Der Schauspielervertrag – Worauf Schauspieler bei der Gestaltung von Verträgen achten sollten
Der Schauspielervertrag ist ein wichtiger Vertrag im Film- und Fernsehgeschäft. Der nachfolgende Beitrag von Rechtsanwalt David Geßner, LL.M. soll die rechtlichen Besonderheiten von Schauspielerverträgen näher beleuchten und wichtige Weichenstellungen bei der Vertragsgestaltung aufzeigen.
Bei Film- und Fernsehproduktionen werden zahlreiche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten geschlossen, meist mit dem Filmhersteller oder Produzenten eines Filmwerks als Vertragspartner. Er trägt in der Regel das wirtschaftliche Risiko der Filmherstellung und wertet den Film nach seiner Fertigstellung kommerziell aus. Dazu muss er sich zuvor diejenigen Rechte am Filmwerk übertragen und einräumen lassen, die bei den sonstigen Mitwirkenden entstehen. Neben den Filmschaffenden (Regisseuren, Drehbuchautoren, Kameraleuten, etc.) betrifft dies vor allem die Filmdarsteller (Schauspieler) und sonstigen ausübenden Künstler, deren Leistung in einer darstellerischen Mitwirkung an der filmischen Handlung besteht.
Für die Verträge, die zwischen den ausübenden Künstlern und den Filmherstellern geschlossen werden und die eine Rechteübertragung und Rechteeinräumung zum Gegenstand haben, hat sich die Bezeichnung „Schauspielervertrag“ etabliert. Schauspielerverträge legen zugleich eine Reihe von Mitwirkungspflichten der ausübenden Künstler fest und enthalten Bestimmungen zur Vergütung der Schauspieler.
Vertragsgegenstand des Schauspielervertrages
Im Rahmen des Vertragsgegenstands wird zunächst das Filmvorhaben näher bezeichnet, für welches der ausübende Künstler seine künstlerische Darbietung erbringen soll. Dabei wird auch die Rolle benannt, für die der Akteur vorgesehen ist. Der Vertragsgegenstand umschreibt auch den wesentlichen Zweck des Vertrags, welcher insbesondere in der Einräumung und Übertragung von Verwertungs- und Leistungsschutzrechten am Filmwerk liegt. Teilweise werden dort auch weitere Einzelheiten zur Produktion genannt, wie die Anzahl der geplanten Drehtage, geplante Drehorte oder der anvisierte Fertigstellungszeitpunkt des Films.
Rechteübertragung bei Schauspielerverträgen
Im Rahmen des Schauspielervertrages überträgt der Schauspieler dem Filmhersteller diejenigen Verwertungs- bzw. Leistungsschutzrechte am Filmwerk, die bei ihm als ausübendem Künstler nach §§ 73 ff. UrhG entstehen. Oft werden dabei formularmäßige Rechteübertragungsklauseln verwendet, die eine detaillierte Aufzählung einzelner Nutzungsarten enthalten. Die Rechteübertragung erfolgt in der Regel ausschließlich. Der Filmhersteller wird ferner dazu berechtigt, die vertragsgegenständlichen Rechte beliebig weiter zu übertragen.
Er wird auch befugt, Dritten weitere, nichtexklusive Nutzungsrechte an der schauspielerischen Darbietung einzuräumen. Durch diese Weiterlizenzierung verliert der ausübende Künstler die ihm nach §§ 77 ff. UrhG eingeräumten Befugnisse. Die Rechteübertragung durch den Schauspielervertrag betrifft insbesondere die Rechte im Zusammenhang mit der Festlegung der künstlerischen Darbietung auf Ton- und Bildträgern, ferner die Rechte zur Vervielfältigung und Verbreitung der Darbietung in den Medien und das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung bzw. Sendung. Erfasst ist meist auch das Recht auf Zugänglichmachung der Darbietung in Abrufdiensten („on demand“) gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, welches alle gängigen Online-Streaming-Dienste und „download-to-own“ Angebote betrifft.
Darüber hinaus wird zumeist das Recht übertragen, Bearbeitungen und Veränderungen an der Darbietung des ausübenden Künstlers vorzunehmen. Dafür bedarf es auch grundsätzlich keiner erneuten Zustimmung des Schauspielers, da diesem anders als dem Filmurheber ein Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG nicht zusteht.
Exkurs: Der Entstellungsschutz und seine Reichweite
Der Schauspieler kann sich allerdings gemäß §§ 75, 93 UrhG gegen grobe Entstellungen sowie ähnlich schwerwiegende Beeinträchtigungen seiner Darbietung wehren, wenn seine Interessen diejenigen des Filmherstellers und anderer Beteiligter am Filmwerk überwiegen. Der sog. Entstellungsschutz schützt den Schauspieler aber nur in engen Grenzen. So muss er gewisse Kürzungen seiner Darbietungen oder seiner Rolle während der Dreharbeiten hinnehmen. Nach Fertigstellung des endgültigen Schnitts ist er hingegen gemäß §§ 75, 93 UrhG stärker geschützt.
