Vergleichende Werbung – Welche Spielregeln müssen von Mitbewerbern eingehalten werden?
Vergleichende Werbung ist nur unter Einhaltung bestimmter Regeln zulässig. Das UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) sieht konkrete Tatbestände vor, deren Erfüllung einen Wettbewerbsverstoß darstellen. Als Fachanwaltskanzlei für Gewerblichen Rechtsschutz und Rechtsanwälte für Wettbewerbsrecht sind wir sowohl auf Passivseite als auch auf Aktivseite erfahren im Umgang mit allen Fragen rund um vergleichende Werbung durch Mitbewerber.
Für Unternehmen ist der Vergleich zur Konkurrenz und die Herausstellung der eigenen Vorzüge durch vergleichende Werbung ein nützliches Marketingmittel. Zugleich ist diese Art der Werbung ein rechtlich sehr sensibles Gebiet, bei dem es nachvollziehbarer Weise zu erheblichen Spannungen mit dem/den betroffenen Mitbewerber(n) kommen kann. Daher lohnt es sich sowohl für vergleichend Werbende, als auch hiervon betroffene Unternehmen, sich mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen von vergleichender Werbung näher zu beschäftigen.
Der nachfolgende Beitrag zeigt die Grenzen der Zulässigkeit vergleichender Werbung auf und enthält wichtige Hinweise für Werbende und von vergleichender Werbung betroffene Unternehmen.
Vergleichende Werbung und die frühere Rechtslage
Lange Zeit war vergleichende Werbung in Deutschland grundsätzlich verboten und nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig. Dieses Regel- und Ausnahmeverhältnis hat sich jedoch mit der Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) im Zuge der Umsetzung der europäischen Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung 2006/114/EG („Werbe-RL“) umgekehrt. Seitdem ist vergleichende Werbung grundsätzlich gestattet und nur noch unter bestimmten Voraussetzungen unlauter. Dieser Paradigmenwechsel wurde vor allem damit begründet, dass ein durch vergleichende Werbung geförderter Wettbewerb zwischen Unternehmen letztlich dem Interesse der Verbraucher entspricht.
Die rechtlichen Grundlagen zu vergleichender Werbung
Vergleichende Werbung ist in § 6 UWG geregelt, wird jedoch durch das Unionsrecht, konkret durch die oben genannte Werbe-RL, überlagert. Es gilt hierbei das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung. Da in der Richtlinie die Zulässigkeit von vergleichender Werbung für alle Mitgliedstaaten abschließend geregelt ist, können diese grundsätzlich weder strengere noch mildere Voraussetzungen hierfür aufstellen. Die Richtlinie muss wiederum ihrerseits im Lichte des primären Unionsrechts (insbes. Art. 34 ff., 56 ff. AEUV) ausgelegt werden. Maßgeblich für die Auslegung sind insbesondere auch die Entscheidungen des EuGH.
Der Anwendungsbereich der Regelung über vergleichende Werbung
Vom Anwendungsbereich der Regelung über vergleichende Werbung nicht erfasst ist u.a. die Allein- oder Spitzenstellungswerbung, soweit hierbei nicht auf bestimmte individualisierbare Mitbewerber Bezug genommen wird. Gleiches gilt für einen zu allgemein gehaltenen, also nicht auf einen bestimmten Mitbewerber bezogenen, Vergleich. Darüber hinaus greifen die Regelungen nicht ein, wenn die Werbung für bestimmte Waren oder Dienstleistungen aufgrund von Spezialvorschriften entweder generell verboten oder beschränkt ist (Bsp. Tabak- oder Glückspielwerbung).
Die Legaldefinition für vergleichende Werbung
Vergleichende Werbung wird in § 6 Abs. 1 UWG legaldefiniert als
„jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht“.
Um diese Definition richtig anzuwenden, ist es wichtig, sich auch mit den Rechtsbegriffen der „Werbung“ und der „Erkennbarkeit des Mitbewerbers“ zu beschäftigen.
