Haftung für Absagen von Veranstaltungen in der Corona-Krise
Die Haftung für Absagen von Veranstaltungen in Zeiten von Corona ist aktuell ein wichtiges Thema für Unternehmen aus dem Veranstaltungsbereich.
Das öffentliche Leben ist in den letzten Wochen praktisch zum Erliegen gekommen. Betroffen sind neben zahlreichen Kultur- und Sportveranstaltungen auch Messen. Es sind schlechte Zeiten für Unternehmen, die ihr Geld mit öffentlichen Veranstaltungen verdienen. Nachdem zunächst Großveranstaltungen abgesagt wurden, untersagten Behörden später zunehmend alle Veranstaltungen. Die Absage sämtlicher Veranstaltungen hat nun gravierende Auswirkungen auf die einzelnen Wirtschaftszweige, insbesondere auf die Event-Branche.
Hier besteht aufgrund der aktuellen Situation ein großer Bedarf an Aufklärung. Es stellen sich für Unternehmen viele Fragen, wie zum Beispiel, wer für einen Verdienstausfall haftet, welcher durch eine Absage entstand.
Haftung für Absagen von Messeveranstaltungen
Zunächst ist bei der Frage nach der Haftung für die Absage einer Veranstaltung danach zu differenzieren, ob die Absage auf einer offiziellen behördlichen Verfügung beruht oder durch den Veranstalter selbst, aus Gesundheitsschutzerwägungen oder wirtschaftlichen Gründen vorgenommen wurde. Sowohl im Fall einer behördlichen als auch einer freiwilligen Absage einer Veranstaltung sind in erster Linie die abgeschlossenen Verträge maßgeblich.
Dabei muss zwischen den einzelnen Vertragsbeziehungen – Veranstalter mit Ausstellern bzw. Dienstleistern, Veranstalter mit Besuchern und ggf. Dritten, Veranstalter mit Werkunternehmern und ggf. Hoteliers – unterschieden werden. Ist in den Verträgen eine sog. Force Majeur Klausel enthalten, kann entweder die Ausbreitung der Corona Pandemie selbst bzw. die behördliche Anordnung der Veranstaltungsabsage als höhere Gewalt eingestuft werden.
Schadensersatzansprüche infolge einer behördlichen Anordnung
Wurde einem Unternehmer die Durchführung einer Veranstaltung behördlich, unter Bezugnahme auf eine Eindämmung der Corona-Krise untersagt, liegt für den Veranstalter ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit (§ 275 BGB) vor. Der Veranstalter wird von seiner Leistungspflicht – der Durchführung der Veranstaltung – frei und muss im Gegenzug bereits gezahlte Gebühren und Eintrittspreise ausbezahlen.
Für sonstige bereits getätigten Aufwendungen, wie zum Beispiel Anreise- und Übernachtungskosten ist der Veranstalter allerdings nicht haftbar. Ein Aufwendungs- und/oder Schadensersatzanspruch gegen den Veranstalter setzt voraus, dass der Veranstalter die Absage zu vertreten hat, das ist aber gerade bei einer behördlichen Anordnung das ein unerwartetes Ereignis darstellt, nicht der Fall. Etwas anderes könnte lediglich dann gelten, wenn eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) einschlägig ist und eine Vertragsanpassung erforderlich macht.
Infolge der Absage einer Veranstaltung kann die Ausstellungsfläche nicht mehr bebaut werden. Für das Verhältnis Veranstalter – Werkunternehmer stellt sich damit die folgende, nicht abschließend geklärte Frage, ob ein Werkunternehmer den Veranstalter als seinen Arbeitgeber in Anspruch nehmen kann. Der Bundesgerichtshof (NJW-RR 2016, 498, beck-online) spricht in dieser Konstellation dem Werkunternehmer ein Schadensersatzanspruch für die Teilvergütung und bereits erbrachte Leistungen zu.
Der Werkunternehmer kann zudem im Falle von bestellten Werkleistungen gemäß § 648a BGB kündigen. Bei einer solchen Kündigung kann der leistende Unternehmer die Vergütung verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt (§ 648a Abs. 5 BGB).
