Erfolg gegen den Twitch-Account von „MontanaBlack“ bestätigt.
Unser Medienrechtsteam konnte für unsere Mandantin einen Erfolg gegen den Twitch-Account des deutschlandweit bekannten Youtubers und Streamers „MontanaBlack“ verzeichnen. Das Landgericht Hamburg hat den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 24.03.2023 bestätigt.
Zum Sachverhalt:
Am 30.11.2022 hat das Landgericht in dieser Sache unserem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vollumfänglich stattgegeben. Gegen diese einstweilige Verfügung wurde von Seiten des Streamers „MontanaBlack“ am 21.02.2023 ein Widerspruch eingelegt. Die Richter und Richterinnen des Hamburger Landgerichts haben jedoch am 24.03.2023 auf Grund der mündlichen Verhandlung den Erlass der einstweiligen Verfügung vom 30.11.2022 bestätigt.
Vorangegangen war ein Livestream des vor allem in den jüngeren Altersschichten bekannten Twitch-Streamers „MontanaBlack“, in dem Ende Oktober 2022, im Hamburger Wildpark Schwarze Berge mehrfach unsere Mandantin und ihr minderjähriges Kind unzensiert zu sehen waren, ohne dass eine entsprechende Einwilligung eingeholt worden ist. Dieser Livestream war sodann nach der Live-Ausstrahlung auf der Seite twitch.tv zum dauerhaften Abruf gespeichert.
Erlass der einstweiligen Verfügung vom 30.11.2022:
Verbreitung des Bildnisses ist rechtswidrig:
Mit Beschluss vom 30.11.2022 untersagte es die 24. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg, das Bildnis unserer Mandantin und ihrer noch minderjährigen Tochter weiterhin ohne deren Einwilligung zu verbreiten oder öffentlich zur Schau zu stellen und folgte damit vollumfänglich der von uns vertretenen Rechtsauffassung.
Verletzung des Rechts am eigenen Bild
Das Landgericht Hamburg stützt seine Entscheidung im Verfügungsverfahren auf den Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, §§ 22, 23 KUG.
Das Kunsturhebergesetz (KUG) ist dabei Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht nur ein sog. „Rahmenrecht“ ist, bedurfte es der einfachgesetzlichen Konkretisierung in den §§ 22, 23 KUG.
Grundsätzlich: Einwilligung erforderlich
Dabei sieht § 22 KUG vor, dass die Verbreitung und die öffentliche Zurschaustellung des Bildnisses einer Person nur mit Einwilligung der betroffenen Person möglich sein soll. Dabei ist eine Einwilligung der betroffenen Person nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut hingegen nicht für die Anfertigung des Bildmaterials erforderlich.
Einwilligung: ausdrücklich, konkludent, schriftlich, mündlich
Die Einwilligung i.R.v. § 22 KUG ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Sie kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen, wenngleich die schriftliche Fixierung der Einwilligung mit einem erhöhten Grad an Rechtssicherheit einhergeht. Zudem kann die Einwilligung entweder ausdrücklich oder konkludent erfolgen.
Ein typischer Fall der konkludenten Einwilligung (durch schlüssiges Verhalten) sind Aufnahmen eines Fernsehteams in der Fußgängerzone. Ist für den Passanten erkennbar, dass es sich um ein Filmteam handelt, welches Aufnahmen anfertigt und stellt sich der Passant bewusst in das Bild, dann ist eine Einwilligung regelmäßig zu bejahen.
Ausnahmen
Wenngleich nach dem gesetzlichen Leitbild des § 22 KUG eine Einwilligung erforderlich ist, hat der Gesetzgeber erkannt, dass es auch Situationen geben kann, in denen ein öffentliches Interesse den persönlichkeitsrechtlichen Interessen der betroffenen Person überwiegt. Deshalb sieht § 23 KUG Ausnahmen vor, in denen eine Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung auch ohne Einwilligung möglich ist.
So heißt es in § 23 Abs. 1 KUG:
Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
- Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte;
- Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
- Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
- Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
Bloßes Erkennen der Filmaufnahmen führen nicht zur Einwilligung
In seiner Entscheidung verdeutlicht das Landgericht Hamburg, dass eine Einwilligung unserer Mandantin in die Verbreitung der Filmaufnahme nicht bereits aus dem Umstand geschlussfolgert werden kann, dass sie sich umdreht und in die Kamera schaut bzw. wahrnimmt, dass Filmaufnahmen angefertigt werden. Zumindest sei für eine Einwilligung dem Filmaterial nichts zu entnehmen.
Einwilligung insbesondere nicht nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG entbehrlich
Während die Gegenseite noch die Auffassung vertrat, dass es sich bei unseren Mandantinnen lediglich um „Beiwerk“ i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG handeln würden, erteilte das Landgericht Hamburg dieser Auffassung eine Abfuhr.
Insofern führt das Landgericht Hamburg aus:
„Insbesondere lässt der Vortrag der Antragsgegnerseite nicht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 KUG erkennen. Insoweit ist hinsichtlich des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG zugrunde zu legen, dass dieser Tatbestand nur eingreift, wenn die abgebildete Person allein als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstiger Örtlichkeit erscheint; hiervon kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn die Abbildung einer Landschaft oder sonstiger Örtlichkeit das Bild prägt und nicht ihrerseits selbst ‚Beiwerk‘ ist“.
Weil vorliegend jedoch nicht die Landschaft des Wildparks die Bildaufnahme prägt, sondern „MontanaBlack“ als Protagonist des Streams und damit die Landschaft selbst nur „Beiwerk“ sei, komme der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG hier nicht zur Anwendung.
Einen Abschluss hat dieses Verfahren allerdings auch damit noch nicht gefunden. Es schließt sich nach dem einstweiligen Rechtsschutz für unsere Mandantin das Hauptverfahren an. Eine entsprechende Klage in der Hauptsache haben wir bereits am 05.05.2023 vor dem Landgericht Hamburg eingereicht.
Titelbild: © Rawf8/ AdobeStock