Im Rahmen der Vertragsgestaltung des Schauspielervertrages sollte daher auf die Bestimmung des Rechts zur Bearbeitung besonderen Wert gelegt werden. So kann es sinnvoll sein, den ausübenden Künstler vorab über die zu erwartenden Umgestaltungen seiner Darbietung zu informieren. Dies wird im Falle einer Interessenabwägung nach § 93 UrhG entsprechend berücksichtigt. Gleiches gilt für eine beabsichtigte (fremdsprachige) Synchronisation der Darbietung, sowie für geplante Voiceover-Fassungen. Denn derartige nachträgliche Bearbeitungen können unter Umständen den Entstellungsschutz tangieren.
So kann zB. die komplette Nachsynchronisation einer Hauptrolle durch einen Synchronisationssprecher als schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Schauspielers angesehen werden. Der Vertrag kann auch vorsehen, dass der Produzent berechtigt ist, das Filmwerk aufzuteilen oder mit anderen Werken zu verbinden, Werbeunterbrechungen einfügen zu lassen oder das Filmwerk ggf. nachträglich zu kolorieren. Der Entstellungsschutz des ausübenden Künstlers ist hiervon grundsätzlich nicht berührt.
Sonstige im Schauspielervertrag geregelten Rechte
Die Rechteübertragung betrifft in der Regel auch das Recht zur Verwendung der Darbietung im Rahmen der Werbe- und Klammerteilauswertung. Dabei gestatten Schauspieler dem Filmhersteller meist auch, ihr Bildnis zu Werbezwecken in allen Medien zu verwenden.
Regelung zur Namensnennung im Schauspielervertrag
Nach § 74, 93 Abs. 2 UrhG haben ausübende Künstler grundsätzlich das Recht auf Anerkennung ihrer darbietenden Leistung. Daher werden in Bezug auf die Namensnennung des Schauspielers meist detaillierte Vereinbarungen getroffen. So wird Schauspielern in tragenden Rollen regelmäßig zugesichert, im Vor- und Abspann des Films, oder auf Werbepostern zum Film genannt zu werden. Darsteller mit einer untergeordneten Rolle (Kleindarsteller, Komparsen und Statisten) werden hingegen meist nur im Abspann erwähnt; bei Fernsehausstrahlungen wird auf deren Nennung sogar häufig ganz verzichtet.
Mitwirkungspflichten des Schauspielers
Die Mitwirkungspflichten des Schauspielers ähneln in vielerlei Hinsicht den Pflichten von Filmurhebern. Meist verpflichtet sich der Schauspieler durch den Schauspielervertrag, dem Filmhersteller an den Drehtagen bzw. während der gesamten Dauer der Filmherstellung zur Verfügung zu stehen und die vereinbarte darstellerische Leistung zu erbringen. Dazu gehört auch das Einstudieren von Drehbüchern und Szenen im Vorfeld der Dreharbeiten, die Teilnahme an Proben (Rolle, Kostüm und Maske) oder Fototerminen, sowie die Einhaltung zeitlicher Vorgaben. Darüber hinaus sind nach Ende der Dreharbeiten regelmäßig Nachaufnahmen und Synchronisationen erforderlich, für die sich der Schauspieler ebenfalls bereithalten muss.
Üblicherweise enthalten Schauspielerverträge daher eine Verpflichtung des Schauspielers, während der Vertragszeit keine anderen vertraglichen Verpflichtungen einzugehen, die den Produktionsablauf gefährden könnten. Zum Teil behält sich der Filmhersteller vor, weitere Engagements des Schauspielers zu genehmigen oder solche Engagements mit den anderen Beteiligten abzustimmen. Die Verpflichtung des Schauspielers kann auch beinhalten, Ankündigungen mit Bezug auf das herzustellende Filmwerk an die Presse (etwa in Interviews) oder an die Öffentlichkeit in sonstige Weise zu unterlassen, sofern der Filmhersteller nicht zustimmt. Der Schauspieler verpflichtet sich dabei regelmäßig auch zur Verschwiegenheit über die filmischen Inhalte oder Produktionsdetails.
Vergütung des Schauspielers
Üblicherweise werden Schauspieler mit Pauschalbeträgen vergütet, die an eine bestimmte Anzahl von Drehtagen geknüpft sind. Wird die Anzahl der vertraglich festgelegten Drehtage ohne Zutun des Schauspielers überschritten, erhält der Schauspieler in der Regel eine zusätzliche Vergütung für jeden weiteren Drehtag. Der Vertrag kann auch vorsehen, dass einzelne, konkret bestimmte Leistungen des Schauspielers bereits durch die vereinbarte Pauschalvergütung abgedeckt sind. Vorbereitungsarbeiten, Nachaufnahmen und Synchronisationsarbeiten werden meist gesondert vergütet.