Schadenersatzansprüche bei freiwilliger Absage der Veranstaltung durch den Veranstalter
Liegen keine behördlichen Anweisungen, sondern lediglich unverbindliche Empfehlungen und entscheidet sich der Veranstalter trotzdem dazu eine Veranstaltung abzusagen, trägt er das volle wirtschaftliche Risiko. Es kommen sowohl Erstattungsansprüche von bereits geleisteten Eintrittspreisen, als auch Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche in Betracht.
Je nach Einzelfall kann auch eine freiwillige Absage des Veranstalters mit der Einhaltung von Verkehrssicherungspflichten gerechtfertigt sein. Eine Verkehrssicherungspflicht liegt grundsätzlich dann vor, wenn eine besondere Gefahrenlage durch Eröffnung des Verkehrs geschaffen wird. Wenn die Absage einer Veranstaltung das einzige Mittel ist, die Gefährdung einer Ansteckung bzw. Verbreitung des Coronavirus zu verhindern, so darf der Veranstalter durch seine Entscheidung grundsätzlich nicht schlechter stehen, als im Falle einer behördlichen Anordnung.
Haftung wegen der Absage von Sportveranstaltungen
Die rasante Ausbreitung des Coronavirus hat auch die Sportwelt komplett zum Erliegen gebracht. Kein Sport bedeutet auch: Keine Liveübertragungen im Fernsehen und Internet. Streaming- Anbieter und weitere Plattformen sind in ihrem Geschäftsmodell getroffen. Zahlreiche Streaming- Anbieter prüfen derzeit Entschädigungszahlungen an ihre Kunden. Langfristig sollen neue Formate dazukommen. Für die Absage von Sportveranstaltungen gilt dasselbe wie für die Absage von Messen.
Staatliche Entschädigung der Veranstalter nach dem IfSG
Die Absage von (Groß)Veranstaltungen zieht einen erheblichen wirtschaftlichen Verlust nach sich. Noch viel zu wenig beleuchtet ist daher die Frage, ob bei einer behördlich angeordneten Absage wegen des Coronavirus eine Entschädigung gegen den Staat geltend gemacht werden kann. Das Bundeswirtschaftsministerium prüft bislang, ob betroffene Unternehmen eine Entschädigung erhalten können.
Das Infektionsschutzgesetz, auf dessen Grundlage die Behörden die Absage von Großveranstaltungen anordnen können, sieht in § 65 IfSG für bestimmte Fälle Entschädigungsansprüche gegen das Land vor, wenn aufgrund von behördlichen Maßnahmen zum Infektionsschutz ein „nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird″. Teilweise wird angenommen, dass dies auch mögliche Entschädigungen für die Absage von (Groß-)Veranstaltungen einschließen kann.
Der Wortlaut und die Systematik der Norm sprechen allerdings dafür, dass derartige Schäden von der Vorschrift nicht erfasst werden sollen. Der Anspruch auf Entschädigung richtet sich gegen behördliche Maßnahmen, bei denen Gegenstände des Adressaten beschädigt oder in sonstiger Weise im Wert gemindert werden. Ein Entschädigungsanspruch kann auch nicht aus § 56 IfSG hergeleitet werden, denn dieser setzt voraus, dass der Veranstalter ein Träger von Krankheitserregern ist. Das wird in den seltensten Fällen zutreffen. Entschädigungsansprüche aus dem Infektionsschutzgesetz kommen damit nicht in Betracht.
Fazit:
Bei der Absage von (Groß-)Veranstaltungen gibt es keinen speziellen Entschädigungsanspruch gegen den Staat. Diesen Anspruch haben weder der Veranstalter noch Besucher oder Aussteller. Es gilt das allgemeine Zivilrecht. Für die einzelnen Vertragsbeziehungen gilt es dann zu prüfen, was zwischen den Parteien vertraglich vereinbart wurde und welche Ansprüche die Parteien haben.
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