Der Begriff der Werbung
Unter den Begriff der „Werbung“ fällt nach Art. 2 lit. a RL 2006/114/EG „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern“. Aufgrund dieser verhältnismäßig weiten Definition sind nicht nur die klassischen Werbeformen erfasst, sondern sehr unterschiedliche Formen von Werbung. Auch der Begriff „Äußerung“ ist nach dem EuGH weit zu verstehen und kann Äußerungen in „beliebiger Form“ (z.B. verbal oder nonverbal, öffentlich oder individuell) erfassen (vgl. EuGH Slg. 2001, I-7945 = GRUR 2002, 354 Rn. 31 – „Toshiba Europe“).
Zu-eigen-machen von Äußerungen
Macht sich ein Unternehmen die Äußerungen Dritter zu Werbezwecken zu eigen, kann ebenfalls Werbung vorliegen (vgl. BGH GRUR 1962, 45 – Betonzusatzmittel; BGH GRUR 1966, 92 – Bleistiftabsätze; BGH GRUR 2002, 633 (634) – Hormonersatztherapie; OLG Hamburg GRUR 2000, 530 (532)).
Erkennbarkeit des Mitbewerbers
Nach § 6 Abs. 1 UWG muss die Werbung den Mitbewerber oder die von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen „unmittelbar oder mittelbar erkennbar“ machen, um als vergleichende Werbung zu gelten. Erforderlich ist, dass das andere Unternehmen in seiner Eigenschaft als Mitbewerber bzw. die von ihm angebotenen Produkte identifizierbar werden. Hierbei kommt es nicht auf die Sichtweise des Werbenden, sondern vielmehr auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers an (vgl. EuGH GRUR 2007, 511 Rn. 23 – De Landtsheer/CIVC). Von einer Erkennbarkeit wird in der Regel ausgegangen, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Waren oder Dienstleistungen förmlich aufdrängt (vgl. BGH GRUR 2001, 752 (753), – Eröffnungswerbung; BGH WRP 2001, 1291 (1293) – SOOOO … BILLIG!?; BGH GRUR 2002, 982 (983) – DIE „STEINZEIT“ IST VORBEI!; OLG Frankfurt GRUR-RR 2018, 251 Rn. 106).
Vergleichende Werbung ohne Vergleich?
Im Rahmen der Auslegung von Art. 2 lit. c der Werbe-RL bzw. von § 6 UWG wird zum Teil heute noch diskutiert, ob die Vorschrift als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einen Vergleich voraussetzt.
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es nach der Legaldefinition für vergleichende Werbung grundsätzlich ohne Belang, ob die Werbung einen Vergleich zwischen den vom Werbenden angebotenen Erzeugnissen und Dienstleistungen und denjenigen des Mitbewerbers darstellt (vgl. EuGH Slg. 2001, I-7945 = GRUR 2002, 354 (355) Rn. 31 – Toshiba Europe; EuGH GRUR 2007, 511 Rn. 16 – De Landtsheer/CIVC). Vielmehr reiche es aus, wenn eine Äußerung in einer beliebigen Form vorliegt, die zumindest mittelbar auf einen Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die dieser anbietet, Bezug nimmt (vgl. EuGH GRUR 2007, 511 Rn. 16 – De Landtsheer/CIVC; EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 52 – L’Oréal/Bellure).
Diese wörtliche Auslegung der Werbe-RL würde jedoch dazu führen, dass jede Äußerung, die einerseits eine Identifizierung eines Mitbewerbers bzw. der von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen ermöglicht, zugleich jedoch keinen Vergleich iSd. Art. 4 Werbe-RL beinhaltet, der unzulässig wäre. Diesen augenscheinlichen Widerspruch löst der EuGH durch eine teleologische Auslegung unter Rückgriff auf die Erwägungsgründe und Ziele der Werbe-RL (EuGH Slg. 2001, I-7945 = GRUR 2002, 354 Rn. 35 – Toshiba Europe). Im Ergebnis soll nach Möglichkeit im Einzelfall ein Waren- oder Dienstleistungsvergleich angenommen werden.
Nach Ansicht des BGH folgt aus der Rechtsprechung des EUGH, dass sich aus der Werbung zumindest ergeben muss, dass sich unterschiedliche, aber hinreichend austauschbare Produkte des Werbenden und des Mitbewerbers gegenüberstehen (vgl. BGH WRP 2018, 1074 Rn. 66 – ORTLIEB).
