Ex-BSI-Chef gewinnt Prozess gegen ZDF und Böhmermann
Der Satiriker Jan Böhmermann hat in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ im Jahr 2022 über den Ex-Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, kurz BSI, Arne Schönbohm berichtet. Einige der von Böhmermann getätigten Aussagen stellten nach Auffassung des Landgerichts München Schönbohm so dar, als habe er eine konkrete Verbindung zu russischen Nachrichtendiensten. Unter anderem wurde er als „Cyberclown“ bezeichnet.
Aufgrund der Sendung wurde Schönbohm durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser von seinem Posten entlassen. Begründet wurde dies mit einem verlorenen Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität des BSI-Chefs. Allerdings stellte sich später heraus, dass Schönbohm trotz Recherche des Ministeriums keine Verstöße gegen seine Dienstpflichten nachgewiesen werden konnten.
Gegen die Äußerungen von Böhmermann ging Schönbohm in München gerichtlich vor und forderte dort Unterlassung und Geldentschädigung. Aber auch gegen die Kündigung von Faeser ging Schönbohm vor. Letzteres Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
So hat das Landgericht München entschieden
Das Landgericht München I befasste sich mit der Frage, ob das zweite deutsche Fernsehen presserechtliche Sorgfaltspflichten außer Acht gelassen hatte. Wegen der Aussagen Böhmermanns stand die zentrale Frage im Raum, ob diese das Persönlichkeitsrecht von Arne Schönbohm verletzen. Laut Schönbohm haben die Äußerungen seine Karriere zerstört.
Konkret wurden fünf Aussagen von Schönbohm gerügt. Vier davon hielt das Gericht für rechtswidrig. Unter anderem stufte das Gericht offene Fragen als Tatsachenbehauptungen ein, welche bewusst den Ruf des Adressaten schädigen.
Das Gericht stufte Böhmermanns Äußerungen als sogenannte mehrdeutige Tatsachenbehauptungen ein. Trotz der Formulierung als Fragen seien die Äußerungen teilweise so deutbar, dass sie Schönbohm konkret russische Kontakte unterstellen.
In einer Äußerung hieß es „in seiner Zeit als Präsident des Vereins ‚Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.‘ stand Herr Schönbohm nicht bewusst in Kontakt mit Nachrichtendiensten aus Russland oder anderen Ländern. Ne klar nicht bewusst, wie denn sonst? Unbewusst, oder was?“. Der letzte Teil dieser Äußerung stellte für das Gericht keine offene Frage mehr dar, sondern eine Tatsachenbehauptung, welche Schönbohm in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.
Das Gericht argumentierte auch damit, dass die Wirkung der Sendung dafür spreche, wie die geäußerten Fragen Böhmermanns bei den Zuschauern ankamen. Schönbohm wurde von seinem Posten entlassen und ging als mutmaßlich mit Russland in Verbindung stehender Leiter einer Bundesbehörde durch die Medien. Dies spricht nach Auffassung des Gerichts für eine Schönbohm konkrete Dinge unterstellende Rezeption der Fragen Böhmermanns.
Rechtliche Einschätzung
Die Meinungsäußerungsfreiheit schützt Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen, wenn diese wahr sind. Fragen sind vor einer Bewertung genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Zulässigkeit der geäußerten Frage hängt von einigen Merkmalen ab.
Zwar stellen offene „echte“ Fragen zunächst keine eigene Aussage dar. Sie sind äußerungsrechtlich weder als Werturteil (Meinungsäußerung) noch als Tatsachenbehauptung einzustufen. Sie sind vom Sinn und Zweck allerdings Teil der geschützten Kommunikation.
Demgegenüber stellen die Äußerungen Böhmermanns nach Auffassung des LG München I sogenannte rhetorische „unechte“ Fragen dar. Diese suggerieren zugleich eine Antwort ohne ein Ergebnis offen zu lassen. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass beispielsweise die Aussagenteile „Ne klar, nicht bewusst, wie denn sonst? Unbewusst, oder was?“ keine echte offene Frage darstellen, weil hier die Antwort suggeriert werde. Demnach seien die Fragen als Tatsachenbehauptungen einzustufen.
Des Weiteren stufte das Gericht Äußerungen Böhmermanns als mehrdeutige unwahre Tatsachenbehauptungen ein. Bei mehrdeutigen Äußerungen, also Äußerungen, welche mehrere Deutungen zulassen, ist in der Regel die Deutung maßgeblich, welche die Meinungsäußerungsfreiheit „begünstigt“. Bei den Äußerungen Böhmermanns sei es allerdings nicht fernliegend gewesen, dass er Schönbohm beschuldigt, konkrete Kontakte zu Russland gehabt zu haben, welche die IT-Sicherheit Deutschlands gefährdeten. So wurde dies als Deutungsvariante festgelegt und die Äußerung als unwahre Tatsachenbehauptung eingestuft.
Fazit
Die Entscheidung des Gerichts zeigt bestehende Grenzen für Satire auf. Auch Satiriker dürfen keine unwahren Tatsachenbehauptungen verbreiten, da diese persönlichkeitsrechtsverletzend sind.
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