhG. Naturgemäß ist das Label daran interessiert, diese Rechte vollständig und exklusiv zu erwerben. Die Rechteübertragung erfolgt daher in aller Regel ausschließlich sowie zeitlich, örtlich und inhaltlich unbeschränkt. Ferner lassen sich Labels das übertragbare Recht einräumen, die Vertragsaufnahmen in jeder beliebigen Weise zu verwerten oder verwerten zu lassen. Dies umfasst die Möglichkeit, das Werk an Dritte zu lizensieren. Auch die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bekannten Nutzungsarten sind regelmäßig von der Rechteübertragung erfasst.
Ausgenommen von der Rechteübertragung sind lediglich diejenigen Rechte – Vergütungs- und/oder Beteiligungsansprüche des Künstlers – die von den Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden. Soweit vorbestehende Musikwerke der Produktion zugrunde gelegt werden, muss das Label die entsprechenden Rechte für die mechanische Vervielfältigung der Vertragsaufnahmen bei der zuständigen Verwertungsgesellschaft (GEMA) einholen, da der Künstler über diese Rechte regelmäßig nicht verfügt.
Zustimmungsvorbehalte im Künstlervertrag
Im Interesse des Künstlers werden im Rahmen von Künstlerverträgen i.d.R. bestimmte Rechteeinräumungen von einem Zustimmungsvorbehalt des Künstlers abhängig gemacht. So sehen manche Verträge einen Zustimmungspflicht vor, wenn das Werk gem. § 23 UrhG nachträglich umgestaltet oder in sonstiger Weise bearbeitet werden soll. In der Praxis wird häufig das Recht, die Vertragsaufnahmen für sogenannte „Best-Of“-Kopplungen zusammenzustellen bzw. an Dritte für derartige Zusammenstellungen zu lizenzieren, als zustimmungspflichtig vereinbart. Gleiches gilt für das Recht, die Vertragsaufnahmen auch mit anderen Künstlern und in anderer Sprache zu synchronisieren, zu verfilmen, zu kürzen oder in Verbindung mit Aufnahmen, Leistungen und Werken anderer Künstler in andere Bild- und/oder Tonträger zu verbinden.
Rechtegarantie des Künstlers
Fast jeder Künstlervertrag beinhaltet eine Garantie des Künstlers, dass er über die vertragsgegenständlichen Rechte allein und uneingeschränkt verfügungsberechtigt ist und die vertragsgegenständlichen Rechte nicht an Dritte übertragen oder eingeräumt hat. Ferner wird der Künstler regelmäßig verpflichtet, das Label von allen Ansprüchen Dritter freizustellen, die in diesem Zusammenhang gegen das Label geltend gemacht werden.
Sonstige Pflichten des Künstlers bei Künstlerverträgen
Oft wird dem Künstler durch den Künstlervertrag die Verpflichtung auferlegt, dem Produzenten zwecks Bewerbung der Produktion für die Herstellung von Bildtonträgern Videomaterial zur Verfügung zu stehen. Dies betrifft z. B. Livemitschnitte von Konzertauftritten oder Proben, Promotion-Videos, Interviews oder sonstige Dokumentationen. Pflichten sollten durch den Vertrag unbedingt klar und eindeutig geregelt werden, um spätere Auslegungsprobleme zu vermeiden.
Persönlichkeitsrechte des Künstlers
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Künstlers ist bei der Vertragsgestaltung entsprechend zu berücksichtigen. Vor allem das Namens- und Bildrecht des Künstlers kann dabei insbesondere für Werbenutzungen oder Domainregistrierungen eine Rolle spielen. So sollte aus Sicht des Künstlers für den Fall einer Vertragsauflösung oder -beendigung geregelt werden, dass der Künstler berechtigt ist, eine vom Label eingerichtete Internetdomain zu übernehmen.
Exklusivbindung des Künstlers
Beim Künstlerexklusivvertrag ist anders als beim Künstlervertrag eine meist mehrjährige persönliche Exklusivbindung zwischen Künstler und Label vorgesehen. Der Künstler verpflichtet sich, ausschließlich dem Label für Aufnahmen zur Verfügung zu stehen bzw. Ton-/Bildaufnahmen ausschließlich vom Label herstellen zu lassen und Dritten Verwertungsrechte daran einzuräumen. Er darf die Aufnahmen auch nicht selbst auswerten.
