Gutschein für Bewertung: Wann die Bewertung gekennzeichnet werden muss
Sowohl für den stationären Handel als auch für den Online-Handel werden (gute) Bewertungen von Kunden auf den einschlägigen Bewertungsportalen (Google, Amazon, Jameda, usw.) immer wichtiger. Das liegt vor allem daran, dass eine Vielzahl von Kunden sich bei ihrer Kaufentscheidung von positiven und negativen Bewertungen beeinflussen lässt. Immer beliebter ist das sogenannte Modell: Gutschein für Bewertung. Doch darf aber ein Unternehmen für die Abgabe einer Bewertung eine Gegenleistung versprechen (z.B. einen Gutschein)?
Gutscheine und Preisnachlässe als Lockmittel
Es ist kein neues Phänomen. Schon seit etlichen Jahren verlassen sich die Käufer – häufig Verbraucher – auf die von anderen Personen abgegebenen Bewertungen auf einschlägigen Bewertungsportalen wie Google, Amazon, Jameda und Co.
Mit Zusendung des Produkts oder nach Erbringung der Dienstleistung erhalten die Kunden häufig einen Flyer o.ä., auf dem Phrasen wie
„Sie sind von uns begeistert oder wollen einfach Ihre Meinung über uns mit anderen teilen? Wenn Sie innerhalb von 90 Tagen nach Erhalt unserer Waren eine Bewertung auf dem folgenden Meinungsportal abgeben (...) und uns eine Kopie der Bewertung per Email (...) senden, erhalten Sie von uns nachträglich einmalig einen Preisrabatt von 10% auf den Warenwert Ihrer letzten Bestellung“ (OLG Hamm, Urt. v. 23.11.2010 – 4 U 136/10 = GRUR-RR 2011, 473).
Häufig bieten Verkäufer den Käufern noch höhere Rabatte an, wenn die abgegebenen Bewertungen positiv ausfallen. Dies verleitet viele Käufer dazu eine bessere Bewertung nur des Rabattes wegen abzugeben. Andere Kaufinteressenten entscheiden sich dann ggf. aufgrund der positiven Bewertung für das Produkt.
Achtung: Wettbewerbszentrale mahnt immer wieder Händler ab
Immer wieder mahnt die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V. („Wettbewerbszentrale“) stationäre Händler und Online-Händler ab, die ihren Kunden für die Bewertung eine Gegenleistung anbieten oder versprechen.
So erwirkte die Wettbewerbszentrale bereits im Jahr 2018 eine außergerichtliche Unterlassungserklärung eines Elektronikhändlers, welcher bei seinen auf dem Online-Marktplatz Amazon verkauften Artikeln einen Gutschein versendete, auf dem stand: „Sie sind zufrieden mit dem Produkt? Dann bieten wir Ihnen an, 15,- Euro zu erstatten, wenn Sie auf der Produktseite eine positive Bewertung für das Produkt hinterlassen (...)“ .
Verstoß gegen § 3 Abs. 3 UWG iVm Nr. 11 des Anhangs
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt, wann geschäftliche Handlungen im Interesse der Verbraucher und Wettbewerber unzulässig sind und unterlassen werden müssen. Dabei hat der Gesetzgeber im Anhang zum UWG spezielle geschäftliche Handlungen aufgelistet, die er für besonders wettbewerbsschädlich hält und deshalb stets als unzulässig ansieht (sog. „blacklist“).
Gem. Nr. 11 des Anhangs zum UWG ist „der vom Unternehmer finanzierte Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte Werbung)“ eine unlautere und damit unzulässige geschäftliche Handlung iSv § 3 Abs. 3 UWG.
Einsatz zum Zweck der Verkaufsförderung
Nr. 11 des Anhangs setzt voraus, dass der finanzierte Einsatz redaktioneller Inhalte gerade „zu Zwecken der Verkaufsförderung“ stattfinden muss. Dieses Merkmal ist weit auszulegen (Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, Anh. zu § 3 III Rn. 11.3). Es werden insoweit alle Maßnahmen erfasst, die dazu dienen, den Verkauf einer Ware oder Dienstleistung zu fördern (BGH GRUR 2011, 163 (165) Rn. 18 – Flappe).
Indem die Unternehmen den Käufern einen Gutschein in Aussicht stellen, geben diese häufig eine (ggf. bessere) Bewertung ab, als sie dies objektiv ohne diesen Anreiz tun würden. Durch die besseren Bewertungen greifen wiederum andere Kunden häufig zu dem gut bewerteten Produkt. Das Produkt verkauft sich dadurch besser.
Somit dient das Inaussichtstellen eines Gutscheins jedenfalls mittelbar der Verkaufsförderung.
Der Bewertungstext als redaktioneller Inhalt
Ein Verstoß setzt dabei woraus, dass die Bewertung einen redaktionellen Inhalt hat, also eine Auseinandersetzung mit dem Produkt aufweist. Schreiben Kunden eine Bewertung, so setzten sie sich regelmäßig mit dem erhaltenen Produkt auseinander und schildern Vor- und Nachteile. Der Bewertungstext kann – wenn er sich als objektive neutrale Berichterstattung darstellt – einen redaktionellen Inhalt iSv Nr. 11 des Anhangs haben.
Lösung: Kennzeichnung
Umgehen kann man den Vorwurf der Irreführung nach § 3 Abs. 3 UWG iVm Nr. 11 des Anhangs dann, wenn der Zusammenhang zwischen der Bewertung und der Gegenleistung für den Verbraucher erkennbar und damit transparent wird. Möglich ist z.B. eine Kennzeichnung mit „Anzeige“ o.ä. Dann kann der Verbraucher erkennen, dass diese Bewertung nicht alleine die objektiven Eindrücke des Käufers wiedergibt, sondern die Bewertung ggf. durch eine finanzielle Gegenleistung beeinflusst wurde.
Verstoß gegen § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG
Denkbar ist jedoch, dass die Gewährung eines Rabattes oder Gutscheins als Gegenleistung für eine (gute) Bewertung gegen § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG verstößt.
So führt das OLG Hamm in seinem Urteil v. 23.11.2010 (Az. 4 U 136/10) wie folgt aus: „Ist die lobende Äußerung über das Produkt dagegen „erkauft“, ohne dass auf die versprochene Gegenleistung hingewiesen worden ist, wird der Verkehr irregeführt“.
Auf die Höhe der Gegenleistung kommt es nach Ansicht des OLG Hamm nicht an. So heißt es:
„Das Argument der Klägerin, dass es sich dabei jeweils um eher geringe Beträge handelt, greift nicht durch.“
Ein Verstoß gegen § 5 UWG liegt auch dann vor, wenn die Bewertung neutral oder negativ ausfällt, diese aber dennoch auf einer Gegenleistung des Unternehmens beruht und dies nicht hinreichend gekennzeichnet wurde.
Fazit
Das „Erkaufen“ von Kundenbewertungen ist dann wettbewerbswidrig, wenn hierdurch eine Irreführung der Verbraucher stattfindet. Eine Irreführung liegt regelmäßig dann vor, wenn Bewertungen, welche aufgrund einer Gegenleistung des Verkäufers abgegeben wurden, nicht entsprechend gekennzeichnet werden. Die Höhe der Gegenleistung ist für die Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit nicht von Bedeutung. Eine Kennzeichnung ist auch dann notwendig, wenn die Bewertung lediglich neutral oder negativ ist, sofern auch diese wegen einer Gegenleistung abgegeben wurde.
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