Die Unlauterkeitstatbestände des § 6 Abs. 2 UWG
6 Abs. 2 UWG legt verschiedene Voraussetzungen fest, unter denen eine vergleichende Werbung als unlauter iSd. § 3 UWG anzusehen ist.
Vergleich von Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung
Zunächst handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG). Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn ein hinreichender Grad an Austauschbarkeit der verglichenen Waren oder Dienstleistungen besteht (vgl. EuGH GRUR 2007, 69 Rn. 26 – LIDL Belgium; EuGH GRUR 2007, 511 Rn. 44 – De Landtsheer/CIVC; EuGH GRUR 2011, 159 Rn. 28 – LIDL/Vierzon; BGH GRUR 2009, 418 Rn. 26 – Fußpilz). Hierbei ist es ausreichend, wenn die verglichenen Waren oder Dienstleistungen in gewissem Maße den gleichen Bedürfnissen dienen können und somit untereinander substituierbar sind. Es muss jedoch keine vollständige Funktionsidentität der Waren oder Dienstleistungen vorliegen (BGH GRUR 2009, 418 Rn. 26 – Fußpilz). Maßgeblich ist stets die Sicht des angesprochenen Verkehrskreises.
Vergleich nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen
Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist ein Vergleich unlauter, wenn er „nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist“. Hierdurch soll zum Schutz der Verbraucher sichergestellt werden, dass Vorteile durch den Werbenden objektiv herausgestellt werden, um den Verbrauchern eine informierte Entscheidung zu ermöglichen. Folglich ist die Vorschrift stets in dem für die Verbraucher günstigsten Sinn auszulegen (ständige Rechtsprechung des EuGH; zuletzt EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 52 – L’Oréal/Bellure).
Der Begriff der Eigenschaft
Der Begriff der Eigenschaft ist grundsätzlich weit zu verstehen und erfasst die unterscheidenden Merkmale einer Ware oder Dienstleistung. Die werbliche Angabe muss aus Sicht des angesprochenen Verkehrs eine nützliche Information für die Kaufentscheidung enthalten. Typische Bespiele für Eigenschaften sind u.a. die Zwecktauglichkeit (vgl. OLG Frankfurt WRP 2017, 96 Rn. 15) und die Verfügbarkeit eines Produkts. Auch der Kundendienst eines Unternehmens oder dessen Umsatzzahlen und Umsatzzuwächse (BGH GRUR 2007, 605 Rn. 30 – Umsatzzuwachs) können vergleichbare Eigenschaften darstellen.
Wesentlichkeit, Relevanz, Nachprüfbarkeit und Typizität einer Eigenschaft
Die vier Tatbestandsmerkmale der Wesentlichkeit, Relevanz, Nachprüfbarkeit und Typizität müssen stets kumulativ erfüllt sein, hängen jedoch eng miteinander zusammen. Soweit die verglichene Eigenschaft aus Sicht des jeweils angesprochenen Verkehrs nicht völlig unerheblich ist und geeignet ist, die Kaufentscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen, wird es an einer Wesentlichkeit, Relevanz und Typizität nur selten fehlen. In der Praxis ist vor allem die Nachprüfbarkeit ein häufiger Knackpunkt. Denn nur wenn eine Aussage eine Tatsachenbehauptung enthält, die im Gegensatz zu bloßen Meinungsäußerungen dem Beweis zugänglich sind, liegt eine Nachprüfbarkeit vor.
Allerdings können auch Meinungsäußerungen einen überprüfbaren Tatsachenkern enthalten (vgl. BGH, Urteil vom 01.10.2009, Az. I ZR 134/07 – Gib mal Zeitung). Bei der Nachprüfbarkeit genügt es, wenn ein Sachverständiger die Eigenschaft überprüfen kann. Kann auch der angesprochene Verkehr die Tatsachenbehauptung überprüfen, muss der Werbende entsprechende Informationen bereitstellen, damit der Verbraucher die jeweilige Aussage mit zumutbarem Aufwand nachprüfen kann. Anderenfalls ist die Tatsachenbehauptung als unrichtig anzusehen (vgl. EuGH, Urteil vom 19.09.2006, Az. C-356/04 – Lidl/Colruyt). Letztlich führt die Feststellung einer Tatsachenbehauptung zu einer sekundären Darlegungslast des Werbenden, da er deren Richtigkeit auch prozessual nachweisen muss.
