EGMR sieht Meinungsfreiheit in »Amöneburger Flugblatt Affäre« verletzt
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte(EGMR) hat im Fall »Dr. Brosa gegen Bundesrepublik Deutschland« mit Urteil vom 17. April 2014 (Az.: 5709/09) entschieden, dass der Initiator einer Flugblatt-Aktion Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro als Entschädigung erhalten soll. Im Zuge der hessischen Kommunalwahlen 2005 verteilte ein Mann ein Flugblatt, welches Nazi-Vorwürfe gegen einen Kandidaten für das Bürgermeisteramt enthielt. Mittels einstweiliger Verfügung verboten die deutschen Gerichte es dem Beschwerdeführer, die Flugblätter zu verteilen. Ferner untersagten sie ihm auch die Darstellung des betroffenen Bürgermeisterkandidaten als Sympathisanten von Neo-Nazi-Organisationen.
Der EGMR vertrat jedoch die Auffassung, die Entscheidung der deutschen Gerichte sei fehlerhaft und stelle eine Verletzung des Art. 10 EMRK dar. Den Entscheidungen sei insbesondere nicht zu entnehmen, dass eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des betroffenen Kandidaten gegenüber der Meinungsäußerungsfreiheit vorliegend dazu führe, dass der Schutz des Persönlichkeitsrechts überwiege. Der EGMR war der Ansicht, dass es sich bei der Frage der Eignung des Kandidaten in dem damaligen Fall um ein Thema von öffentlichem Interesse handelte und der Begriff »Neo-Nazi-Organisation« eine Meinungsäußerung darstelle, deren Schutzwürdigkeit einer Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Kandidaten zu unterziehen sei. Die deutschen Gerichte hätten nicht dargelegt, dass und warum das Persönlichkeitsrecht des Kandidaten überwiege.