Wettbewerbszentrale mahnt Ärzte wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens ab
Aktuell vertrete ich einen Arzt vor dem Landgericht, welcher zunächst außergerichtlich durch die Wettbewerbszentrale wegen angeblichen wettbewerbswidrigen Verhaltens kostenpflichtig abgemahnt wurde. Mein Mandant soll gegen die Berufsordnung der Ärzte verstoßen haben. Mitterweile ist eine Klage der Wettbewerbszentrale beim Landgericht anhängig. Ich vertrete den verklagten Arzt und werde über den Ausgang des Verfahrens berichten.
1. Wer ist die Wettbewerbszentrale?
Bei der Wettbewerbszentrale handelt es sich nach eigenen Angaben derselben um eine gemeinnützige Selbstkontrollinstitution der deutschen Wirtschaft, welche es sich zur Förderung eines lauteren Wettbewerbs zur Aufgabe gemacht hat, wettbewerbswidrige Rechtsverletzungen im gewerblichen Bereich auszuräumen.
2. Was ist Gegenstand der Abmahnung?
Verstoß gegen § 31 Berufsordnung der Ärztekammer (BO)
Die Wettbewerbszentrale wirft meinem Mandanten zunächst vor, wettbewerbswidrig gehandelt zu haben, indem er nach schriftlicher Einwilligung durch seine Patienten Rezepte über eine Ärztesoftware an die beiden nächst gelegenen Apotheken weiterleitete, welche sodann die Medikamente an die Patienten auslieferten. Hierdurch soll er nach Auffassung der Wettbewerbszentrale gegen § 31 Abs. 2 BO verstoßen haben.
(1) Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.(2) Sie dürfen ihren Patientinnen oder Patienten nicht ohne hinreichenden Grund bestimmte Ärzte, Apotheken, Heil-und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese verweisen
Unerlaubte Zuweisung?
Mein Mandant soll nach Auffassung der Wettbewerbszentrale gegen § 31 Abs. 2 BO verstoßen haben, da er angeblich sämtliche Rezepte seiner Patienten an immer die gleichen beiden Apotheken weitergeleitet haben soll. Meinem Mandanten soll es hierbei aber an einem hinreichenden Grund gefehlt haben, obwohl er darlegte, Rezepte nur dann an die beiden Apotheken weiterzuleiten, wenn der Patient aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, seine Medikamente selbst abzuholen, so dass er sich beliefern lassen muss. Die Besonderheit ist in diesem Fall, dass mein Mandant Arzt in einem Ort ist, der über eine schlechte Infrastruktur und keine Apotheke verfügt. Patienten, die schlecht zu Fuß sind, haben keine Möglichkeit, auf zumutbare Weise an ihre Medikamente zu gelangen, so dass das Vorgehen meines Mandanten, mittels einer Ärztesoftware Erleichterung zu verschaffen, aus meiner Sicht keinesfalls einen Verstoß gegen die Berufsordnung der Ärztekammer darstellen kann. Hinzu kommt, dass die jeweiligen Patienten von allein an meinen Mandanten herantreten und um Rat bezüglich der Einlösung des Rezeptes bitten.
Sinn und Zweck der Vorschrift des § 31 BO ist es zum einen die Unabhängigkeit der Ärzte zu wahren. Zum anderen soll der Wettbewerb zwischen gleichwertigen Anbietern gesundheitlicher Leistungen nicht gestört werden. Durch die Handlungsweise meines Mandanten werden diese Grundsätze jedoch nicht verletzt. So handelt es sich um eine zulässige Serviceleistung und sogar um eine vertragliche Nebenpflicht des Arztes, wenn dem Patienten auf Nachfrage Anbieter in räumlicher Nähe zur Arztpraxis genannt werden. Es würde einen groben Verstoß gegen die ärztlichen Fürsorgepflichten darstellen, den Patienten ohne Alternative wegzuschicken.
Verstoß gegen Wettbewerbsrecht?
Die Wettbewerbszentrale sieht in dem Vorgehen meines Mandanten jedoch einen Berufsrechtsverstoß, welcher wiederum von wettbewerbsrechtlicher Relevanz sei. Denn § 31 Abs. 2 BO stellt eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar. Danach handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
3. Was wird gefordert?
Die Wettbewerbszentrale machte in ihrer Abmahnung zum einen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche, als auch Zahlungsansprüche (Aufwendungsersatzansprüche) geltend.