Objektivität
Mit dem Objektivitätserfordernis sollen Vergleiche ausgeschlossen werden, die sich aus einer subjektiven Wertung des Werbenden und nicht aus einer objektiven Feststellung ergeben (EuGH GRUR 2007, 69 Rn. 46 – LIDL Belgium). Damit sind rein subjektive Wertungen des Werbenden anhand der Eigenschaft bzw. des Preises grundsätzlich unzulässig. Für die Abgrenzung ist maßgeblich, ob die Schlussfolgerung von den zu Grunde liegenden Tatsachenbehauptungen gedeckt ist (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021 Rn. 118, UWG § 6 Rn. 118).
Verwechslungsgefahr (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG)
Nach § 6 Abs 2 Nr. 3 UWG ist ein Vergleich unlauter, wenn er „im geschäftlichen Verkehr zur Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt“. Erforderlich ist also eine Verwechslungsgefahr. Entscheidend ist hierbei, ob der angesprochene Verkehr davon ausgeht, dass die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder ggf. aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2008, 698 Rn. 59 – O2/Hutchinson).
Hinsichtlich der Verwechslungsgefahr nach § 6 Abs 2 Nr. 3 UWG bestehen Überschneidungen mit dem Markenrecht nach § 14 Abs. Nr. 2 MarkenG.
Rufausnutzung oder Rufbeeinträchtigung (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG)
Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG ist vergleichende Werbung unlauter, wenn sie den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens (Marken, Handelsnamen oder anderer Unterscheidungszeichen) in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Von einer Rufausnutzung eines Kennzeichens ist auszugehen, wenn die konkrete Verwendung des Kennzeichens zu einer Assoziation zwischen dem Werbenden und dem Mitbewerber führt und der angesprochene Verkehr den Ruf der Erzeugnisse des Mitbewerbers auf die Erzeugnisse des Werbenden überträgt (vgl. EuGH GRUR 2002, 354 Rn. 52, 57 – Toshiba Europe; EuGH GRUR 2006, 345 Rn. 18 – Siemens/VIPA; BGH GRUR 2005, 348 (349) – Bestellnummernübernahme; BGH GRUR 2010, 161 Rn. 33 – Gib mal Zeitung). Ob ein solcher „Imagetransfer“ vorliegt, ist immer eine Frage des Einzelfalls.
Unter einer unlauteren Rufbeeinträchtigung ist hier die Herabsetzung oder Verunglimpfung des Kennzeichens zu verstehen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UWG § 6 Rn. 163). Allerdings ist nicht jede Bezugnahme auf ein fremdes Kennzeichen zugleich unlauter. Ist mit dem Vergleich notwendigerweise eine Rufbeeinträchtigung verbunden, müssen weitere Umstände hinzutreten, die eine Unlauterkeit begründen. Auch insoweit bestehen Überscheidungen mit dem Markenrecht.
Herabsetzung oder Verunglimpfung des Mitbewerbers oder seiner Waren/Dienstleistungen (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG)
Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich unlauter, wenn er „die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft“.
Die Herabsetzung oder Verunglimpfung muss sich anders als bei § 6 Abs2 Nr. 4 UWG auf die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder die persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers beziehen. Eine Herabsetzung liegt in einer sachlich nicht gerechtfertigten Verringerung der Wertschätzung des Mitbewerbers und/oder seiner Waren oder Dienstleistungen. Eine Verunglimpfung liegt im Falle eines abträglichen Werturteils ohne sachliche Grundlage oder einer unwahren Tatsachenbehauptung vor. Für das Vorliegen einer Herabsetzung oder Verunglimpfung ist nicht die Absicht des Werbenden entscheidend, sondern vielmehr die Sichtweise des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. Marktteilnehmers (vgl. EuGH GRUR 2007, 511 Rn. 16 – De Landtsheer/CIVC; BGH GRUR 2010, 161 Rn. 20 – Gib mal Zeitung mwN; BGH WRP 2019, 736 Rn. 30 – Das beste Netz).
