Keine Kennzeichnungspflicht für Influencer bei offensichtlicher Werbung
ein Beitrag von RA David Geßner, LL.M.
Nachdem sich bereits zahlreiche Gerichte mit der Frage der Kennzeichnungspflicht bei der Werbung in den sozialen Medien beschäftigt haben, hat sich nun auch das der 15. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 02.07.2020, Az. 15 U 142/19) damit befasst.
Der Fall: Wettbewerbsverband mahnt ab
Ein Wettbewerbsverband hatte eine Influencerin, die regelmäßig Beiträge zu den Themenbereichen Mode, Lifestyle und Kosmetik bei Instagram postet, wegen der fehlenden ausdrücklichen Kennzeichnung dreier Posts als „Werbung“ in Anspruch genommen. Die Influencerin, die weit über 1,7 Millionen Follower bei Instagram aufweist, kennzeichnet nur diejenigen Beiträge mit Produkten als Werbung, für die sie eine Vergütung von den jeweiligen Unternehmen erhält.
Der Wettbewerbsverband hielt es für unzulässig, dass andere Beiträge der Influencerin, die Hinweise auf den Hersteller der präsentierten Produkte beinhalten, nicht entsprechend gekennzeichnet wurden.
Keine Kennzeichnungspflicht bei Offensichtlichkeit des kommerziellen Zwecks
Das Gericht entschied zugunsten der Influencerin. Bei über 1,7 Millionen Followern sei es für den durchschnittlichen Internetnutzer offensichtlich, so die Richter, dass Beiträge der Influencerin auch Werbung enthalten würden. Bei einer solchen Offensichtlichkeit sei eine Irreführung der Verbraucher ausgeschlossen, da sie den kommerziellen Zweck eines Posts „auf den ersten Blick“ erkennen können. Daher müsse die Influencerin ihre Beiträge auch nicht ausdrücklich als Werbung kennzeichnen.
Beiträge zwar geschäftliche Handlungen, aber nicht wettbewerbswidrig
Zwar stellte das Gericht klar, dass auch diejenigen Beiträge mit Produktempfehlungen, für die die Influencerin keine Vergütung erhält, als geschäftliche Handlung einzustufen seien, da sie den eigenen bzw. fremden Wettbewerb fördern. Die fehlende Kennzeichnung führe allerdings nicht dazu, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.
Denn den Followern der Influencerin sei bewusst, so das Gericht, dass es sich bei den Beiträgen letztlich um eine Marketingmaßnahme handele, auch wenn eine persönliche Note der Influencerin enthalten sei. Für die Follower und Abonnenten seien die Hintergründe der Empfehlung eines bestimmten Produktes eher sekundär. Insofern seien die gleichen Maßstäbe anzuwenden wie bei redaktionellen Produktempfehlungen in Printmedien. Hier seien Produkthinweise ebenfalls erlaubt, ohne dass dies als Schleichwerbung gelte.
Obergerichtliche Rechtsprechung immer noch nicht einheitlich
Trotz der Entscheidung des OLG Hamburg lässt sich immer noch nicht von einer gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung zu Influencern sprechen. Zwar hatte das OLG München (Az.: 4 HK O 14312/18) erst kürzlich ebenfalls argumentiert, informierte Internetnutzer wüssten, dass bekannte Influencer mit ihrem Instagram-Profil kommerzielle Interessen verfolgen. Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) sollten Influencer weiterhin vorsorglich jegliche Werbung kennzeichnen, um Abmahnungen zu vermeiden.
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