Anders als im Musikbereich sind Umsatzbeteiligungen von Schauspielern an der späteren Filmauswertung eher die Ausnahme. Mit Blick auf den Fairnessausgleich nach § 32 a UrhG wäre aber jedenfalls für Hauptrollendarsteller eine Gewinn- oder Umsatzbeteiligung angebracht. Denn nach dem auch für ausübende Künstler anwendbaren § 32 a UrhG besteht ein gesetzlicher Nachvergütungsanspruch, wenn die erbrachte Leistung des Schauspielers in einem „auffälligen“ Missverhältnis zu den Erträgen des Produzenten aus der Filmverwertung steht. Der Nachvergütungsanspruch läuft letztlich auf eine Umsatzbeteiligung hinaus. Erforderlich ist aber zumindest eine tragende Rolle des Schauspielers.
Vergütung für Kleindarsteller
Für Kleindarsteller, Komparsen und Statisten ist § 32 a UrhG hingegen häufig nicht anwendbar, da ihre Rolle in den meisten Fällen nur einen geringfügigen und daher kaum messbaren Anteil am späteren Erfolg des Films haben wird. Für sie gilt stattdessen der Tarifvertrag für Kleindarsteller im Anwendungsbereich des Manteltarifvertrags für Film- und Fernsehschaffende. Derartige Tarifverträge sind auch gegenüber dem weitergehenden Anspruch nach § 32 UrhG auf angemessene Vergütung vorrangig.
Welche Vergütungsansprüche sind vertraglich nicht abtretbar?
Ansprüche bezüglich der Teilhabe des ausübenden Künstlers an der Leermittel- und Geräteabgabe zur Abgeltung der Verwendung derartiger Geräte zur Herstellung von Privatkopien können gemäß §§ 83, 63 a UrhG nicht an den Produzenten abgetreten werden. Vom Abtretungsverbot erfasst sind auch die Vergütungsansprüche für die Videovermietung bzw. die Vermietung von sonstigen Bild- und Tonträgern. Die Abtretung der Vergütung, die bei einer Kabelweitersendung entsteht, ist nur an eine Verwertungsgesellschaft (namentlich die GVL) erlaubt.
Abtretung der Vergütungsansprüche an eine Verwertungsgesellschaft
Es kann vorkommen, dass der Künstler seine Vergütungsansprüche vor Vertragsschluss an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten hat. In diesem Fall kann der Produzent diese Ansprüche mangels Anspruchsinhaberschaft des Künstlers nicht mehr erwerben. Ein Rechteerwerb ist also nur denkbar, wenn die Abtretung der Rechte an die Verwertungsgesellschaft zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht stattgefunden hat.
Schauspieler in Anstellungsverhältnissen
Liegt ein echtes Anstellungsverhältnis zwischen Schauspieler und Produzent vor, ist der oben erwähnte Entstellungsschutz gleichwohl anwendbar und kann arbeitsvertraglich trotz § 79 Abs. 2 i. V. m. § 43 UrhG nicht abbedungen werden.
Allerdings bestehen weitergehende Rücksichtnahmepflichten des Schauspielers. So kann sich aus § 43 UrhG und dem Wesen des Arbeitsvertrages ergeben, dass der Filmhersteller die Benutzung der Darbietung durch Dritte uneingeschränkt gestatten darf. Erforderlich ist allerdings, dass die dazu erforderliche Abtretung der Leistungsschutzrechte vom Betriebszweck abgedeckt ist. Die Abtretung muss insbesondere der Auswertung des Filmwerkes dienen und branchen- oder zumindest betriebsüblich sein.
Für Schauspieler in Anstellungsverhältnissen werden regelmäßig auch Rechte und Pflichten bei Verhinderung einer Vertragspartei (inkl. Regelung der Entgeltfortzahlung, Suspendierung des Schauspielers, Rechtsfolgen bei Verhinderung, Annahmeverzug des Produzenten, etc.) festgelegt. Daneben sind auch Bestimmungen zur außerordentlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses, zur Arbeitszeit, Urlaubsansprüchen u.ä. vorgesehen. Sofern der Arbeitgeber ein tarifgebundener, nicht öffentlich-rechtlicher Filmhersteller ist, gilt auch hier der Tarifvertrag für Film- und Fernsehschaffende.
Vertragslaufzeit beim Schauspielervertrag
Da es nicht selten zu einer Verzögerung der Filmarbeiten kommt, ist die Laufzeit von Schauspielerverträgen im Regelfall an ein bestimmtes Ereignis (oft die Fertigstellung von Nacharbeiten oder Synchronisationen) geknüpft. Die Verträge sind also aufschiebend bedingt. Dies hat für den Produzenten den Vorteil, dass der Schauspieler über den Abschluss der Dreharbeiten hinaus bzw. bis zum Eintritt des Ereignisses an die Produktion gebunden ist. Da ein solches Ereignis jedoch nicht terminlich feststeht, erhält der Schauspieler in solchen Fällen zur Kompensation meist eine entsprechend höhere Vergütung. Zugleich verpflichtet sich der Produzent, sich für einen längeren Zeitraum der Sozialversicherung zu unterwerfen.
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