Darstellung von Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung (§ 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG)
Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG ist ein Vergleich unlauter, wenn er „eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt“.
Nach der Rechtsprechung des EuGH handelt es sich bei dieser Form der vergleichenden Werbung um eine Geschäftspraxis, die den Wettbewerb verzerrt, den Mitbewerber schädigt und die Entscheidung der Verbraucher negativ beeinflussen kann (vgl. EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 68, 69, 72 – L’Oréal/Bellure: Erwägungsgrund 9 Werbe-RL). Die Begriffe der Imitation und der Nachahmung sind gesetzlich nicht definiert. Der Begriff der Imitation weist mehr auf die Annäherung der Produktgestaltung an das Original, der Begriff der Nachahmung dagegen mehr auf die vollständige Übernahme der Gestaltungsmerkmale des Originals iSe Reproduktion oder Kopie hin (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021 Rn. 185, UWG § 6 Rn. 185).
Nicht nur gefälschte Produkte, sondern alle Formen der Imitationen und Nachahmungen sind von diesem Tatbestand erfasst. Dabei ist es ausreichend, wenn die Imitation die wesentlichen Merkmale eines Produkts betrifft. Zumindest muss jedoch das Originalprodukt in der Werbung als Vorbild oder Grundlage des Produkts des Werbenden aufscheinen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021 Rn. 185, UWG § 6 Rn. 185).
Verhältnis zu den Irreführungstatbeständen (§ 5 Abs. 1, 3, § 5a UWG)
Die irreführende vergleichende Werbung ist nicht in § 6 Abs. 2 UWG geregelt, sondern wird von § 5 Abs. 2 und 3 Alt. 1 UWG erfasst. Auch die Werbe-RL unterscheidet insoweit zwischen den Tatbeständen der irreführenden Werbung und der unlauteren vergleichenden Werbung (vgl. EuGH GRUR 2014, 493 Rn. 26 – Posteshop).
- 5 Abs. 3 Alt. 1 UWG stellt insoweit klar, dass Angaben iSd. § 5 Abs.1 Satz 2 UWG auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sind. Daher gilt, dass auch eine im Rahmen vergleichender Werbung enthaltene Irreführung unzulässig ist, auch wenn die vergleichende Werbung im Übrigen keinen der Unlauterkeitstatbestände des § 6 Abs 2 UWG erfüllt. Irreführend kann auch eine unterlassene Angabe in einem Vergleich sein, wenn dadurch beim Verbraucher ein falscher Eindruck erweckt wird (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UWG § 6 Rn. 24; vgl. auch EuGH GRUR 2003, 533 Rn. 52 – Pippig Augenoptik).
Welche Ansprüche haben Mitbewerber bei unzulässiger vergleichender Werbung?
Liegt ein Fall der unzulässigen vergleichenden Werbung vor, können Mitbewerber im Wesentlichen folgende Ansprüche geltend machen:
- Unterlassungs- bzw. Beseitigungsansprüche gemäß § 8 UWG i.V.m. §§ 3, 6 Abs. 2 UWG
- Erstattung von Rechtsverfolgungskosten gemäß § 13 Abs. 2 UWG i.V.m. §§ 3, 6 Abs. 2 UWG
- Schadensersatzansprüche aus § 9 UWG i.V.m. §§ 3, 6 Abs. 2 UWG
Dabei muss grundsätzlich der anspruchsstellende Mitbewerber darlegen und beweisen, dass Unlauterkeitsgründe vorliegen. Sind jedoch Umstände bzw. Tatsachen betroffen, die außerhalb des Zugriffsbereichs des betroffenen Mitbewerbers bzw. im Verantwortungsbereich des Werbenden liegen, können dem betroffenen Mitbewerber Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugutekommen (vgl. BGH, Urteil vom 20.02.2013, Az. I ZR 175/11).
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