Davon abzugrenzen ist die sog. Titelexklusivität. Dabei verpflichtet sich der Künstler, innerhalb eines festgelegten Zeitraums – üblich sind hier 5 Jahre – ab Anlieferung der Vertragsaufnahmen, diese weder ganz noch teilweise neu aufzunehmen oder zu verwerten bzw. aufnehmen oder verwerten zu lassen. Dies soll das Label davor schützen, das der Künstler nach Vertragsende die Vertragsaufnahmen mit einem anderen Label neu aufnimmt.
Im Einzelfall können Ausnahmen von der Exklusivbindung – meist in Bezug auf Live-Auftritte der Künstler im Rundfunk – vereinbart werden. Derartige Ausnahmesituationen müssen jedoch meist zuvor mit dem Label abgestimmt werden.
Vergütungpflicht des Labels
Zu den Hauptleistungspflichten des Labels im Rahmen des Künstlervertrages zählt vor allem die Zahlung der vereinbarten Vergütung an den Künstler. Etabliert hat sich in der Praxis als Vergütung eine Erlösbeteiligung des Künstlers. Dieser wird somit an den vom Label mit der Produktion erzielten Erlösen prozentual beteiligt. Die Lizenzsätze werden in der Regel anhand einer Standardauswertung festgesetzt und können je nach Bekanntheitsgrad des Künstlers unterschiedlich ausgestaltet sein, da der Vermarkungserfolg davon regelmäßig abhängig ist. Wird der Vertrieb vom Label selbst übernommen, ist der Handelsabgabepreis (HAP) maßgeblich. Wird hingegen ein Vertriebspartner eingeschaltet, so kann dieser ebenfalls an den durch den Handel erzielten Erlösen partizipieren. Dies wirkt sich unmittelbar mindernd auf die Lizenzbeteiligung des Künstlers aus. Dabei gilt auch: Je günstiger ein Album am Markt vertrieben wird, desto geringer ist die prozentuale Lizenzbeteiligung des Künstlers.
Vorschusszahlungen und Anrechnungen
Regelmäßig wird zwischen den Vertragsparteien eine Vorauszahlung auf die zu erwartenden Lizenzerlöse vereinbart. Dieser Vorschuss ist regelmäßig nicht rückzahlbar, selbst wenn das Label aus der Vermarktung des Tonträgers nicht die prognostizierten Erlöse erzielt. Das finanzielle Risiko bleibt also beim Label. Allerdings können Vorschüsse in aller Regel nach den Vertragsbestimmungen mit Forderungen des Künstlers verrechnet werden, die ihm aus der Auswertung der vertragsgegenständlichen Aufnahme gegen das Label zustehen. Zum Teil sehen Verträge auch sog. Querverrechnungen vor. Dabei kann der gezahlte Vorschuss mit sämtlichen Forderungen des Künstlers gegen das Label verrechnet werden, d. h. auch mit solchen, die nicht aus der vertragsgegenständlichen Produktion stammen, sondern aus anderen mit dem Label realisierten Alben. Diese Möglichkeit der Quersubventionierung sollte bei den Vertragsverhandlungen genau diskutiert werden.
Neben der Pflicht zur Zahlung der Vergütung ist das Label regelmäßig verpflichtet, sämtliche Kosten im Zusammenhang mit der Vermarktung einer vertragsgegenständlichen Aufnahme zu tragen. Eine Umlegung der Kosten für erhöhte Marketingausgaben auf den Künstler ist eher unüblich. Zumindest sollte dem Künstler in diesem Fall das Recht zustehen, auf besondere Werbemaßnahmen zu verzichten und stattdessen eine höhere Lizenz aus der Vermarktung des Albums zu verlangen.
Vertragsdauer und Optionsrechte
Die Laufzeit von Künstler(exklusiv)verträgen ist mit Blick auf den jeweiligen Vertragsgegenstand unterschiedlich. Eine langfristige Bindung ist jedoch nicht unüblich, da beide Seiten daran interessiert sein können. Da die Dauer der Rechteübertragung zeitlich uneingeschränkt erfolgt, ist sie unabhängig von der jeweils vereinbarten Vertragslaufzeit. Das Label darf die Vertragsaufnahmen also unbeschränkt auswerten. Der Künstler ist jedoch ebenfalls zeitlich unbefristet an den mit der Auswertung der Vertragsaufnahmen erzielten Erlösen zu beteiligen.
Für den Fall der erfolgreichen Zusammenarbeit behalten sich viele Labels einseitig das Recht vor, den Vertrag durch Ausübung eines einfachen oder mehrmaligen Optionsrechts um jeweils ein weiteres Vertragsjahr zu verlängern. Dafür ist regelmäßig die Schriftform vorgesehen. Wird die Option nicht ausgeübt, ist der Künstler wieder frei, eine vertragliche Bindung mit einem anderen Label einzugehen.
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