Renate Künast erreicht nach Hatespeech Teilerfolg vor der Pressekammer des LG Berlin
Das Landgericht Berlin hatte mit seinem umstrittenen Gerichtsbeschluss im September vergangenen Jahres zu Hasskommentaren auf Facebook gegen Grünenpolitikerin Renate Künast landesweit für Aufregung gesorgt. Nun erfolgte die Kehrtwende des Gerichts – zumindest teilweise.
Was war passiert?
Künast hatte von Facebook die Herausgabe von Bestandsdaten von Nutzern nach § 14 Abs. 3 TMG begehrt, nachdem sie auf Facebook von ihr unbekannten Nutzern mit teilweise wüsten Beschimpfungen überzogen worden war. Auslöser der Beschimpfungen war ein vermeintliches Zitat von Künast, das ein Facebook-Nutzer unter einem Online-Artikel der Zeitung „Die Welt“ aus dem Jahr 2015 gepostet und damit Künast zugeschoben hatte: „Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist, ist Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut jetzt“.
Das Gericht entschied damals, dass die Politikerin insgesamt 22 Facebook-Kommentare hinzunehmen habe, in denen sie unter anderem als „Stück Scheisse“, „Sondermüll“ und „Drecks Fotze“ bezeichnet wurde. Die von Künast beanstandeten Kommentare wiesen nach Auffassung des Gerichts einen Sachbezug auf und stellten „keine Diffamierungen der Person“ dar, so die Begründung des Gerichts. Letztlich handele es sich um noch zulässige Meinungsäußerungen, die sich „haarscharf an der Grenze des von der Antragstellerin noch Hinnehmbaren“ bewegen würden.
Landgericht revidiert seine Entscheidung nun teilweise
Nachdem Künast sofortige Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt hatte, korrigierte das Gericht nun in Teilen seine Entscheidung und half der Beschwerde damit teilweise ab. Die Entscheidung ist jedoch nicht rechtskräftig.
Nach der Pressemitteilung des Gerichts seien die Kommentare „im Lichte der höchstrichterlichen und verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit nochmals geprüft“ worden. Nachdem im Beschwerdeverfahren nun erstmals vollständig der Ausgangspost zu einer Äußerung Künasts im Berliner Abgeordnetenhaus im Jahr 1986 zum Thema Strafandrohung wegen sexueller Handlungen an Kindern vorgelegt worden sei, hätten die Zusammenhänge neu wertet werden müssen. Auch aufgrund der zusätzlich erlangten gerichtlichen Erkenntnisse zu den jeweiligen Urhebern sei nicht mehr davon auszugehen, dass die Verfasser der 22 streitgegenständlichen Kommentare annehmen durften, dass die im Ausgangspost wiedergegebene Äußerung tatsächlich von Künast stamme.
Vor diesem Hintergrund enthielten sechs der 22 beanstandeten Kommentare auf Facebook nunmehr „jeweils einen rechtswidrigen Inhalt im Sinne einer Beleidigung „, so die Richter der Pressekammer. Konkret ging es dabei die Äußerungen „Diese hohle Nuß gehört entsorgt, auf die Mülldeponie, aber man darf ja dort keinen Sondermüll entsorgen“ „Schlampe“, „Schlamper“, „Drecks Fotze“, „Ferck du Drecksau“ und „Stück Scheisse“. Das Gericht bestätigte damit in diesen sechs Fällen den Anspruch gegen Facebook auf Herausgabe der Nutzerdaten.
16 Kommentare weiterhin zulässige Meinungsäußerungen
Die übrigen 16 Kommentare, darunter Äußerungen wie „Sie alte perverse Drecksau!!!!! Schon bei dem Gedanken an Sex mit Kindern muss das Hirn wegfaulen!!!“, „Geisteskrank“, „Gehirnamputiert“ oder „Pfui du altes grünes Dreckschwein…“, würden allerdings nach Auffassung der Richter einen Sachbezug aufweisen. Es handele sich dabei um Äußerungen, die „das Verhalten der Antragstellerin oder den Aussagegehalt des von ihr im Jahre 1986 getätigten Einwurfs im Berliner Abgeordnetenhaus kritisierten und sich nicht in der persönlichen Herabsetzung der Antragstellerin erschöpften“, so die 27. Kammer des Landgerichts in der amtlichen Pressemitteilung.
Kammergericht muss nun entscheiden
Die 16 Äußerungen, in denen Künasts Beschwerde nicht erfolgreich war, wurden nun dem Berliner Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Rechtsstreit geht damit in die zweite Instanz. Künast hat aber bereits angekündigt, sie werde auch den Korrektur-Beschluss so nicht akzeptieren, da darin herabwürdigende Beleidigungen gegen sie weiterhin als zulässige Meinungsäußerungen qualifiziert werden würden.
Fazit:
Es ist zu begrüßen, dass die Pressekammer, wenn auch aufgrund scheinbar neuen Tatsachenvortrags der Antragstellerin, zumindest 6 der herabwürdigenden Äußerungen für unzulässig hält. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Kammergericht weitere der übrigen 16 Äußerungen als rechtswidrig einstufen wird. Als auf das Medienrecht spezialisierte Fachanwaltskanzlei vertreten wir Mandanten, welche Opfer unzulässiger Medienberichterstattung geworden oder im Internet diffamiert worden sind, bundesweit. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.