Sie forderte meinen Mandanten auf, den oben genannten Wettbewerbsverstöße zukünftig zu unterlassen. Ein Unterlassungsanspruch der Wettbewerbszentrale ergibt aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG. Hierzu wird der Abgemahnte aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, durch welche er sich gegenüber der Wettbewerbszentrale verpflichtet, für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung gegen den Unterlassungsvertrag eine Vertragsstrafe in Höhe von 4.000,00 € zu zahlen.
Neben dem Anspruch auf Unterlassung wird ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 246,10 € geltend gemacht. Dabei handelt es sich um eine Aufwandspauschale des Interessenverbandes, welche zunächst der Höhe nach nicht nachvollziehbar erscheint, jedoch von den Gerichten anerkannt wurde. Hierbei ist zu bemerken, dass die Rechtsverfolgungskosten vergleichsweise gering sind. Eine Abmahnung durch einen Rechtsanwalt würde weitaus höhere Gebühren für den Abgemahnten auslösen. Legt man etwa einen in diesem Fall realistischen Streitwert in Höhe von 25.000,00 € zugrunde, würde dies zu einer 1,3 Geschäftsgebühr in Höhe von 1.024,40 € netto führen, die der Anwalt für das Abmahnschreiben geltend machen könnte. Die Wettbewerbszentrale setzte genau diesen Streitwert im Übrigen auch im nunmehr laufenden Gerichtsverfahren vor dem Landgericht an.
4. Wie ist auf eine Abmahnung der Wettbewerbszentrale zu reagieren?
- Sie sollten zunächst Ruhe bewahren und trotz der kurz bemessenen Frist keinen direkten Kontakt mit der Wettbewerbszentrale aufnehmen, da alles was Sie sagen, in einem möglichen Prozess gegen Sie verwendet werden kann.
- Keinesfalls sollten Sie jedoch die Abmahnung ignorieren, da dies dazu führen kann, dass ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegen Sie eingeleitet wird, was wiederum mit hohen Kosten (Gerichts- und Anwaltskosten) verbunden ist.
- Es ist davon abzuraten, ungeprüft die von den Abmahnern beigefügte Unterlassungserklärung in der vorgegebenen Form unterzeichnen, da diese oft zu weit gefasst ist, so dass eine Unterzeichnung derselben weitreichende Folgen, insbesondere hohe Vertragsstrafen nach sich ziehen kann. Aus Erfahrung weiß ich, dass kleinste Fehler in der Formulierung einen Verstoß gegen die unterzeichnete Unterlassungserklärung darstellen und Vertragsstrafen auslösen können. Diese sind für den betroffenen Unternehmer nicht selten existenzbedrohend.
- Auch Zahlungsansprüche sollten Sie nicht erfüllen, ohne diese durch einen auf das Wettbewerbsrecht spezialisierten Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. In vielen Fällen, in denen die Abmahner durch Rechtsanwälte vertreten sind, sind die angesetzten Streitwerte viel zu hoch. Hier lässt sich in der Regel im Wege des Vergleichs eine Reduzierung der verlangten Kosten erreichen.
5. So helfe ich Ihnen bei einer Abmahnung:
- Ich überprüfe die wettbewerbsrechtliche Abmahnung auf Ihre Richtigkeit und das Vorliegen von Wettbewerbsverstößen.
- Sollten die erhobenen Vorwürfe berechtigt sein, erarbeite ich für Sie eine individuelle Unterlassungserklärung, welche so weit wie nötig und zugleich so eng wie möglich gefasst ist, um Nachteile für Sie zu vermeiden.
- Hinsichtlich der geltend gemachten Zahlungsansprüche strebe ich einen Vergleich zur Reduzierung der Kosten an. In vielen Fällen konnte ich erhebliche Reduzierungen der Zahlungsforderungen für meine Mandanten erreichen.
- Sollte die Abmahnung teilweise oder gar gänzlich unberechtigt erfolgt sein, wehre ich die Ansprüche für Sie ab und erläutere Ihnen ausführlich die weitere Verteidigungsstrategie.
Sollten Sie eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erhalten haben und anwaltliche Hilfe benötigen, kontaktieren Sie mich gern entweder über das Kontaktformular oder per Telefon.